Mentale Gesundheit – ein Grundrecht für alle

Der internationale Tag der psychischen Gesundheit steht heuer ganz im Zeichen der Gleichheit. Zum Themenschwerpunkt wurde die „Psychische Gesundheit in einer ungleichen Welt“. Angesichts einer immer stärker polarisierenden Gesellschaft wird der Blick auf die Ungleichbehandlung mentaler Gesundheit zwischen den verschiedensten Bevölkerungsgruppen gelenkt.

Laut dem amerikanischen Forscher Corey Keyes verbindet psychische Gesundheit das emotionale, psychologische und soziale Wohlbefinden. Ein psychisch gesunder Mensch wird oftmals durch die Abwesenheit psychischer Beeinträchtigungen wie beispielsweise Burn-out oder Depressionen definiert. Jedoch umfasst die mentale Gesundheit auch noch generelle positive und soziale Aspekte wie Zufriedenheit, Selbstvertrauen und das Gefühl der Zugehörigkeit. Verschiedene Faktoren beeinflussen die mentale Gesundheit, zu ihnen gehören genetische Prädispositionen, Kindheitstraumata oder der sozioökonomische Hintergrund.1

Mehr als nur psychische Beschwerden
Psychische Erkrankungen können zusätzlich körperliche Symptome hervorrufen. Patienten leiden unter Beschwerden wie Schlafstörungen, Bluthochdruck oder Erschöpfungszuständen, die keiner organischen Krankheit zugrunde liegen. Zusätzlich zum individuellen Leidensdruck kommt oftmals die soziale Stigmatisierung. Hier bedarf es weiterhin einer verstärkten öffentlichkeitswirksamen Berichterstattung, um das Thema zu enttabuisieren. Um weltweit auf das Thema aufmerksam zu machen, wurde 1948 der Weltverband für Psychische Gesundheit (WFMH) gegründet, der gemeinsam mit der WHO den Tag für psychische Gesundheit am 10. Oktober ins Leben gerufen hat.

Eine ungleiche Gesellschaft
In Österreich ist die Konsumation von Psychotherapie oftmals mit einer hohen finanziellen Belastung verbunden. 2009 wurde in einer Studie veröffentlicht, dass
in einer Nation mit besonders großen Einkommensunterschieden ein vermehrtes Auftreten mentaler Erkrankungen korreliert.2
Sozioökonomisch benachteiligte Menschen, die meist einer höheren psychischen Belastung ausgesetzt sind, können sich das Therapieangebot weniger gut leisten. Zu dieser Gruppe gehören prozentual gesehen auch vermehrt Menschen mit Migrationshintergrund. Andere Minderheiten sind ebenfalls häufig aufgrund Diskriminierungen von psychischen Erkrankungen wie Angststörungen, Depressionen oder Suizidalität betroffen.3
Ängste und Depressionen treten leider auch vermehrt bei Kindern und Jugendlichen auf, in der Coronakrise litten besonders die jungen Menschen an den Folgen der sozialen Isolation. Eine rezente Studie kommt zu dem verheerenden Ergebnis, dass in Deutschland beinahe jedes dritte Kind zwischen 7 und 17 Jahren seit Beginn der Pandemie psychische Auffälligkeiten zeigt.4 Ebenfalls sind es die Kinder und Jugendlichen, denen die Klimakrise besondere Ängste bereitet, welche sich wiederum auf die psychische Gesundheit auswirken.5

Mental Health Literacy
Bildung der Allgemeinbevölkerung über psychische Vorgänge und mögliche seelische Belastungsfaktoren sind essenzielle Ressourcen. Diese Bildung hinsichtlich psychischer Gesundheit („Mental Health Literacy“) beinhaltet auch, die eigene körperliche und seelische Belastbarkeit (Resilienz) einschätzen zu können und mit seelischen Störungen im eigenen Umfeld umgehen zu können. Das hilft dabei, seine Nächsten besser zu schützen und führt von der Selbstfürsorge über die richtige und kritische Einordnung von Informationen zu mentaler Gesundheit hin zur sinnvollen und zeitgerechten Kontaktnahme mit Einrichtungen des Gesundheitssystems.6
Der Allgemeinmediziner ist hier ein niederschwelliger Ansprechpartner, der häufige und typische Beschwerden diagnostiziert und behandelt und bei Bedarf die Patienten zur psychiatrisch fachärztlichen Abklärung bzw. Weiterbehandlung überweist.

Welttag der seelischen Gesundheit am 10. Oktober
Der internationale Tag der seelischen Gesundheit („World Mental Health Day“), der seit 1992 begangen wird, findet jährlich am 10. Oktober statt. Der von der World Federation for Mental Health ins Leben gerufene Aktionstag verfolgt das Ziel, über psychische Erkrankungen aufzuklären und einer Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen entgegenzuwirken.

Literatur

  1. Europäische Kommission, Psychische Gesundheit. https://ec.europa. eu/health/non_communicable_diseases/mental_health_de
  2. Wilkinson R, Pickett K, The Spirit Level: Why More Equal Societies Almost Always Do Better. Allen Lane 2009
  3. Kasprowski D et al., Geringere Chancen auf ein gesundes Leben für LGBTQI* Menschen. DIW Berlin 2021
  4. Ravens-Sieberer U, COPSY-Studie, Child-Public-Health-Forschung UKE Hamburg. 2020
  5. SOS Kinderdorf, Zukunftsangst und Ohnmacht: 85 % aller Kinder und Jugendlichen haben Angst um den Planeten. 22. 9. 2020; OTS0080
  6. Medizinische Universität Wien, Bildung als wichtiger Faktor für psychische Gesundheit. 8. 10. 2020; OTS0024