Paradigmenwechsel: Prävention statt Reparatur

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Die Sozialversicherung will Vorsorgeangebote vorantreiben und setzt dabei auf die Unterstützung der Ärzteschaft. Das soll die Zahl gesunder Lebensjahre erhöhen.

„Ein modernes, effizientes und zukunftsorientiertes Gesundheitssystem benötigt neben der digitalen Transformation die Vorsorge-Transformation. Das heißt, wir müssen mit aller Kraft den Wandel vom Reparatursystem hin zum Präventionssystem vorantreiben“, sagt Peter Lehner, SVS-Obmann und Vorsitzender der Konferenz der Sozialversicherungsträger, bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit dem Vizepräsidenten der Österreichischen Ärztekammer und Obmann der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte, Edgar Wutscher. „Vorsorge ist besser als Nachsorge. Das kann man nicht oft genug wiederholen. Leider nehmen noch zu wenig die Vorsorgemöglichkeiten wahr und wir Ärztinnen und Ärzte sind viel zu oft mit reparieren beschäftigt und würden unsere Patientinnen und Patienten gerne in einem gesünderen Zustand betreuen“, betont Wutscher.

Die Gesundheitskompetenz und die Zahl der gesunden Lebensjahre nehmen ab. Dies bestätigte zuletzt der jüngste Rechnungshofbericht zur Gesundheitsförderung und Prävention. „Der Systemwandel besteht aus drei Elementen, die aufeinander aufbauen: das Angebot der Systempartner, der Anreiz, das Angebot zu nutzen, und die Akzeptanz in der Bevölkerung“, betont Lehner und führt weiter aus: „Mit dem Mutter-Kind-Pass haben wir ein starkes Anreizsystem geschaffen. Dieser deckt die erste Lebensphase ab und ist die Basis für eine aktive Rolle. Das Angebot der Vorsorgeuntersuchungen wird dagegen heute nur von 15,1 Prozent der Bevölkerung wahrgenommen.“

„50 Prozent der chronischen Krankheiten sind lebensstilbedingt. Gesundheit kann man nicht im Supermarkt kaufen oder bei der Sozialversicherung abrufen. Wir brauchen eine Präventionskultur, die auf Gesundheitskompetenz aufbaut und von Eigeninitiative und Eigenverantwortung angetrieben wird“, sagt Lehner. „Mit Anreizsystemen möchten wir das umfassende Angebot sichtbar machen“, erklärt er und betont, dass neben den finanziellen Anreizen auch Nudging eine wichtige Rolle spielen kann. „Nudges motivieren, fördern die Entscheidung des Einzelnen und setzen auf eigenverantwortliches Handeln“, so der SVS-Obmann.

Neben dem Anreizsystem müsse aber auch die wohnortnahe Gesundheitsversorgung sichergestellt sein, betont Wutscher. Denn der Allgemeinmediziner sei für die Gesundheitsvorsorge Ansprechperson Nummer Eins: „Eine flächendeckende Primärversorgung ist die Voraussetzung für eine verbesserte Gesundheitsvorsorge“, betont er: „Wenn wir als Allgemeinmediziner unsere Patienten aufgrund des Vorsorgeprogramms regelmäßig sehen, eine Übersicht über ihre Vitalwerte und gesundheitlichen Probleme bekommen, dann können wir auch zeitgerecht gegensteuern und gegebenenfalls an Fachärzte überweisen.“

Parallel dazu kritisierten am Mittwoch auch die NEOS im Gesundheitsausschuss des Nationalrates, dass dem Thema Prävention im Gesundheitswesen noch immer zu wenig Beachtung geschenkt wird. Problematisch seien vor allem die Ineffizienzen im System sowie die unklaren Zuständigkeiten. Außerdem sei die Einladungspraxis zu Vorsorgeuntersuchungen der einzelnen Sozialversicherungsträger uneinheitlich. Um die richtigen Maßnahmen zu setzen, sei ein Überblick über alle bereits bestehenden und geplanten Präventionsmaßnahmen der Sozialversicherungsträger erforderlich, stellt NEOS-Mandatarin Fiona Fiedler fest. Der Gesundheitsminister sollte daher diese Informationen einholen und dem Nationalrat zuleiten, hieß es in einem Antrag, der von allen Fraktionen einstimmig angenommen worden ist. (rüm)