Diastolische Herzinsuffizienz im Alter

Bei erhaltener Linksventrikelfunktion und klinischen Zeichen einer Herzinsuffizienz liegt der
Verdacht einer diastolischen Funktionsstörung nahe.
Bei dieser im Alter zunehmenden speziellen Form der kardialen Insuffizienz liegen bezüglich optimaler Behandlung gegenwärtig nur wenig gesicherte Daten vor, sodass die Grundzüge der Therapie empirisch erfolgen.
Die diastolische Herzinsuffizienz zeigt eine mit dem Alter steigende Prävalenz, die bei den unter 50-Jährigen bei etwa 15% liegt und bei den über 70-Jährigen auf 50% ansteigt.
Im Gegensatz zur systolischen Herzinsuffizienz (= Herzinsuffizienz mit herabgesetzter Auswurffraktion), bei welcher ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis vorliegt, erkranken bei der diastolischen Herzinsuffizienz mehr Frauen (etwa 2/3) als Männer.

Definition, Diagnose und Klinik

Die diastolische Herzinsuffizienz ist ein durch folgende Merkmale charakterisierter Symptomenkomplex:

  1. klinische Zeichen einer Herzinsuffizienz,
  2. erhaltene oder nur leicht erniedrigte EF (Ejection Fraction) (> 50%)
  3. Vorliegen einer linksventrikulären diastolischen Dysfunktion

Die klinischen Zeichen einer kardialen Insuffizienz (z. B. Dyspnoe, Ödeme, pulmonale Stauung) treten bei systolischer und diastolischer Herzinsuffizienz gleichermaßen auf, wobei die Unterscheidung in der klinischen Praxis echokardiografisch erfolgt (Bestimmung der Auswurffraktion). Mittels Fluss- und Volumenmessungen (z. B. transmitrales linksventrikuläres Einstromprofil) kann die diastolische Dysfunktion näherungsweise bestimmt und entsprechend ihrer Schwere eingeteilt werden. Generell besteht bei der diastolischen Herzinsuffizienz eine Kombination aus linksventrikulärer frühdiastolischer Relaxations- und spätdiastolischer Dehnbarkeitsstörung, auf Basis einer erhöhten Steifigkeit des linken Ventrikels. Ursächlich liegen meist strukturelle oder funktionelle Veränderungen (z. B. Hypertrophie, Ischämie) vor. Bei der häufigsten Ursache, der arteriellen Hypertonie, kommt eine vermehrte myokardiale Fibrosierungsneigung hinzu.
Neben der Echokardiografie kann in der Diagnostik eine Bestimmung des Brain Natriuretic Peptide (BNP) (oder des Abspaltungsproduktes NT-proBNP) hilfreich sein, welches bei Herzinsuffizienz durch die erhöhte linksventrikuläre Wandspannung ausgeschüttet wird. Bei hohem negativ prädiktivem Wert (> 95%) ist die Bestimmung zur Ausschlussdiagnostik sinnvoll, eine Unterscheidung zwischen systolischer und diastolischer Herzinsuffizienz ist jedoch nicht möglich.
Ätiologie: Die häufigsten ätiologischen Faktoren, die zur Entwicklung einer diastolischen
Herzinsuffizienz führen, sind linksventrikuläre Hypertrophie (z. B. bei arterieller Hypertonie, Aortenstenose, hypertropher Kardiomyopathie), koronare Herzkrankheit und Diabetes mellitus. Daneben können eine ganze Reihe anderer Erkrankungen zur Entwicklung einer diastolische Herzinsuffizienz führen: z.B. pulmonale Hypertonie, Myokarditis, restriktive Kardiomyopathie, infiltrative Kardiomyopathie, Vorhofseptumdefekt, Vorhofmyxom.

Aspekte zur Therapie

Generell gilt, dass die zur diastolischen Herzinsuffizienz führende Grunderkrankung optimal behandelt werden sollte.
Des Weiteren kann zwischen Akut- und Langzeittherapie unterschieden werden. Bei der Akuttherapie steht die Behandlung der akuten kardialen Dekompensation im Vordergrund.
In der Langzeittherapie stehen bezüglich der medikamentösen Therapie nur wenige gesicherte Daten zur Verfügung, sodass hier die Therapie neben empirischem Wissen auf der Therapie von Grund- und Begleiterkrankungen basiert.
Generell muss beachtet werden, dass gerade bei Patienten mit Relaxationsstörung und kardialer Fibrose eine therapeutisch beabsichtigte forcierte Vorlastsenkung zu vermindertem Füllungsvolumen, reduzierter Auswurffraktion und daraus resultierender Hypotension führen kann und daher jede medikamentöse Therapie mit Vorsicht begonnen werden sollte. Gemäß ACC/AHA-Guidelines profitieren Patienten mit diastolischer Herzinsuffizienz von folgenden Therapiesäulen:

  • Therapie der arteriellen (systolischen und diastolischen) Hypertonie
  • Frequenzkontrolle bei Patienten mit Vorhofflimmern
  • Therapie einer pulmonalen Stauung und peripherer Ödeme
  • koronare Revaskularisation bei Patienten mit ischämisch bedingter diastolischer Herzinsuffizienz

Medikamentöse Therapie

ACE-Hemmer/AT1-Antagonisten/Aldosteronantagonisten: Medikamente, die in das RAAS-System eingreifen, führen zu einer Reduktion der linksventrikulären Hypertrophie (ACE-Hemmer: 10%, AT1-Blocker: 13%) und einer Verbesserung der myokardialen Steifig keit. Dies scheint zu einer Verbesserung der Morbidität zu führen, eine eindeutige Senkung der Mortalität konnte bisher nicht nachgewiesen werden.
Aldosteronantagonisten zeigen in ihrer Wirkung zusätzlich antifibrotische Eigenschaften und führen zu einem Anhalten (bis hin zu Reduktion) der myokardialen Hypertrophie. Damit einhergehend verbessert sich die kardiale Funktion.

Betablocker senken die Herzfrequenz und führen zu einer verlängerten diastolischen Füllungszeit, einer Verbesserung der myokardialen und koronaren Durchblutung, einer Reduktion des myokardialen Sauerstoffverbrauchs und einer Verminderung der kardialen Hypertrophie. Wenngleich dadurch therapeutische Vorteile bei diastolischer Herzinsuffizienz zu erwarten wären, ist die derzeitige Studienlage diesbezüglich widersprüchlich, sodass sich der Einsatz nach bestehenden Komorbiditäten richtet.

Kalziumantagonisten:
Verapamil kann die Belastungstoleranz bei Patienten mit diastolischer Herzinsuffizienz erhöhen und bei hypertropher Kardiomyopathie die eingeschränkte linksventrikuläre diastolische Funktion verbessern. Außerdem zeigt sich bei Patienten mit arterieller Hypertonie eine Reduktion der linksventrikulären Maße.

Fact-Box

Die diastolische Herzinsuffizienz ist definiert durch Vorliegen klinischer Zeichen einer Herzinsuffizienz bei erhaltener Linksventrikelfunktion und gleichzeitigem Nachweis einer
diastolischen Relaxations- bzw. Füllungsstörung. Ihre Inzidenz nimmt mit dem Alter zu. Bezüglich therapeutischer Maßnahmen stehen nur wenige studienmäßig gesicherte
Daten zur Verfügung, sodass bei der Wahl der Therapie neben empirischem Wissen
und pathophysiologischen Überlegungen das Vorhandensein von Begleiterkrankungen
mit einfließt.

 

Literatur bei den Verfassern