End of Life – Best of Care

UNIVERSUM INNERE MEDIZIN: Ähnlich wie der Kongress-Leitgedanke, trug ein Symposium den Namen „Miteinander – zum richtigen Zeitpunkt“. Eine Anspielung auf die Kooperation mit dem Hospiz Österreich?

Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar: Dieses Symposium wurde in Kooperation mit dem Dachverband Hospiz Österreich organisiert, was einen Meilenstein in der Kooperation darstellt. Waltraud Klasnic, die Präsidentin des Dachverbandes Hospiz Österreich, begrüßte diese Zusammenarbeit, die richtungsweisend für die Zukunft ist. Hospiz Österreich ist der Dachverband von Palliativ- und Hospizeinrichungen. Derzeit sind 252 Einrichtungen im Bereich der Hospiz- und Palliativarbeit tätig. 2010 haben 1.466 hauptamtliche und 3.055 ehrenamtliche Mitarbeiter Schwerkranke und Sterbende und deren Angehörige begleitet und betreut. In diesem Symposium wurde von Waltraud Klasnic klar auf das Miteinander zur Umsetzung von Hospiz und Palliative Care in Österreich Wert gelegt. Ein weiteres Anliegen in diesem Symposium war die Vertretung der Fakultät für Interdisziplinäre Forschung und Fortbildung (IFF) durch Univ.-Prof. Mag. Dr. Andreas Heller (Abteilung Palliative Care und Organisations- Ethik). Heller formulierte kritische Thesen im Blick auf die Anforderungen an Palliative Care in der Zukunft. Das Symposium hat auch gezeigt, dass vieles im Bereich Palliativmedizin und Hospiz in Österreich schon umgesetzt wurde, einiges ist aber sicher noch zu tun. Über 100 Teilnehmer aus ganz Österreich, der Großteil von ihnen ehrenamtlich tätig, nahmen am Symposium „Miteinander – zum richtigen Zeitpunkt“ teil.

Neben dem Block zu Strukturdaten österreichischer Einrichtungen wurde dem Thema Schnittstellen viel Augenmerk geschenkt.
Ja, einige Vorträge haben die Schnittstellenproblematik aufgezeigt: wo hört z. B. die Notfallmedizin auf, wo beginnt die Palliativmedizin etwa in der Intensivmedizin oder in der Onkologie (Vortrag: Dr. M. Hassler, Palliativstation, Univ.-Klinik für Innere Medizin I, MUW). Eine grundsätzliche Aussage ist, dass im Fall von unheilbaren Tumoren so früh als möglich eine palliativmedizinische Betreuung in Hinblick auf eine bessere Lebensqualität einsetzen sollte. Es findet diesbezüglich ein Umdenken statt. Sobald der kurative Weg verlassen wird, sollte der palliative Weg beschritten werden, nicht erst in der letzten Lebensphase. Damit zusammenhängend sind die unterschiedlichen Situationen in den Bundesländern. Wir haben am Klinikum Klagenfurt am Wörthersee eine reine Palliativstation. Unser Ziel ist die Entlassung des Patienten nach Hause, was in rund 60 % der Fälle auch so ist. In Wien gibt es z. T. sehr gemischte Stationen (Hospiz, palliativ), wo Patienten bis zum Lebensende bleiben, was auch die Gefahr bergen kann, dass Menschen in ihrer letzten Lebensphase erst palliativ betreut werden.

Es unterscheiden sich auch die Konzepte abhängig von der Geographie.
Ja, die Konzepte sind unterschiedlich. Vergleicht man z. B. Wien mit Kärnten, so braucht man ganz andere Strukturen. In Wien geht es in Richtung Hospizstationen, wo der Patient bis zum Lebensende bleiben kann, während wir in Kärnten Pflegeheime brauchen, die Hospizpatienten aufnehmen.

Wie sehen Sie die palliativmedizinische Ausbildung?
Wir streben die Etablierung einer Facharztausbildung in Palliativmedizin an. In vielen europäischen Ländern ist eine Facharzt- oder Zusatzfacharztausbildung in Palliativmedizin bereits umgesetzt und hat sich dort auch im Alltag bewährt. Die Europäische Palliativgesellschaft hat deshalb Länder, die diesen Schritt noch nicht getan haben, dazu aufgefordert, diesen zu tun, und hat dafür auch einen Vorschlag für eine Ausbildungsordnung vorgelegt. Wir werden uns in der Zukunft noch viel mehr mit ethischen Entscheidungen auseinandersetzen müssen, allein dadurch bedingt, dass Menschen älter und damit multimorbider werden. Eine Facharztausbildung ist das erlernbare Rüstzeug, ethische Entscheidungen setzen eine lange Berufserfahrung, zudem Empathie und den Mut, Verantwortung zu übernehmen, voraus. Manche Menschen werden es aber nie lernen, Entscheidungen zu treffen, und sind der Meinung, eine Tat (Behandlung) sei immer etwas Gutes. Man muss aber auch den Mut haben, die Entscheidung zu treffen, nicht mehr belas tende Therapien durchzuführen, wenn der Patient von einer Behandlung nichtmehr profitiert. Diese Entscheidung ist eine hoch-ethische ärztliche Entscheidung und, nicht zu vergessen, ebenso ein ärztliches Tun. Manchmal reicht es, nur die Hand des Patienten zu halten.

Was zeichnete den Palliativkongress 2011 für Sie aus?
Neben der erwähnten Zusammenarbeit mit Hospiz Österreich war es die hohe wissenschaftliche Qualität der Beiträge und die große Zahl der eingereichten Beiträge. So wurden zu unserer Freude 30 Beiträge eingereicht. Die drei bestbewerteten Arbeiten wurden als eingereichte Postervorträge in unsere wissenschaftlichen Sitzungen aufgenommen und mit 300 € honoriert. Drei weitere Poster wurden mit einem Preis von 200 € honoriert. Weiters wurde erstmals der Hans-Georg-Kress-Preis vergeben. Der Wissenschaftspreis, gesponsert von der Firma Grünenthal in der Höhe von 5.000 € ging an Dr. Christina Grebe von der Palliativstation am LKH Vöcklabruck. Zusammenfassend konnte der Kongress als Zeichen der Vernetzung der Organisationsstrukturen in Österreich zeigen, dass nur der gemeinsame Weg zum Ziel führt. Den Teilnehmern wurde auch ein Blick über die Grenzen verschafft, so z. B. durch das Referat von Dr. Marijana Bras, die das Palliative- Care-Konzept in Kroatien aufbaut, sowie durch Referenten aus dem deutschen Sprachraum wie etwa Prof. Dr. med. Friedemann Nauck, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin. Erfreulich waren sicher auch die gut besuchten bzw. ausgebuchten Praktika. Die Teilnehmer konnten ihren Erfahrungshorizont erweitern und so das optimale Rüstzeug für ihre tägliche Arbeit erwerben.