Kommentar: Regierung überlässt Pandemiemanagement den Ländern

Martin Rümmele ist Chefredakteur von Relatus.

Es scheint derzeit so, als habe die Bundesregierung das Management der Corona-Pandemie aufgegeben. Weil man Angst hat, die Bevölkerung als potenzielle Wähler im Fall eines weiteren Lockdown zu verlieren, dürfen die Länder selbst entscheiden was sie machen. An den fehlenden Impfstoffen ist wiederum die EU Schuld.

Es ist bezeichnend, wie sich das Pandemiemanagement in Österreich derzeit entwickelt: Kärntens Touristiker und Gastronomen sind etwa unzufrieden mit dem Umgang von Landes- und Bundespolitik mit der Coronavirus-Pandemie. Man hätte sich erhofft, dass Kärnten als Vorzeigeregion durchstarten könne. Die Landesregierung müsse endlich effiziente Maßnahmen gegen die steigenden Infektionszahlen setzen. Und die Bundesregierung hätte keine ausreichende Perspektive auf Öffnungen und keinen definitiven Zeitplan gegeben, kritisierte die Branche. Ähnlichen Unmut hört man aus den anderen Ländern. Die Folge: Die Bundesländer erhöhen den Druck auf den Bund für weitere Alleingänge. Der Bund duckt sich weg und überlässt den Ländern das Feld. Statt die Landeschefs – wie von Gesundheitsexperten gefordert – zu einem Lockdown zu überreden, belässt man es mit Bitten.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) heißen etwa die angekündigte Verlängerung des Lockdowns im Osten Österreichs gut. Niederösterreich und das Burgenland sind Mittwochabend dem Beispiel Wiens gefolgt und haben die „Osterruhe“ bis zum 11. April prolongiert. Kurz begrüßte den „gemeinsamen Weg“ der drei Länder. Man habe sich auf ein regionales Vorgehen im Kampf gegen die Pandemie verständigt, so Kurz: „Die drei Bundesländer sind derzeit am stärksten betroffen, daher ist der Schritt der drei Landeshauptleute, den Lockdown gemeinsam zu verlängern, richtig und notwendig“, erklärte der Kanzler. In den anderen Bundesländern sei die Lage mit Blick auf die Intensivkapazitäten stabil.

Die Regierung setzt deshalb weiter auf regionale Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Weitere Verschärfungen für Länder außerhalb der Ostregion stehen vorerst nicht an, teilten Kurz und Anschober nach einem Treffen mit den Intensivkoordinatoren der Länder mit. Gleichzeitig wünscht sich der Bundeskanzler von den Ländern aber mehr Tempo beim Impfen. In einer Aussendung sprach er von großen regionalen Unterschieden. Kärnten impfe derzeit am schnellsten und habe nur neun Prozent der gelieferten Impfstoffe auf Lager, während in Salzburg noch 24 Prozent der Dosen auf Lager liegen. Der Bund ist allerdings über all diese Entwicklungen und Pläne laufend informiert: zwei Mal wöchentlich beraten sich Pharmagroßhandel, Ländervertreter und Vertreter aus den Kabinetten von Bundeskanzler und Gesundheitsminister, wie zuletzt der Präsident des Pharmagroßhandelsverbandes PHAGO berichtet hat. Kärnten arbeitet beim Impfen übrigens mit der Österreichischen Gesundheitskasse zusammen. Andere Bundesländer nicht. Zur Erinnerung: die ÖGK ist jene Einrichtung, die durch die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen entstanden ist. Das Ziel dabei: Statt neunmal und unterschiedlich und damit teuer sollte das Gesundheitssystem zentraler gesteuert und damit günstiger werden. So wollte es der Kanzler. Doch in der Pandemie gibt er dem Druck der Länder nach regionalen Lösungen und neun verschiedenen Systemen wieder nach. Das ist ein Rückschritt in vielerlei Hinsicht. (rüm)

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