Debatte über innovative Arzneimittel

(c) Janssen-Cilag Pharma GmbH/APA-Fotoservice/Schedl

Eine neue Analyse zeigt, welche Vorteile klinische Forschung für das Gesundheitssystem haben kann. Expert:innen fordern klare Leitlinien.

Rund 283 Millionen Euro werden jährlich von Seiten des Pharma- und Life-Science-Sektors in Österreich in Innovationen gesteckt. 2022 wurden in Österreich 284 klinische Prüfungen durchgeführt und 54 neue Arzneimittel zugelassen, in den vergangenen zehn Jahren waren es insgesamt über 400 Arzneimittel, die auf den Markt kamen. „Die Forschungsquote in Österreich ist zwar in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen, Pharma-Investitionen könnten jedoch bei verstärkter Förderung insgesamt ein deutliches Einsparungspotenzial von etwa 100 Millionen Euro jährlich für das Gesundheitssystem und somit die Volkswirtschaft erzielen“, erklärte Martin Gleitsmann, Unternehmensberater und Senior Research Fellow bei Economica Institut für Wirtschaftsforschung, im Rahmen der Janssen Gesundheitsgespräche 2023. Zum Thema „Leistbarkeit von Innovationen im Gesundheitsbereich – was kann Österreich?“ gaben Expert:innen aus Onkologie, Psychiatrie, Public Health und Pharmaökonomie, Patient:innenvertretung, Gesundheitssystem sowie gesetzlichen und gemeinnützigen Interessenvertretungen Statements ab.

Gemeinsam fordern sie Leitlinien für Pharma-Investitionen in Österreich. „Um eine leistbare Versorgung auch zukünftig gewährleisten zu können, müssen weiterhin Anreize für pharmazeutische Unternehmen zur Erforschung von innovativen Arzneimitteln geschaffen und zugelassene Innovationen den Patient:innen in Österreich auch tatsächlich zugänglich gemacht werden – mit raschen Entscheidungsfindungen, gezieltem Ressourceneinsatz und dem gemeinsamen Ziel, ein nachhaltig hochwertiges Gesundheitssystem zu entwickeln, das die bestmögliche Versorgung der Menschen in den Mittelpunkt stellt“, betonte Ines Unfried, Lead Governmental Affairs & Patient Affairs Janssen Austria.

Die Bereiche Onkologie und Psychiatrie standen bei den Gesprächen besonders im Fokus, wobei in beiden Disziplinen ein flächendeckender Zugang gefordert wurde. Patient:innenvertretungen wünschen sich grundsätzlich mehr Mitsprachemöglichkeiten. Außerdem: Innovationen dürften nicht mehr nur als Kostenfaktor gesehen werden, sondern als Investition in die Gesundheit und eine optimale Versorgung der Patient:innen. „Das gesundheitsökonomische Instrumentarium der Krankenversicherung zur Beurteilung von Innovationen und deren Nutzen ist derzeit weniger ein transparenter Werkzeugkoffer als mehr eine ‚black box‘. Bei der Nutzenbewertung gibt es noch Luft nach oben – für das jeweilige Individuum und auch auf der Ebene der volkswirtschaftlichen Nutzen-Betrachtung könnte eine kritische Betrachtung des Rechtsrahmens und der Praxis für Patient:innen nur von Vorteil sein“, kommentiert Bernhard Rupp, Leiter der Abteilung Gesundheitspolitik, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Niederösterreich, die Rolle der Krankenversicherung bei der Bewertung innovativer Arzneimittel (vor allem im Bereich Psychiatrie).

„Es bedarf einer ehrlichen, offen geführten Diskussion über den tatsächlichen Umgang mit Innovationsfreundlichkeit und die damit verbundenen Kosten. Es muss verhindert werden, dass Patient:innen für den Zugang zu einer Innovation vor Gericht ziehen müssen, und sichergestellt werden, dass von Anfang an möglichst klare Regeln vorhanden sind. Orientierung sollen allgemeine Leitlinien geben: nachvollziehbar für Patient:innen, aber auch für Anwender:innen und Hersteller. Es fehlt immer noch eine Sektoren- und Akteurs-übergreifende Herangehensweise – außerdem klare Regeln und eine Orientierung durch Leitlinien“, fasst Karl Stöger, Leiter des Instituts für Ethik & Recht in der Medizin an der Universität Wien, zusammen. (kagr)