EADV 2012, Prag: Fortgeschrittenes Basalzellkarzinom
 – Studienerfolge in Österreich


Spectrum Dermatologie: Wie bewerten Sie die neue Therapieoption? Welche Möglichkeiten gab es bisher?

Ao. Univ.-Prof. Dr. Rainer Kunstfeld: Vismodegib ist für Patienten mit fortgeschrittenem oder metastasiertem Basalzellkarzinom eine bedeutende Therapie­option. Das Basalzellkarzinom ist das häufigste Malignom der Haut und in den allermeisten Fällen chirurgisch einfach zu sanieren. Basaliome mit aggressivem Wachstum haben allerdings eine schlechte Prognose und neigen zu Rezidiven. Ein hohes Rezidivrisiko besteht bei Tumoren > 2 cm Größe, bei Tumoren im Gesichtsbereich, besonders um Augen, Mund, Nase und Ohren, und auch bei Basaliomen, die sich in der Haut entlang von Nerven oder Gefäßen ausbreiten. Nach einer gescheiterten Therapie steigt das Risiko für die Entwicklung eines Basalioms gegenüber der Normalbevölkerung signifikant. 

Bei fortgeschrittenen und metastasierten Basaliomen konnte bisher nur operiert oder mit Strahlentherapie behandelt werden – und dies oft nur mehr im palliativen Setting. Vismodegib ist nun eine Therapieoption, bei der im Bestfall der Tumor sogar eradiziert werden kann. Damit könnten wir selbst Patienten, die sich über Jahrzehnte unzähligen Operationen unterziehen mussten, eine Behandlung anbieten, die den Tumor möglicherweise zur Abheilung bringt.

Wie und wie rasch sprechen Patienten auf Vismodegib an? Wie lange wird therapiert?

Ich setze Vismodegib im Rahmen klinischer Studien seit rund 1,5 Jahren ein. Die meisten meiner Patienten haben auf Vismodegib gut angesprochen. Bei gutem Respons ist eine Verkleinerung des Tumors bereits nach zwei Monaten für die Patienten sichtbar. Auch bei Patienten mit metastasiertem Basalzellkarzinom verkleinert sich der Primärtumor. Demnächst werden erste Kontrollen an unserer Klinik zeigen, welchen Effekt Vismodegib auf die Metastasen hat. Diese Patienten haben mit derzeitigen Therapien eine durchschnittliche Lebenserwartung von nur 8–14 Monaten, das 5-Jahres-Überleben liegt unter 10 %. Noch ist unsere Nachbeobachtungszeit zu kurz, um abschätzen zu können, wie lange die Therapie mit Vismodegib über das Verschwinden des lokalen Tumors hinaus fortgesetzt werden sollte. Oft brechen die Patienten nach Verschwinden des Tumors die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen, wie beispielsweise Geschmacksverlust, ab.

Wie schätzen Sie die Verträglichkeit und Sicherheit von Vismodegib ein?

Bei den Patienten an unserer Klinik trat noch keine einzige gefährliche Nebenwirkung auf. Die Substanz hat sich bisher als gut verträglich erwiesen.


Wo sehen Sie den Stellenwert von Vismodegib im Therapiespektrum des lokal fortgeschrittenen bzw. metastasierten Basalzellkarzinoms?

Vismodegib ist eine gut wirksame Ergänzung zu den heutigen Optionen vor allem für Patienten mit inoperablen Tumoren, für Patienten, bei denen aufgrund ihrer Komorbiditäten eine langwierige Operation nicht in Frage kommt, und für Patienten, bei denen eine Bestrahlung nicht indiziert ist.
Diese Chance sollte genutzt werden. Das ist auch mein Appell an alle KollegInnen, die Patienten mit fortgeschrittenen Basalzellkarzinomen betreuen, bei denen die Grenzen chirurgischer Verfahren und auch der Bestrahlung erreicht sind. Nach einer entsprechenden Evaluierung kann diesen Patienten durch einen Einschluss in die Vismodegib-Studie vielleicht geholfen werden.

Danke für das Gespräch!

 

Interimsanalyse STEVIE

Die beim EADV 2012 präsentierte zweite Interimsanalyse der in 15 Ländern weltweit laufenden einarmigen Open-Label-Studie STEVIE* zur Sicherheit von Vismodegib, die 150 Patienten umfasst, bestätigen die Erkenntnisse aus der ERIVANCE-BCC-Studie. Die Auswertung der Daten von jeweils 75 Patienten mit einem Follow-up von ≥ 6 Monaten bzw. von ≥ 3 Monaten weist bei 19,4 % einen kompletten und bei 55,6 % einen partiellen Respons sowie bei 21,8% eine stabile Erkrankung aus.

* Dreno B et al., EADV 2012