Apothekensterben in Deutschland: Österreich bleibt noch verschont

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Allein im vergangenen Jahr sperrte in Deutschland fast jeden Tag eine Apotheke zu – die Apothekenzahl sank um fast 350 Standorte. Das ist ein neuer Rekord, schlagen Experten Alarm. In Österreich sehen sich die Apotheken ebenfalls wirtschaftlich unter Druck, geben sich aber vorsichtig optimistisch.

Noch nie ist die Zahl der Apotheken in Deutschland innerhalb eines Jahres so stark gesunken wie 2019. Ende des Jahres gab es in Deutschland noch 19.075 Apotheken – 348 Betriebe weniger als im Vorjahr. Noch stärker zurückgegangen ist dabei die Zahl der Inhaber. Das spiegelt den Trend zu steigender Konzentration: Immer weniger Betriebe, immer weniger Chefs – aber die Chefs, die es noch gibt, haben zumindest im Durchschnitt immer mehr Betriebe. Die Zahl der Inhaber ist um 409 gesunken, ein Minus von 2,7 Prozent im Vergleich zu einem Minus von 1,8 Prozent bei der Apothekenzahl, berichtet nun der Apothekenverband ABDA. „Noch können sich die Patienten in Deutschland auf eine flächendeckende Arzneimittelversorgung verlassen, aber das wird bald vorbei sein, wenn nichts passiert“, warnt ABDA-Präsident Friedemann Schmidt. Seit zwölf Jahren gehe die Zahl der Betriebe nun zurück. Hintergrund ist vor allem der wachsende Druck des Versandhandels auch im Rx-Bereich. Dazu komme die demografische Entwicklung. „Die Apotheker der Babyboomer-Generation nähern sich dem Rentenalter und finden oft keine Nachfolger“, erklärt der ABDA-Präsident. Auch qualifizierte Fachkräfte wie pharmazeutisch-technische Assistenten und pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte seien zunehmend schwerer zu finden. Durch den Ärzteschwund werde das noch weiter verschärft.

Österreichs Apotheken geben sich angesichts der internationalen Entwicklung ebenfalls besorgt, aber noch zuversichtlich. „Deutschland verzeichnet seit Jahren ein Apothekensterben. Im Durchschnitt haben in den vergangenen Jahren jährlich 200 bis 300 Apotheken geschlossen“, sagt der Präsident des Österreichischen Apothekerverbandes Jürgen Rehak im RELATUS-Interview. Die aktuelle Situation um die Corona-Infektionen und ihre wirtschaftlichen Entwicklungen würden sich noch nicht abschätzen lassen. „In Österreich sehen wir zum Teil extreme Probleme für die Apotheken in bestimmten Lagen, so zum Beispiel in Tourismusgebieten, aber auch in Einkaufszentren. Die wirtschaftlichen Auswirkungen durch die aktuelle Pandemie gestalten sich von Betrieb zu Betrieb sehr unterschiedlich.“ Ähnlich argumentiert auch Rehak-Vize und Kammerfunktionär Thomas Veitschegger: „Wie fast überall in Österreich ist auch für Teile der Apothekerinnen und Apotheker die wirtschaftliche Situation angespannt. Zu Beginn der Krise sahen wir uns noch mit einem massiven Kundenansturm konfrontiert. Nach den ersten Wochen des Lockdowns ging dieser jedoch merklich zurück, weshalb sich rund 22 Prozent der Kollegen und Kolleginnen gezwungen sahen ihre Beschäftigten in Kurzarbeit zu schicken, um weiteren Verlusten entgegenzuwirken und den Fortbestand der Apotheken zu sichern.“ Der Standort sei hier ein entscheidender Faktor. Geschlossene Pensionen, Hotels und Einkaufszentren hatten dazu beigetragen, dass die Kundenfrequenz in manchen Apotheken in den Wochen des Lockdowns dramatisch eingebrochen ist.

Dennoch können man aus heutiger Sicht sagen, dass „wir derzeit nicht mit einem Corona-bedingten Apothekensterben in Österreich zu rechnen haben. Die Lockerungen der letzten Wochen, haben dazu beigetragen, dass die Menschen langsam wieder ihrem Alltag nachgehen“, sagt Veitschegger. Auch wenn sich schwer ein einheitliches Wirtschaftsbild der Apotheken in Österreich zeichnen lasse, sei er vorsichtig optimistisch, „denn die Daten aus dem monatlichen Betriebsvergleich des Apothekerverbandes, lassen darauf schließen, dass die Talfahrt vorerst gebremst wurde.“ (rüm)