SERIE pAVK: „Step by step“ die periphere arterielle Verschlusskrankheit erfassen

pAVK heißt nicht nur Raucherbein

Mit Hilfe der Serie soll nun der Assoziation: pAVK ist gleich „Raucherbein“ ein definitives Ende gesetzt werden?
Ja definitiv, die pAVK wurde jahrelang nur mit dem Befall der unteren Extremitätenarterien assoziiert. Die neuen ESC-Guidelines sind nun Anlass, mehr Aufklärung zu betreiben, dass auch andere Gefäßgebiete – wenn auch im geringeren Ausmaß – davon betroffen sind. In Zukunft werden wir aufgrund des zunehmenden Alters der Bevölkerung zudem häufiger auf eine pAVK stoßen. Damit wird sich auch die Frage stellen, bis zu welchem Alter und wie (aggressiv) therapiert wird. Ist es bei jedem Patienten aufgrund des Gesundheitszustandes sinnvoll und gerechtfertigt, jeden Diagnose- und Therapieschritt durchzuführen? Das wird eine zukünftige Herausforderung sein. Wir brauchen aber vorderhand eine Basis, wie wir prinzipiell abhängig von der Lokalisation und Klinik diagnostisch und therapeutisch vorgehen sollten. Aufgrund dieser Basis können wir entsprechend dem Gesundheitszustand der alten Bevölkerungsgruppe adaptieren.

Die Community der Angiologen ist eine kleine, umso größer das Bemühen, Know-how interdisziplinär zu vermitteln. Würden Sie dieser Aussage zustimmen?
Ja, denn es ist so, eine kleine Fachgruppe hat einen sehr hohen Anteil der Bevölkerung zu behandeln. Wir sollten daher als Angiologen froh sein, unser Wissen weitergeben zu können, damit uns zumindest eine Basisversorgung der Patienten abgenommen werden kann. Die Wissensvermittlung soll neben den Allgemeinmedizinern, Geriatern, Internisten, aber auch verwandten Disziplinen wie Phlebologen mit dem Zusatzfach Angiologie, Gefäßchirurgen, aber auch interventionell tätigen Radiologen dienen.

Wie sehen Sie die angiologische Fachausbildung?
Ich würde sagen, wir haben zu wenig Ausbildungsstellen zum Zusatzfacharzt für Angiologie und es wäre eine wichtige Intention, mehr zu schaffen. Man wird sehen, wie die neue Ausbildungsordnung in der Facharztausbildung stattfinden wird. Man sollte zwingend die derzeitigen Additivfächer in die Facharztausbildung und zumindest Teile davon in die Ausbildung zum Allgemeinmediziner mit einbinden. Es gibt dahingehend bereits begrüßenswerte Initiativen wie das Update Allgemeinmedizin oder das Update Innere Medizin, die das Fachgebiet der Angiologie regelmäßig mit abdecken. Bei diesen Veranstaltungen bekommen Allgemeinmediziner und Internisten sicher eine Awareness und Grundlagenkenntnisse vermittelt.

Auf welchen Patienten sollte ein Arzt in der Praxis besonders achten?
Besonderes Augenmerk sollte auf Diabetiker, langjährige Hypertoniker, Übergewichtige, jüngere Raucher und damit Patienten mit einem typisch kardiovaskulären Risikoprofil gelegt werden. Vor allem der Hypertonus, der die Gefäße massiv schädigt, wird als Risikofaktor immer wieder unterschätzt. Man könnte sagen: Wachsam sollte man bei einem Patienten ab 65 Jahren mit diesem typischen kardiovaskulären Risikoprofil sein. Ist dieser Patient jünger als 65 Jahre, kommt noch der Risikofaktor „starker Raucher“ hinzu. Eine familiäre Genese ist gleichsam als Risikofaktor zu sehen.

Würden Sie bitte auf das Risikomanagement genauer eingehen?
Ein Punkt ist sicher, den Hypertoniepatienten und Diabetiker optimal einzustellen. Außerdem wissen wir, dass enorm viele Patienten mit Hyperlipidämie keine adäquate Therapie (Sta tine) erhalten. Die Raucherentwöhnung ist ein enorm vernachlässigtes Thema. Welche Bestrebungen müssen wir setzen: die gleiche Awareness für unsere pAVK-Patienten wie für die Herzpatienten zu schaffen. Sie sind die Patienten, die die ausgeprägteste Form der Arteriosklerose haben. In der Behandlung selbst, z. B. eines symptomatischen Patienten hinsichtlich einer Claudicatio intermittens, gibt es verbesserte Methoden, wie diese auch in der Kardiologie vermehrt Anwendung finden, um langfristig Beschwerdefreiheit zu erreichen. Am stärksten hat sich die Therapie der kritischen Extremitätenischämie geändert. Hier gibt es mittlerweile nicht- oder minimal-invasive Therapieansätze (z.B. endovaskuläre Rekanalisationstherapie), mit denen versucht werden kann, einem Patienten längerfristig den Beinerhalt zu sichern.

„Sichern“ als Schlagwort: ist der angiologische Nachwuchs gesichert?
Wir sind zwar noch nicht optimal aufgestellt, aber sicher besser als noch vor wenigen Jahren. Das Interesse junger Kollegen, und das sehen wir auf Veranstaltungen, ist da. Die Angiologie ist ein sehr interessantes und vielfältiges Fachgebiet.

Seit 2012 sind Sie nun Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Internistische Angiologie (ÖGIA). Woher stammt Ihr Interesse für die Angiologie?
Es ist ein sehr persönliches Interesse. Vorderhand interessierte mich abseits meines primären Wunsches Literaturwissenschaften und Publizistik zu studieren,in medizinischer Hinsicht die Gefäßchirurgie. Als meine Tante als meine nächste Bezugsperson an einer Lungenembolie verstarb war mein Ziel, Angiologin zu werden, klar.

„Es ist das erste von der ESC verfasste Schriftstück, das die verschiedenen Aspekten der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) adressiert. Diese Aufgabe wurde übernommen, da ein steigender Anteil von Patienten mit einer Herzerkrankung aufgrund vaskulärer Probleme in anderen Gebieten (symptomatisch und asymptomatisch), die deren Prognose und die Therapie strategie beeinflussen können, beurteilt werden muss.“ (Auszug aus den ESC-Guidelines)