Editorial Spectrum Urologie 2/2011

Wir leben in einer spannenden Zeit. Nicht nur die Glücksritter der Finanzmärkte und Staatshaushalte sind es, die die ganze Welt in Atem halten, sondern auch solche in der medizinischen Diagnose und Behandlung. Gerade auf dem Gebiet des Prostatakarzinoms halten die rasanten Entwicklungen zumindest Urologen, internistische Onkologen und vielleicht auch Health-Technology-Assessment-Spezialisten auf Trab.

Die neuen Entwicklungen auf dem Sektor Bildgebung sind viel versprechend, die Studienergebnisse jedoch noch viel zu dürftig, um deren routinemäßigen Einsatz zu rechtfertigen. Das gilt nicht nur für die sehr aufwendigen und teuren Magnetresonanztechniken, sondern auch für die seit wenigen Jahren neu aufgetauchten Möglichkeiten der computergestützten Transrektalsonographie. In den vergangenen Jahren wurde es jedoch gang und gäbe, nicht etablierte bzw. nicht leitlinienkonforme, aber dafür neue Techniken zu horrenden Einstiegspreisen anzubieten. Dabei versuchen Firmen alle möglichen Tricks, um den „Markt“ zu stimulieren. Die sorgfältige Erhebung von klinischen Daten vor dem offiziellen Verkauf gehört offenbar nicht dazu. Trotzdem kann und will man sich der Entwicklung nicht verschließen.
Die neuen medikamentösen Therapiemöglichkeiten bei urologischen Tumoren sind ebenfalls überwältigend. Die Urologie steht zweifellos vor neuen Herausforderungen und ist wohl beraten, sich diesen zuzuwenden! Immer wirksamere Medikamente mit immer geringeren Nebenwirkungsspektren überrollen den klinischen Alltag. Sie finden in diesem Heft wieder gute Beispiele für diese interessante Entwicklung, die hoffentlich vielen Patienten zugutekommen wird. Die vielfältigen Fragen, die solche Behandlungsmöglichkeiten aufwerfen, erfordern aber nicht nur eine intensive Befassung mit den Substanzen, sondern auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit. Trotzdem muss das urologische Know-how dazu genutzt werden, um die Führung dieser Patienten nicht aus der Hand zu geben.

Es wäre die Aufgabe der urologischen Universitätskliniken, sich diesen neuen Herausforderungen an vorderster Front zu stellen. Doch von dieser Seite herrscht tiefes Schweigen. Und wieder steht ein Ordinariat zur Nachbesetzung an. Im Sinne aller österreichischen Urologinnen und Urologen ist zu hoffen, dass nach zwei verpassten Chancen nun endlich die oder der beste KandidatIn zum Zug kommt und nicht die (Haus-)Politik das letzte Wort hat. Was wir dringend brauchen, sind erfolgreiche wissenschaftliche Themenführung und eine wesentlich bessere Kooperation zwischen Universitätskliniken und Versorgungsspitälern auf der einen und den niedergelassenen FachärztInnen auf der anderen Seite. Es wäre an der Zeit, das urologische Netzwerk neu zu knüpfen!

Und zuletzt noch ein Hinweis in eigener Sache: Der MedMedia-Verlag wird sich zunehmend den neuen Entwicklungen auf dem Mediensektor, insbesondere den elektronischen Medien zuwenden. Aus diesem Grund wurde diesem Heft ein Fragebogen beigelegt, den Sie bitte ausgefüllt an die Redaktion retournieren. Damit entscheiden Sie mit, wie es in Zukunft weitergeht. Wie immer wünsche ich Ihnen eine anregende Lektüre und verbleibe mit herzlichen Grüßen,

Dr. Karl Dorfinger
Präsident des Berufsverbandes der Österreichischen Urologen