SERIE pAVK: Supraaortale arterielle Verschlusskrankheit – Aggressiv medikamentös behandeln, um Prognose zu verbessern

Die sonografische Beurteilung der extrakraniellen Carotisstrombahn gehört zur Standarduntersuchung in vielen Vorsorgeprogrammen. In derartigen Befunden ist dann häufig von Plaques (von weicher, fibröser oder kalkhältiger Beschaffenheit) zu lesen, die das Gefäßlumen mehr oder weniger stark einengen. Die Quantifizierung von Verengungen der Carotisstrombahn erfolgt nach hämodynamischen Kriterien, bei denen der systolische und auch der diastolische Spitzenfluss innerhalb der Engstelle mit einem Referenzbereich vor der Engstelle verglichen werden und so auf Basis tabellarischer Graduierungen ein Engstellengrad ermittelt wird.

Die Therapieoptionen sind einerseits konservativ- medikamentöser, andererseits invasiver Natur. Die medikamentöse Therapie zielt darauf ab, den Istzustand zu stabilisieren und vor allem das kardiovaskuläre Gesamtrisiko günstig zu beeinflussen. Zu den üblichen Präparaten zählen neben Thrombozytenfunktionshemmern auch Statine und ACE- oder AT-II-Hemmer, gefolgt von Betablockern.
Grundsätzlich gilt bei Patienten mit Atherosklerose in der Primärprävention ein LDL-CZielwert von < 100 mg/dl. Haben Patienten allerdings schon ein entsprechendes kardiovaskuläres Ereignis in der Anamnese aufzuwarten, so gilt „The lower the better“. Das LDL-C-Ziel ist laut aktuell gültigen Richtlinien dann auf < 70 mg/dl angesetzt.

Zerebrale arterielle Verschlusskrankheit

Stenosierungen der A. carotis und auch des Truncus brachiocephalicus werden als zerebrale arterielle Verschlusskrankheit bezeichnet. Grundsätzlich unterscheidet man asymptomatische von symptomatischen Stenosen. Als Symptome zählen ispilaterale ischämisch-neurologische Erscheinungen, die nach zeitlichen Gesichtspunkten weiter kategorisiert werden in transitorisch-ischämische Attacke (TIA), prolongiertes reversibles ischämisches neurologisches Defizit (PRIND) und den klinisch manifesten Insult. Einschränkend muss hier aus internistischer Sicht angeführt werden, dass es bei einigen Patienten durchaus schwierig sein kann zu unterscheiden, ob nun ein kardioembolischer Insult mit zufällig koexistenter moderater Carotisstenose vorliegt oder es sich tatsächlich um einen Schlaganfall auf Basis einer mehr oder weniger relevanten Carotisstenose als Embolie-Ursprung handelt. In Analogie zur risikostratifizierenden Ergometrie bei bekannter KHK ist bei der zerebralen arteriellen Verschlusskrankheit keine entsprechende Belastungsuntersuchung etabliert, obwohl es in letzter Zeit zunehmend Arbeiten zu dem Thema gibt, dass kognitive Funktionseinbußen direkt mit einer Mangelversorgung in Einklang zu bringen sind. Diesbezüglich ist sicherlich noch nicht das letzte Wort gesprochen worden und mehr Daten sind erforderlich, um hierfür Klarheit zu erlangen.

Die invasive Therapie gliedert sich in 2 Optionen: einerseits in die operative Sanierung, die immer noch den Goldstandard der Therapie darstellt, und andererseits in die endovaskuläre Implantation eines Stents. Bei chirurgisch schlecht zugänglichen Stenosen, die des Truncus brachiocephalicus oder der linksseitigen Abgangsregion der A. carotis communis beispielsweise, besteht aus gefäßchirurgischer Sicht kein Einwand gegen eine Stentimplantation. Auch polymorbide und schlecht operable Patienten werden gerne vom Chirurgen an den Interventionisten abgegeben. Auch Patienten mit Rezidiven nach vorangegangener Operation, mit Stenosen bei kontralateralen Verschlüssen oder Patienten nach Bestrahlungen im Halsbereich werden eher gestentet. Umgekehrt ist aber auch nicht jeder Patient gut einem Stentig zu unterziehen. Neben gewissen anatomischen Voraussetzungen wie geradliniger Gefäßverlauf in der Stent- Landungszone ist eine ausgeprägte Verkalkung eine Situation, wo man aus interventioneller Seite eher dem Chirurgen den Vortritt lassen wird. In einigen randomisierten Studien konnten in Summe eher kontroversielle Ergebnisse erzielt werden, die je nach Studienautor auch meist sehr subjektiv gefärbt sind und häufig einen recht großen Interpretationsspielraum offen lassen. In Wahrheit sollten diese beiden Verfahren aber eher als sich ergänzende Therapien verstanden werden.

Atherosklerose der A. subclavia

Atherosklerotische Veränderungen, seien es nun Verschlüsse oder Stenosen, der A. subclavia sind meist klinisch eher unauffällig. Häufig beobachtet man bei seitenvergleichenden Blutdruckmessungen entsprechende Seitenunterschiede. Wobei ein Druckunterschied von mehr als 20 mmHg als diagnostisch eindeutig gilt. In Analogie zur pAVK der unteren Extremität kann es bei Stenosen oder Verschlüssen der A. subclavia auch zu einer Belastungsinsuffizienz mit muskelkrampfartigen Beschwerden im betroffenen Arm kommen. Die A. subclavia ist häufiger im proximalen Abschnitt vor dem Abgang der A. vertebralis strombahneingeengt, sodass bei Mangelversorgung die A. vertebalis als primäres Kollateralgefäß zutage tritt. Unter dem Begriff eines Vertebralis-Anzapf- Syndroms werden Schwindelerscheinungen und Fallneigungen bei vornehmlich ipsilateralen Über-Kopf-Arbeiten zusammengefasst. Die Diagnose einer Subclaviastenose (oder -verschlusses) ist aus angiologischen Gesichtspunkten einfach. Wie schon erwähnt reicht, eigentlich ein seitendifferenter Blutdruck von > 20 mmHg. Meist sind in der klinischen Untersuchung auch Pulsdefizite oder zumindest unterschiedliche Pulsqualitäten bemerkbar. Mittels Oszillografie und eventuell Druckmessung der Aa. radialis et ulnaris ist die Diagnose schon bestätigt. Als Zusatzinformation ist auch noch die Flussrichtung der A. vertebralis von Interesse. Entweder es findet sich ein schon komplett retrograder Fluss (A. vertebralis ” A. subclavia) oder aber es lässt sich während der Untersuchung mittels Faustschlussprobe eine Flussumkehr provozieren.

Die Therapie der Subclaviastenose ist meist konservativ und eine Rekanalisation oft nicht notwendig. Bezogen auf die Langzeitergebnisse sind endovaskuläre Verfahren den chirurgischen Techniken unterlegen. Die konservative Therapie zielt auch hier darauf ab, den Istzustand zu stabilisieren und vor allem das kardiovaskuläre Gesamtrisiko günstig zu beeinflussen.
Aufgrund der Symptomarmut der Subclavia- Stenose ist es aus meiner angiologischen Sichtweise aber durchaus sinnvoll, bei allen Patienten im Seitenvergleich Blutdruckmessungen anzustellen. Speziell dann, wenn man daran denkt, dass linksseitige Stenosen häufiger sind als rechtsseitige, ist insbesondere beim KHK-Patienten zu berücksichtigen, dass eine allfällige LIMA-Bypassoperation (linke Arteria mammaria interna) durch eine Stenosierung der vorgeschalteten A. subclavia limitiert sein könnte.

Herausforderung Kompressionssyndrome

Als funktionsdiagnostische Herausforderungen präsentieren sich Erscheinungen aus dem Formenkreis der Kompressionssyndrome. Zu den häufigsten dieser insgesamt eher selteneren Pathologien zählen Kompressionserscheinungen durch eine additiv vorhandene Halsrippe oder funktionelle Engstellen durch Muskelzüge der Skalenus-Muskelgruppe. Herausfordernd ist wie schon erwähnt die Diagnose oder zumindest der diesbezügliche differenzialdiagnostische Gedanke. Untersuchungen in Ruhestellung liefern meist unauffällige Befunde, weshalb verschiedene Manöver vorgenommen werden, um eine allfällige funktionelle Stenosierung zu provozieren. Der bekannteste Test ist der nach einem amerikanischem Neurochirurgen benannte Adson-Test.
Dabei wird der Patient angehalten, den Kopf bis zur Bewegungsgrenze zur betroffenen Seite zu drehen und gleichzeitig der Puls an der gleichseitigen Arteria radialis palpiert. Diese Bewegung führt zu einer Anspannung der Skalenus- Gruppe und somit zu einer Verengung der so genannten Skalenuslücke, durch die sowohl Arteria subclavia als auch der Plexus brachialis hindurchtreten. Dieser Muskelkontraktionseffekt kann noch durch Luftanhalten in maximaler Inspiration erhöht werden, da die Skalenus-Gruppe Teil der Atemhilfsmuskulatur ist. Im Normalbefund ändert sich der Radialispuls bei diesem Manöver nicht. Bei Erkrankungen in diesem Bereich kommt es dagegen zu einem Abfall des Radialispulses (positiver Adson-Test) und unter Umständen auch zu neurologischen Ausfällen im Bereich der oberen Extremität. Dieser Test kann auch mit objektiven Methoden wie einer Oszillografie kombiniert werden.
Gezielte Muskelübungen können entsprechende Verbesserungen liefern, ohne dass der Weg zum Chirurgen gesucht werden muss.

FACT-BOX

Atherosklerotische Veränderungen der supraaortalen Arterien sind häufig asymtomatisch, müssen aber trotzdem aggressiv medikamentös behandelt werden, um die Progressionstendenz günstig zu beeinflussen. Funktionelle Flussbehinderungen stellen diagnostische Herausforderungen dar. Obgleich die diagnose in fachkundigen Händen zum Routinerepertoire jedes Angiologen zählt.