Streikwelle erfasst den Gesundheitsbereich

© Tanzer

Bei den Gesundheitsbeschäftigten brodelt es nach wie vor. In mehreren Staaten begannen am Dienstag Streiks. In Österreichs fehlen aktuell allein in Spitälern 4.000 Beschäftigte.

Im Tarifstreit im öffentlichen Dienst haben Klinik-Beschäftigte am Dienstag in mehreren deutschen Bundesländern die Arbeit niedergelegt. Die Beschäftigten folgten damit einem deutschlandweiten Streikaufruf für Arbeitnehmer:innen in Krankenhäusern, Psychiatrien, Pflegeeinrichtungen und dem Rettungsdienst für Dienstag und Mittwoch. Gestreikt wird in Hessen, Berlin, Brandenburg, Hamburg und in Bayern.

In England haben im Streit um mehr Geld Assistenzärzt:innen einen dreitägigen Streik begonnen. Zehntausende Mediziner:innen legten die Arbeit nieder. Regierungsmitglieder und Vertreter:innen des nationalen Gesundheitsdienstes NHS warnten vor schweren Folgen für Patient:innen. Tausende Operationen und Termine wurden abgesagt. Das britische Gesundheitssystem gilt als marode. Etliche Kräfte haben wegen schwieriger Arbeitsbedingungen gekündigt. Zuvor hatten bereits NHS-Pflegekräfte mehrmals für höhere Löhne gestreikt.

In Österreich ist es nach einigen Protesten im Herbst ruhig geworden – zumindest oberflächlich. Im Untergrund brodelt es aber gewaltig. So fehlen aktuell allein in den Spitälern 4000 Beschäftigte, hat ein RELATUS-Rundruf in den Bundesländern ergeben. Im Landtag in der Steiermark wurde am Dienstag über die Personalnot diskutiert. NEOS und KPÖ befragten die zuständige Landesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) zu Personalrekrutierung und Wartezeiten auf Operationen. Die Landesrätin berichtete von einem Krisengespräch am Montag und davon, dass von rund 600 gesperrten Betten ein Drittel wegen der Pandemie beziehungsweise infrastrukturellen Maßnahmen nicht durch Patienten belegbar sei. Die KPÖ sprach zudem von mehr als 2.000 gesperrten Pflegebetten wegen Personalmangels. Auch in anderen Bundesländern und anderen Bereichen des Gesundheitswesens kriselt es.

In den Apotheken standen etwa Ende Jänner 357 offenen Posten 77 stellenlose Apotheker:innen gegenüber. Das ist ein Rekord. Noch nie war die Lücke so groß. Zum Vergleich: im Jänner 2022 gab es 309 offene Stellen und 133 Stellensuchende; im Jänner 2021 waren es 59 offene Stellen und 275 Stellensuchende. Der Apothekerverband will deshalb nun eine breite Kampagne starten, um die Apotheke als attraktiven Arbeitsplatz bekannt zu machen.

Doch all das wird nicht reichen. Bund und Länder sind gefordert, gemeinsam an einem Strang zu ziehen und auch die Finanzierung des Gesundheitswesens auf stabile Beine zu stellen. Nur dann können die öffentlichen Debatten über die Probleme im System behoben werden. Und das ist die Basis dafür, dass auch die Jobs wieder als attraktiv angesehen werden. Wer will umgekehrt schon gern in einen Bereich gehen, von dem es dauernd heißt, wie belastend die Arbeit und wie schlecht bezahlt diese ist. Ein Beispiel liefert gerade die Salzburger Gemeinde Kuchl: Mit dem Angebot, Pflegekräften schon während der Ausbildung ein volles Gehalt zu zahlen, hat Kuchl einen Volltreffer gelandet. Das Interesse von Beschäftigten übersteigt die Erwartungen bei weitem. (rüm)