Um die 80.000 Menschen sind in Österreich von einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung (CED) betroffen. Dazu zählen Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Im Gegensatz zum Morbus Crohn bleibt die Inflammation bei der Colitis ulcerosa auf das Kolon beschränkt (in Ausnahmefällen bei schwerer Entzündung: Backwash-Ileitis).
Typische Beschwerden der Colitis ulcerosa umfassen Durchfälle mit Schleim- und/oder Blutbeimengungen, Bauchschmerzen im linken Unterbauch, häufige Stuhlfrequenz, mitunter auch Störung der Nachtruhe, allgemeine Abgeschlagenheit und Fatigue. Besonders in den Fokus gerückt ist die Stuhldringlichkeit (Bowel Urgency), die mit hohem Leidensdruck und enormer Einschränkung der Betroffenen im täglichen Leben einhergeht. Extraintestinale Manifestationen wie Arthralgien, orale Aphthen, Uveitis sowie primäre sklerosierende Cholangitis (PSC) können auftreten und müssen im Behandlungsplan mitberücksichtigt werden.
Neben Stuhlfrequenz, rektalen Blutabgängen, Entzündungsaktivität (gemessen durch Endoskopie, Biomarker, Histologie) und Gebrauch von Kortikosteroiden (Ziel: kortisonfreie Remission!) sind von Patient:innen berichtete Symptome wie Stuhldringlichkeit, Bauchschmerzen, extraintestinale Manifestationen, Fatigue und Schlafstörungen wichtige Aspekte einer holistischen Betrachtungsweise mit dem Augenmerk auf die Lebensqualität.
Emulgatoren sowie fett- und zuckerreiche Ernährung beeinflussen das Darmmikrobiom negativ (Dysbiose) mit den Folgen einer Darmbarrierestörung, Entzündungsprozesse werden in Gang gesetzt. Es gibt Hinweise, dass das intestinale Mikrobiom eine wichtige Rolle bei Adipositas und dem metabolischen Syndrom spielt. Viszerale Adipositas ist ein Prädiktor für ein erhöhtes Kolitisschubrisiko. Untersuchungen zeigen einen möglichen Benefit durch GLP-1 auf den Krankheitsverlauf. Therapeutische Ansätze zur Beeinflussung des Mikrobioms durch Prä- oder Probiotika, Ernährungsinterventionen sowie Stuhltransplantation werden wissenschaftlich untersucht.
Eine frühzeitige Diagnose und effektive gezielte Therapie der Colitis ulcerosa sind essenziell für die Prognose, den Krankheitsverlauf und das Therapieansprechen. Tabuisierung oder Verharmlosung der Beschwerden sowie unbegründete Angst vor einer Ileokoloskopie können zu einer verzögerten Diagnose führen mit einem Voranschreiten der Inflammation im Darm. Die Nichtbehandlung führt zur Progression und Komplikationen sowie zu Einschnitten in der Lebensqualität. Kortikosteroide sollten nur zur Schubinduktion (wenn überhaupt) eingesetzt werden, zeitlich limitiert und mit Bedacht (Kortison braucht immer eine Exit-Strategie!). Bei schweren Schüben kann eine Hospitalisierung erforderlich sein (blutige Diarrhöen, Anämie, Fieber, Tachykardie, Reduktion des Allgemeinzustandes). Eine wesentliche Therapiesäule sind die Aminosalizylate (5-ASA), die peroral und lokal als Suppositorien oder Klysmen (topische Therapie) zur Verfügung stehen.
Zu den immunmodulatorischen Therapieoptionen zählen die Biologika (subkutane oder intravenöse Applikation) und die peroral eingenommenen Small Molecules: Januskinase-(JAK-)Inhibitoren und Sphingosin-1-Phosphat-(S1P-)Rezeptor-Modulatoren. Dank des erweiterten therapeutischen Armamentariums gelingt die tiefe Remission immer häufiger. Dies bedeutet nicht nur Beschwerdefreiheit (klinische Remission), sondern mittel- bis langfristige Ziele beinhalten neben der endoskopischen auch die biochemische Remission (Normalisierung von CRP und Calprotectin) sowie die histologische Remission – beim simultanen Erreichen dieser Remissionstiefen spricht man von Disease Clearance.
Abb.: Chronologische Darstellung der von der EMA zugelassenen Biologika und Signalinhibitoren zur Behandlung von CED bei Erwachsenen (oben) sowie Kindern und Jugendlichen (unten), ° ab 6 Jahren bzw. * ab 16 Jahren
Früherkennung und rasche effektive antientzündliche Behandlung der Colitis ulcerosa sind wesentlich für einen günstigen Krankheitsverlauf. Symptomlinderung reicht nicht aus, Ziel ist eine umfassende Remission (Ruhephase) mit guter Lebensqualität.