Österreich hinkt in Palliativersorgung anderen Ländern nach

Die onkologische Versorgung am Lebensende zeigt eine hohe Versorgungsintensität, aber weniger und späte Palliativversorgung. Das zeigt eine neue Analyse des Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA).

Jährlich sterben in Österreich rund 20.000 Menschen an Krebs. Das Leid der Betroffenen und Angehörigen ist dabei groß. Für das Gesundheitssystem wiederum ist das menschlich faire und gleichzeitig wirtschaftlich leistbare Bereitstellen von Ressourcen eine enorme Herausforderung. Sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene setzt man daher zur Bewältigung auch auf die Analyse hochwertiger onkologischer Daten und evidenzbasierter Informationen. Das Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA) hat dazu nun einen ersten von drei geplanten Berichten vorgelegt und seine Analyse im „European Journal of Cancer Care“ veröffentlicht. Fazit: Am Ende ihres Lebens werden in Österreich weniger Krebspatienten im Spital palliativ versorgt als in anderen europäischen Ländern, und das auch später – obwohl oder weil die Intensität der allgemeinen Versorgung der Betroffenen hoch ist. Grundlage der Analyse waren anonyme Daten der 283.228 Personen, die im Zeitraum 2012 bis 2016 in Österreich eine Krebsdiagnose erhielten.

Tatsächlich zeigte sich, dass etwa in der Schweiz fünfmal mehr Betroffene ihre letzten Lebenstage auf Palliativstationen erleben als in Österreich (68,5 % zu 12,9 %) und in Belgien immerhin noch viermal mehr (53 %). „Zudem wurden mehr als 50 % der in Palliativstationen versorgten Erkrankten erst zwei bis 14 Tage vor dem Tod eingewiesen“, fasst Claudia Wild, Direktorin des AIHTA, Ergebnisse der Analyse bündig zusammen. Als Indikatoren für mangelnde Qualität der onkologischen Versorgung am Lebensende gelten international anerkannt folgende Kriterien: hoher Anteil an stationären Todesfällen, eine Anwendung systemischer Chemotherapie sowie Einweisungen auf Intensivstationen und Krankenhausaufenthalte innerhalb der allerletzten Lebensphase sowie die zuvor erwähnten Überweisungen auf Palliativstationen.

Bei der Anzahl stationärer Todesfälle liegt Österreich im internationalen Vergleich. So wurden in Österreich 53,4 % der im analysierten Zeitraum verstorbenen Krebspatienten zum Todeszeitpunkt stationär behandelt. Das, so zeigt die Studie, ist deutlich mehr als beispielweise in Deutschland (38,3 %) oder in den Niederlanden (29,4 %). Vergleichbar mit anderen Ländern waren hingegen die Werte für Intensivstationsaufnahmen und die systemische Chemotherapie (innerhalb von 30 Tagen vor dem Tod). Wild merkt jedoch kritisch an, dass die verfügbaren Daten nicht immer als hochwertig anzusehen sind – was aber vom nationalen Krebsrahmenprogramm gefordert wird. „Unsere Daten basieren auf Abrechnungsdaten. Naturgemäß stellen diese nur abrechnungsrelevante Sachverhalte dar. Daten zu ambulanten Behandlungen im niedergelassenen Bereich fehlen völlig „und das verzerrt das Bild, ebenso wie die Standardisierung bei der Diagnosedokumentation ausbaufähig ist.“ (red)

Originalpublikation: Robausch, M. und Grössmann, N. (2020): Versorgungsforschung Onkologie. Teil I: Versorgung am Lebensende (End-of-Life Care). HTA-Projektbericht 127. https://eprints.aihta.at/1233/