Manche Biologika mindern Impfschutz

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Eine Studie der MedUni Wien zeigt, wieso bestimmte Arzneimittel gegen Autoimmunerkrankungen für einen raschen Impfschutz-Verlust sorgen.

Autoimmunerkrankungen wie Morbus Crohn oder Rheumatoide Arthritis werden oftmals mit TNF-α-Blockern, entzündungshemmende und immunsuppressive Arzneimittel aus der Gruppe der Biologika, behandelt, was zu einem signifikant früheren Impfschutz-Verlust bei den Erkrankten führt. Ein Forschungsteam der Medizinischen Universität Wien konnte nun den Mechanismus entschlüsseln, der dahintersteckt. Für die Untersuchungen wurden Patient:innen mit entzündlichen Darmerkrankungen (IBD) wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa und gesunden Kontrollpersonen eine SARS-CoV-2-mRNA-Impfung sowie eine Auffrischung nach sechs Monaten verabreicht. Wie die anschließenden Analysen zeigten, wiesen Personen unter TNF-α-Blocker-Therapie signifikant niedrigere Antikörperspiegel auf als gesunde Proband:innen und IBD-Patient:innen, die eine andere Form der Behandlung erhielten (α4β7-Integrin-Antagonisten).

Der in der Studie festgestellte deutlich raschere Verlust des Impfschutzes ist laut dem Forschungsteam darauf zurückzuführen, dass die starke Entzündungslage bei diesen Patient:innen – trotz des Einsatzes von TNF-α Inhibitoren – die Produktion von B-Gedächtniszellen in den Lymphknoten hemmt. Das sind jene Zellen des Immunsystems, die für die Produktion von langlebigen Plasmazellen sowie Antikörpern und damit für den Langzeitimpfschutz gegen bereits bekannte Krankheitserreger verantwortlich sind – eine wesentliche Voraussetzung für Qualität und Dauer der Schutzwirkung von Impfungen.

„In unserer Studie konnten wir den genauen Mechanismus entschlüsseln, warum unter TNF-α-Blocker-Therapie nur kurzlebige Plasmazellen ausgebildet werden, sodass der Antikörperschutz nur kurzfristig anhält“, sagt Letztautorin Ursula Wiedermann-Schmidt, Leiterin des Zentrums für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie sowie der Spezialambulanz für Impfungen, Reise- und Tropenmedizin der MedUni Wien. Die Studienergebnisse treffen nicht nur auf SARS-CoV-2-, sondern prinzipiell auf alle Schutzimpfungen zu. „Daraus ergibt sich für diese Gruppe von Patient:innen die Notwendigkeit, den Kurzzeitschutz durch wiederholte Auffrischungsimpfungen aufrechtzuerhalten“, erklärt Wiedermann-Schmidt.

Besonderes Augenmerk müsse auf Impfungen gelegt werden, die erstmalig unter TNF-α-Blocker-Therapie verabreicht werden – hier könne der frühzeitige Verlust des Impfschutzes am deutlichsten ausfallen. Impfungen, die vor Beginn der TNF-α-Blocker-Therapie erstmalig gegeben wurden, würden sehr wahrscheinlich ihre Schutzwirkung behalten. Prinzipiell gilt bei Diagnosestellung einer Autoimmunerkrankung (und anderen Erkrankungen unter immunsuppressiver Therapie), den gesamten Impfstatus ehebaldig zu erheben und fehlende Impfungen vor Beginn einer TNF-α Blocker-Therapie (wie auch anderer immunsuppressiver Therapien) zu ergänzen. Die Forschungsarbeit, welche vom Zentrum für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie in Kooperation mit der Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie der Universitätsklinik für Innere Medizin III durchgeführt wurde, wurde im Fachmagazin eBioMedicine veröffentlicht. (red)

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