Neue Konfliktfelder zwischen Ärzteschaft und Kassen

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Die Wahlarzt-Kostenerstattung sorgt weiter für Debatten zwischen Ärztekammer und Kassen. Auch die Honorierung von Covid-Tests in Arztpraxen ist noch strittig.

Die verpflichtende elektronische Übermittlung der Wahlarzthonorarnoten an die Sozialversicherungsträger sorgt weiter für Zündstoff. Die österreichische Ärztekammer: ortet noch zahlreiche ungeklärte Punkte, wehrt sich aber gegen den Vorwurf, dass man die Änderungen blockiere. „Das ist eine eklatante Verdrehung der Tatsachen“, ärgert sich Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer. Dass das Gesetz mit 1. Juli in Kraft trete, sei unstrittig. Da es aber weiter unklar sei, wer nun konkret verpflichtet werde, sei die Umsetzung ohne konkrete Richtlinien für Ärzt:innen sinnlos. Man brauche Klarheit, sowohl für die Patient:innen, aber auch für die Ärzt:innen. „Es ist einfach Fakt, dass es immer noch zahlreiche ungeklärte Punkte gibt, die der Gesetzestext nicht ausreichend definiert. Unter welchen Voraussetzungen das System für Wahlärztinnen und Wahlärzte anzuschaffen und zu verwenden ist, ist weiter offen. Diese Definitionslücken kann man uns nicht anlasten“, kritisiert Steinhart.

„Die noch offenen Rahmenbedingungen werden in enger Absprache und im gewohnt konstruktiven Gesprächsklima mit dem Dachverband analysiert und anschließend festgelegt“, wehrt sich auch Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, gegen den Vorwurf, dass man bremse. Sobald die Punkte konsensual mit dem Dachverband geklärt seien, würden die Wahlärzt:innen bestimmt auch gerne an der geplanten Umsetzung mitwirken. „Dass Wahlärztinnen und Wahlärzte die Einreichung der Rechnungen zur Kostenerstattung online für die Patienten übernehmen, ist grundsätzlich begrüßenswert. Wir wissen, dass es große Bereitschaft gibt, Patientinnen und Patienten dabei zu unterstützen, dass sie schneller zu ihrer Rückerstattung kommen“, unterstreicht Wutscher und kündigt an: „Dadurch, dass wir aktiv den Aufwand für die Kassen verringern, werden wir uns in den Verhandlungen auch dafür einsetzen, dass unsere Patientinnen und Patienten statt bisher nur 80 künftig 100 Prozent des Kassentarifs rückerstattet bekommen.“

Zuversichtlich zeigen sich der Vorsitzende der Konferenz der Sozialversicherungsträger Peter Lehner und Wutscher in Sachen Einigung bei Covid-Tests in Arztpraxen. Beide bestätigen, dass sie persönlich in den kommenden Wochen an einer entsprechenden Lösung arbeiten werden. „Wir werden diese Position in den Regelbetrieb und in die generelle Krankenbehandlung überführen. Die Details dazu gilt es zu definieren. Ich bin sehr optimistisch, dass wir nun im Anschluss an die bisherigen Expertenrunden eine gute Lösung finden werden“, unterstreicht Lehner. „Wir haben ein konstruktives Gesprächsklima und werden eine für beide Seiten passende Regelung im Sommer verhandeln“, betont Wutscher und ergänzt, dass es „aktuell erfreulicherweise relativ wenige Covid-Fälle in Österreich“ gebe. „Dennoch müssen wir im Sinne unserer Patientinnen und Patienten für den Herbst gerüstet sein“, unterstreicht der Ärztevertreter.

Auch die Ärztekammer für Wien setzt sich für umfassende Lösungen zur kostenfreien Abwicklung von Testungen in den Ordinationen ein und fordert eine Ausweitung des Angebotes auf die Bereiche Keuchhusten, RSV und Influenza. Für Naghme Kamaleyan-Schmied, Vizepräsidentin und Kurienobfrau niedergelassen Ärzt:innen der Ärztekammer für Wien, sind die geringen Impfquoten ein Weckruf: „Auffrischungsimpfungen zum Beispiel gegen Keuchhusten sind sogar für Risikopatientinnen und -patienten privat zu zahlen. Auf Basis der Erfahrungen aus den Vorjahren ist ein weiterer Anstieg an Infektionen im Herbst und nach der Urlaubssaison zu erwarten – und das auch bei hochansteckenden Erkrankungen wie Keuchhusten und RSV, die für Säuglinge und Kleinkinder sowie Risikopatientinnen  und -patienten lebensgefährlich sein können. Es ist deshalb notwendig, die Impfquoten zu erhöhen und gleichzeitig sämtliche Testungen in den Ordinationen als Kassenleistungen für unsere Patientinnen und Patienten zur Verfügung zu stellen. Wir Ärztinnen und Ärzte sind besorgt, derzeit gibt es für unsere Ordinationen keinen entsprechenden Tarif bei Testungen.“ (rüm)