Bendamustin beim indolenten Non-Hodgkin-Lymphom und bei der CLL


Bendamustin als Monotherapie ist eine zugelassene Standardtherapie beim sog. indolenten Non-Hodgkin-Lymphom (iNHL). Allerdings wird Bendamustin üblicherweise in Kombination mit Rituximab oder in bestimmten Situationen (z. B. Retreatment mit Bendamustin-basierter Therapie) mit anderen Substanzen (z. B. Mitoxantron) kombiniert. Am ÖGHO-Meeting 2012 wurde seitens der Autoren der Versuch unternommen, die Datenlage der Bendamustin-­basierten Therapie beim indolenten NHL sowie bei der CLL zu analysieren und daraus praxisrelevante Schlussfolgerungen zu ziehen.


Mantelzelllymphom

Zur Gruppe der iNHL wird das Mantelzelllymphom (MCL) traditionellerweise nicht hinzugezählt, aus klinischer Sicht wurde es zu den „aggressiven NHL“ gerechnet. Allerdings verbesserte sich die Prognose des MCL bei Bendamustin-basierter Therapie deutlich (siehe Fiegl, SPECTRUM ONKOLOGIE 5/2011, S. 70), und aus diesem Grund ist das MCL nun häufig in Studien zu „Bendamustin beim iNHL“ inkludiert (z. B. Rummel et al., ASCO 2012, Abstr. 3).
Zum Einsatz von Bendamustin beim indolenten B-NHL sowie CLL in unterschiedlichen Settings (Erstlinie oder „relapsed/refractory“; Monotherapie vs. Kombination) konnten 44 Studien bzw. retrospektive Fallserien identifiziert werden (Stand Nov. 2012; Tab. 1), wobei Abstracts vom ASH 2012 mitberücksichtigt sind.

 

 

Indolentes Lymphom

Es zeigen sich hervorragende Gesamtansprechraten (ORR) um 80 % bis 90 % (Abb. 1). Am wirkungsvollsten ist die Kombinationstherapie mit Rituximab. Umgekehrt zeigt eine Bendamustin-basierte Kombinationstherapie ohne Rituximab eine vergleichsweise niedrigere ORR (z. B. Herold et al. 2006). Interessanterweise kann man feststellen, dass die Ansprechwahrscheinlichkeit einer Bendamustin-basierten Therapie auch in höherer Therapielinie sehr günstig ist, was auf den einzigartigen Wirkmechanismus mit fehlender Kreuzresistenz hinweist. Beim ASCO 2012 wurden die finalen Daten der großen randomisierten deutschen Studie von Rummel et al. präsentiert, welche demnächst im Lancet publiziert werden wird. In dieser maßgeblichen StiL-1-2003-Studie wurde bei iNHL in erster Therapielinie R-CHOP als Standardtherapie mit Rituximab/Bendamustin (BR) verglichen. Es zeigte sich – bei günstigerem Nebenwirkungsprofil – eine Überlegenheit von BR hinsichtlich Ansprechen, PFS und OS. Dies trifft insbesondere auch bei den unterschiedlichen Entitäten des iNHL zu; einzig beim Marginalzonenlymphom zeigt sich hinsichtlich PFS kein Unterschied. Die präliminären Daten dieser Studie wurden ja bereits wiederholt präsentiert, und so konnte in den letzten Jahren beobachtet werden, dass in Deutschland das BR-Schema zur Erstbehandlung des iNHL das R-CHOP-Schema weitgehend verdrängt hat. Diese Beobachtung veranlasst Knauf et al. zur Aussage, dass R-CHOP nicht mehr als „standard of care“ bei Patienten mit iNHL angesehen werden kann (ASH 2012, Abstr. 3666). Rummel et al. präsentierten am ASH 2012 wichtige Subanalysen zur StiL-1-2003-Studie und zeigten, dass das Erzielen einer CR (unter BR in 40 %, R-CHOP in 30 %) mit einem längeren PFS und OS assoziiert ist. Interessanterweise ist die Kohorte, welche eine CR mit dem BR-Schema erreichte, die mit dem längsten PFS. Offensichtlich ist die Qualität der mittels BR erreichten Remission eine höhere (Rummel et al., ASH 2012, Abstr. 2724).

 

Chronische lymphatische Leukämie, CLL

Die Ansprechraten unter Bendamus­tin-basierter Therapie bei CLL liegen um 70 %, mit relativ großer Variabilität in den Studien (Abb. 2). Bei der CLL tritt deutlich der Unterschied der Effektivität einer Bendamustin-basierten Therapie in Abhängigkeit vom Setting (unbehandelt bzw. vorbehandelt) zu Tage (Fisher et al. 2011 und 2012; Waldthaler et al. 2011). Beim ASH 2012 wird eine interessante vergleichende Analyse zum Outcome unterschiedlicher Studiengenerationen der Deutschen CLL-Studiengruppe präsentiert: So zeichnet sich ab, dass Chemoimmuntherapie mit FCR bzw. BR einen deutlichen Fortschritt hinsichtlich Verlängerung des „treatment-free survival“ und OS brachte (Cramer et al., ASH 2012, abstr. 3936). Eine interessante neue Therapieoption dürfte – z. B. nach multiplen Vorbehandlungen – die Kombination Ofatumumab mit Bendamustin (Ofa-B) darstellen (Erstbeschreibung: Ujjani, ASH 2011, abstr. 4615). Ein ausgeprägter ­Synergismus der Wirkung dieser beiden Substanzen wurde kürzlich in einem CLL-Xenograft-Mausmodell demonstriert (Haskova et al., Br J Haematol 2012; 156:402). Wir konnten bei einem CLL-Patienten (Erstdiagnose 12/2001, Zytogenetik: normaler Karyotyp; „bulky disease“; Rai-Stadium IV) in der nunmehr neunten Therapielinie ein promptes Ansprechen bereits nach 2 Zyklen Ofa-B konstatieren (Abb. 3).

 

 

Bendamustin-„Retherapy“

Eine weithin geübte gängige Praxis in der Hämatoonkologie ist es, ein erfolgreiches Therapieschema bei ein und demselben Patienten bei Bedarf nochmals anzuwenden, im Sinne eines „Retreatments“. Dies erscheint jedoch nur sinnvoll, wenn nach Erstbehandlung ein längeres therapiefreies Intervall erzielt werden konnte. Erstaunlicherweise gibt es zu diesem Thema ausgesprochen wenig Literatur, eine Auswahl entsprechender Studien bzw. Fallserien bietet Tab. 2. Zuletzt konnten Weide et al. in einer retrospektiven Analyse berichten, dass eine Wiederbehandlung mit einem Bendamustin-basierten Schema neuerlich zu hohen Ansprechraten sowohl beim iNHL als auch bei der CLL führt (71 % bzw. 77 %). Es zeigte sich auch, dass die Zugabe von Mitoxantron zu BR (als BMR) bei der CLL, nicht jedoch beim iNHL entscheidend ist (Weide et al., Leuk & Lymphoma 2012 Nov 14).