Österreicher entwickeln Minilabors für Schnelltests – bald Serienproduktion

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Die steirische Joanneum Research führt ein internationales Konsortium an, das an der nächsten Generation von Lab-on-a-Chip-Systemen forscht. Bald können solche Minilabors für die Schnelldiagnostik – auch für COVID-19 – in Großserienproduktion gehen.

Das Potenzial von mikrofluidischen Lab-on-a-Chip-Systemen ist vor allem in der Medizin, Pharmazeutik, Produktion und Analytik enorm. Mit dem „Horizon2020“-Projekt „NextGenMicrofluidics“ wurde ein Open Innovation Test Bed, ein neues Format der EU, ähnlich den Pilotlinien, einem Konsortium unter der Koordination von Joanneum Research Analysen auch in kleinen Laboren mit relativ wenig technischer Ausrüstung automatisiert ablaufen können, resümiert Projektleiter Martin Smolka von Joanneum Research. „Dieses gemeinsame Projekt beschleunigt die Einführung von Rolle-zu-Rolle-Technologien für die Hochdurchsatzfertigung von mikrofluidischen Systemen. Wir werden dann Mikrofluidikbauteile nicht mehr als Einzelstücke herstellen, sondern auf großen Folien durch Präge-, Druck und Laminationsprozesse. Das funktioniert ähnlich wie beim Zeitungsdruck. Damit erreichen wir schon bald ein konkurrenzloses Niveau in der Produktionsgeschwindigkeit von flexiblen Lab-on-a-Chip-Systemen, so genannter Labs-on-a-Foil“, ist Smolka überzeugt.

„Ergänzt wird die Plattform durch Spritzguss und Wafer-basierte Glas- und Siliziumverarbeitung sowie mit weiteren Technologien wie dem hochauflösenden Druck von Biomolekülen in Form des weltweit ersten Rolle-zu-Rolle-Microarray-Spotters für folienbasierte Mikrofluidik. Diese einzigartigen Einrichtungen werden in dem Open Innovation Test Bed vereint“, erläutert Smolka die technischen Hintergründe. Im Rahmen des Projekts bietet das Konsortium geförderte Innovationsprojekte an, in denen zukünftige Kunden Produktentwicklungen beauftragen können. Parallel zur technischen Entwicklung wird das Open Innovation Test Bed seinen Kunden beratend zur Seite stehen, um diesen den Zugang zu Risikokapital zu ermöglichen.

Ein besonderes Augenmerk werde auf Lab-on-a-Foil-Systeme in der medizinischen Diagnostik gelegt, vor allem im Bereich der patientennahen Schnelldiagnostik, der sogenannten Point-of-Care-Diagnostik, und ihren Einsatz in der aktuellen COVID-19-Krise. Mit der Entwicklung und Hochskalierung neuer Schnelltests für SARS-CoV-2 will das Konsortium zur Lösung dieser Krise beitragen. Dazu wird ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt, der sowohl einen Schnelltest für akute Infektionen als auch für die Immunität nach einer vergangenen Infektion umfasst. Ziel ist es, zeitnah Systeme für die Point-of-Care-Diagnostik von SARS-CoV-2 sowie den entsprechenden Immunstatus in Europa zu entwickeln und mit hohem Durchsatz von mehr als einer Million Tests pro Monat herzustellen. Die Tests werden unter anderem in Österreich und Deutschland entwickelt und hergestellt und sollen daher zukünftig in akuten Krisen rasch verfügbar sein.

NextGenMicrofluidics bündelt die Kompetenzen von 21 Unternehmen und Forschungsorganisationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette in der Entwicklung mikrofluidischer Lab-on-a-Chip-Systeme und bietet Dienstleistungen für die Entwicklung und Produktion dieser Systeme für Unternehmen – vom Start-up bis zur Großindustrie – an. Das Projekt wird aus dem Forschungs- und Innovationsprogramm Horizon 2020 der Europäischen Union mit einem Gesamtvolumen von knapp 15 Millionen Euro für die nächsten vier Jahre gefördert. (red)