Simulationsforscher präsentiert Maßnahmen gegen Ärztemangel

(c) ÖÄK/Stefan Seelig

Um dem Mangel an Kassenärzten zu begegnen, schlägt der Simulationsforscher Niki Popper ein Bündel an Maßnahmen vor. Diese sollten regional abgestimmt sein und zeitnah wirken.

In den nächsten zehn Jahren ist aufgrund der Altersstruktur mit einem Rückgang der besetzten Kassenstellen von aktuell rund 47.000 auf 44.400 im Jahr 2030 zu rechnen, wenn keine Maßnahmen gesetzt werden. Dieser Rückgang wirkt sich vor allem auf die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte aus. Nach 2030 bleiben die Zahlen bei den niedergelassenen Allgemeinmedizinern relativ konstant, während die Zahl der Kassen-Fachärzte wieder steigt. Diese Quintessenz zogen die Simulationsforscher Niki Popper und Claire Rippinger aus Rechenmodellen, die er im Auftrag der Ärztekammer durchgeführt hat und die er am Mittwoch in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Vizepräsidenten der Ärztekammer und Obmann der niedergelassenen Ärzte, Johannes Steinhart, präsentierte. „Wir wollten wissenschaftlich fundiert wissen, wie sich bestimmte Interventionen zum Beispiel in der ärztlichen Ausbildung oder eine Attraktivitätssteigerung der kassenärztlichen Rahmenbedingungen auf die künftigen Ärztezahlen auswirken würden“, sagt Steinhart.

Das Ergebnis: In den vergangenen zehn Jahren haben 22 Prozent der Personen mit inländischen Universitätsabschluss keine Turnusausbildung in Österreich begonnen. Selbst wenn man diese Zahl auf 15 Prozent senken könnte, würde dies das Problem nicht lösen, weil es mindestens 3,5 Jahre dauert, bis die Ausbildung abgeschlossen ist und damit in den nächsten fünf Jahren keine Steigerung der Ärztezahl zu erwarten sei. Auch eine Erhöhung der Studienplätze würde das akute Problem jetzt nicht lösen, weil sich das erst in 15 bis 20 Jahren auswirken würde, erläuterte Popper.

Zu einer Steigerung der Zahl der Kassenärzte würde eine bessere Attraktivität von Kassenverträgen führen. Würden etwa von den Wahlärzten unter den Allgemeinmedizinern 25 Prozent aufgrund gesteigerter Attraktivität der Rahmenbedingungen dauerhaft zu einem Kassenvertrag wechseln, könnte der pensionsbedingte Rückgang innerhalb der nächsten 15 Jahre ausgeglichen werden. Dann hätten von den niedergelassenen Allgemeinmedizinern rund 60 Prozent einen Kassenvertrag satt wie bisher 47 Prozent. Sowohl Popper als auch Steinhart zogen aus dem Modellberechnungen den Schluss, dass nicht eine Maßnahme ausreicht, sondern ein Bündel notwendig sei. Dieses müsse regional abgestimmt sein und zeitnah wirken.

Der Ärztekammer-Vizepräsident plädierte dafür, gemeinsam mit der Politik und der Sozialversicherung einen solchen Maßnahmen-Mix zu erarbeiten. Teil davon sollte ein Abbau der Bürokratie für die Ärzte sein, meinten sowohl Steinhart als auch Popper. Die von der Ärztekammer erarbeiteten Vorschläge neuer Zusammenarbeitsformen, flexibler Kassenverträge und ähnliches müssten mit Leben erfüllt werden, forderte auch Edgar Wutscher, Obmann der Bundessektion Allgemeinmedizin in der ÖÄK: „Seit mehr als zehn Jahren machen auch die Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner in der Ärztekammer immer wieder darauf aufmerksam, dass ein Ärztemangel drohen wird. Auch durch die vorliegende Studie wird dieser Umstand wieder bewiesen.“ Steinhart bekräftigte zudem die Forderung nach mehr öffentlichem Geld für die niedergelassene ärztliche Versorgung. (red)

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