Krankenkassen-Debatte: Ärzte erhöhen jetzt den Druck

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Ein klares Nein zu einem Sparkurs auf dem Rücken der Ärzte kommt aus der Ärztekammer. Die Aussagen von ÖGK-Generaldirektor Bernhard Wurzer zeigten eine erschütternde Unkenntnis der Herausforderungen im Gesundheitssystem, kritisierte ÖÄK-Vizepräsident Johannes Steinhart.

„Angesichts des schon jetzt dramatischen Ärztemangels und einer sich weiter verschärfenden Situation bei den Ärztehonoraren zusätzlich einsparen zu wollen, zeugt von völliger Unkenntnis der aktuellen Situation und auch der Herausforderungen im österreichischen Gesundheitssystem.“ So kommentiert Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte nach einer Sitzung der Bundeskurie, die jüngsten Aussagen von ÖGK-Generalsekretär Bernhard Wurzer. Dieser hatte zuletzt wie berichtet einen „Konsolidierungspfad“ bei kassenärztlichen Honoraren gefordert, um die erwarteten Verluste von bis zu 1,7 Milliarden Euro bis 2024 einzudämmen. Die Bundeskurie niedergelassene Ärzte lehne es strikt ab, als Sündenbock für jahrelange Versäumnisse bei der Planung und Finanzierung des Gesundheitswesens herhalten zu müssen, sagte deren Vorsitzender.

Schon jetzt sei es zunehmend unmöglich, Kassenstellen zu besetzen. „Einsparungen bei den Honoraren niedergelassener Kassenärzte würde bedeuten, einen Brand mit Benzin löschen zu wollen“, sagte Steinhart am Donnerstag. Die Folge sei dann, dass sich noch weniger Ärzte als bisher für einen Kassenvertrag entscheiden. Zusätzlich würden zahllose Ärzte aus dem Kassensystem aussteigen. „Beides zerstört das solidarisch finanzierte Gesundheitssystem. Menschen mit niedrigen Einkommen leiden ganz besonders darunter. Wer so handelt, wie Wurzer es ankündigt, schädigt gezielt in unverantwortlicher Weise die Versorgung durch niedergelassene Ärzte in Österreich – auf dem Rücken der Patienten“, sagte Steinhart.

Die Ärzte fordern von der Bundesregierung und der ÖGK-Spitze ein klares Bekenntnis dazu, mehr Geld in die medizinische Versorgung zu investieren, „so wie es durch eine rasch wachsende und älter werdende Gesellschaft mit zunehmendem medizinischem Versorgungsbedarf geboten ist.“ Nur international konkurrenzfähige Arbeitsbedingungen könnten die kassenärztliche Tätigkeit wieder ausreichend attraktiv machen und das Abwandern österreichischer Mediziner ins Ausland bremsen. „Und wir fordern mit Nachdruck die ‚Patientenmilliarde‘, die der Bundeskanzler den Bürgern versprochen hat, unabhängig von der Performance der ÖGK im Zuge der Kassenreform“, sagte Steinhart. ÖÄK-Präsident Thomas Szekeres forderte ebenfalls soziale Gerechtigkeit ein: „Es ist nicht einzusehen, dass in einem reichen Land wie Österreich gerade bei den Alten und Kranken gespart werden soll. Wir Ärztinnen und Ärzte bekennen uns zum solidarischen Gesundheitssystem und appellieren an die Bundesregierung, die Schwächsten in unserer Gesellschaft, die ein Leben lang in das Sozialversicherungssystem eingezahlt haben und ihre Steuern bezahlt haben, nicht zu vergessen“, sagte Szekeres. (red)