Unklarheit über Verlängerung von Mutter-Kind-Pass

© Pressmaster/Shutterstock.com

Der Mutter-Kind-Pass wird reformiert, ausgebaut und digitalisiert, erklärt die Regierung. Die Ärztekammer kritisiert, dass es noch keine Einigung über die Finanzierung gibt.

Der 1974 eingeführte Mutter-Kind-Pass wird umgebaut, erweitert und bis 2024 zum Eltern-Kind-Pass werden, erklärte die Bundesregierung am Mittwoch. Gleichzeitig soll auch der zuletzt entflammte Konflikt der Ärztekammer mit der Sozialversicherung wegen der aus Sicht der Ärzte zu niedrigen Tarife für Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen gelöst werden. Es wird schon 2023 mehr Geld geben, kündigte die Regierung an. Fix ist das aber noch nicht. Denn für die Verhandlungen über die Bezahlung spielt die Regierung den Ball an die Sozialversicherung.

In Österreich werden jährlich rund 80.000 Kinder geboren, 50.000 davon sind Erstgeburten. Die im Mutter-Kind-Pass vorgeschrieben Untersuchungen sind verpflichtend um das Kinderbetreuungsgeld vollständig zu erhalten. Diese Leistungen werden künftig um eine psychosoziale Beratung, ein weiteres Hebammengespräch, eine zusätzliche Ultraschall-Untersuchung und ein zusätzliches Hörscreening für Neugeborene erweitert. Auch das Angebot einer Elternberatung sowie einer Ernährungs- und Gesundheitsberatung werden aufgenommen, kündigten Frauen- und Familienministerin Susanne Raab (ÖVP) und Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) im Pressefoyer nach dem Ministerrat an. Zudem wird der Pass digitalisiert und die zuständigen Ministerien in einem eigenen System vernetzt, ergänzte Digitalisierung-Staatssekretär Florian Tursky (ÖVP). Für die Digitalisierung sind einmalig zehn Millionen Euro aus EU-Mitteln vorgesehen. Die Arbeiten dazu starten im kommenden Jahr. Mit der Digitalisierung soll die Dokumentation der Untersuchungsergebnisse deutlich verbessert werden. So sollen Befunde zwischen behandelnden Ärzten und Hebammen in elektronischer Form leichter weitergegeben werden.

Das Jahresbudget für die Leistungen des Mutter-Kind-Passes liegt bisher bei rund 62 Millionen Euro. Zwei Drittel kommen aus Mitteln des Familienlastenausgleichsfonds, ein Drittel von der Sozialversicherung. Die Ausgaben für die zusätzlichen Leistungen sind abhängig von der Inanspruchnahme von Beratungen sowie von Honorarverhandlungen mit den Leistungsträgern. Der Ministerratsbeschluss sieht vor, dass die Sozialversicherung dazu Verhandlungen mit der Ärztekammer führt. Die Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte in der Ärztekammer hatte zuletzt einen Beschluss gefasst, wonach die Kündigung des Mutter-Kind-Passes als Kassenleistung mit Jahresende ausgesprochen werde, wenn es bis dahin keine Einigung über höhere Tarife geben sollte. Rauch bekräftigte, dass es sofort höhere Tarife geben werde, sobald ein Verhandlungsergebnis vorliegt.

Die Ärztekammer reagierte weit weniger euphorisch. Bei den Verhandlungen um die Honorare gebe es „weiter keine großen Fortschritte“, wie Edgar Wutscher, Vizepräsident der Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte sagte. Absichtserklärungen und Versprechungen habe man schon in mehr als ausreichender Zahl gehört. Peter Lehner, der Co-Vorsitzende des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger, beklagt, dass er von der Politik keinen finanziellen Spielraum dafür hat, und daher nicht sinnvoll verhandeln könne. ÖGK-Obmann Andreas Huss wünscht sich, dass sich der Bund an den Verhandlungen beteiligen würde, weil er ja auch zwei Drittel der Kosten trage und die Sozialversicherung „maßgeblich auf Kosten eines Dritten“ verhandle. Dass es zu einer Einigung mit der Ärztekammer komme, darüber zeigte sich nicht nur die Regierung zuversichtlich, sondern auch Huss und Lehner. Angesichts der Drohung der Ärztekammer mit einem Ausstieg aus dem jetzigen Mutter-Kind-Pass mit Jahresende sollte bis dahin keine Einigung erzielt werden, meinte der Dachverbands-Co-Chef allerdings, dass es „an ein Wunder grenzen“ würde, wenn man das bis dahin schaffen wolle. Er verwies jedoch auf eine dreimonatige Kündigungsfrist, womit ein allfälliger vertragsloser Zustand erst mit Anfang April 2023 eintreten würde. Und bis dahin könnte man sich schon einigen. Allerdings betont Huss: „Die Drohgebärden einiger Funktionäre der Ärztekammern müssen beendet werden.“ (red/APA)