Die Gallengänge im Visier

Unbehandelt kann die PBC zur Leberzirrhose mit Leberversagen bis zur Notwendigkeit einer Transplantation führen. Da sich die Erkrankung in unspezifischen Symptomen äußert, ist es umso wichtiger, im klinischen Alltag daran zu denken. Eine initiale Präsentation von Patient:innen im Stadium der Zirrhose ist eher selten, weswegen die zuvor als „primär biliäre Zirrhose“ titulierte Erkrankung im Jahr 2015 in „primär biliäre Cholangitis“ umbenannt wurde.

Abb.: Primär biliäre Cholangitis

Pathophysiologisch ist die PBC durch eine progressive immunmediierte destruierende Cholangitis der kleinen Gallenwege gekennzeichnet. Die Inzidenzraten bei dieser seltenen Erkrankung reichen von etwa 0,33 bis 5,8 pro 100.000 Einwohner:innen/Jahr. Mit einem Verhältnis von 9 : 1 sind vor allem Frauen betroffen, der Altersgipfel der Erkrankung liegt bei 40–60 Jahren.

Klinik und Diagnostik

Bei der Mehrzahl der Patient:innen liegen unspezifische Symptome vor, vor allem Müdigkeit und Juckreiz können die Lebensqualität oft erheblich einschränken. Weiters können extrahepatische immunvermittelte Symptome oder Syndrome assoziiert auftreten, wie zum Beispiel Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis (rheumatoide Arthritis, Sjögren-Syndrom, systemische Sklerose, Polymyositis) oder autoimmune Schilddrüsenerkrankungen. Spät im Laufe der Erkrankung können Ikterus und Aszites als klinische Zeichen einer dekompensierten Leberzirrhose auftreten.

Zur Diagnose der PBC kommt es überwiegend aufgrund einer unklaren chronischen Erhöhung der Cholestaseparameter im Labor, also einer Erhöhung der alkalischen Phosphatase und der Gamma-Glutamyltransferase. Lässt sich dann durch eine Sonografie des Oberbauches keine obstruktive Ursache für die auffälligen Laborparameter finden, ist der nächste diagnostische Schritt eine Diagnostik der Autoantikörper. Bei der Mehrzahl der Patient:innen lassen sich hier antimitochondriale Antikörper (AMA) nachweisen. Ist der Nachweis von AMA negativ, können PBC-spezifische antinukleäre Antikörper (ANA) wie sp100 und gp210 die Diagnose sichern. Bei einer gänzlich unauffälligen Antikörperdiagnostik ist zur Diagnosestellung eine Leberbiopsie erforderlich.

Therapie

Das Ziel der Therapie ist eine Normalisierung der alkalischen Phosphatase.
Als Erstlinientherapie wird Ursodeoxycholsäure (UDCA) mit einer Dosierung von 13–15 mg/kg KG verabreicht, die häufigsten Nebenwirkungen der Therapie sind Meteorismus und Stuhlunregelmäßigkeiten zu Beginn der Therapie. Als Off-Label-Therapie stehen zusätzlich Fibrate zur Verfügung, wobei hier vor allem Bezafibrat in einer Dosierung von 400 mg pro Tag eingesetzt wird, als positiver Nebeneffekt kann eine Verminderung des Juckreizes erzielt werden. In den letzten Monaten wurden mit den PPAR-Agonisten Elafibranor und Seladelpar zwei neue Medikamente zugelassen, die in Studien eine signifikante Senkung der alkalischen Phosphatase erzielen konnten. Auch bei diesen Medikamenten kam es zusätzlich zu einer Reduktion des Juckreizes.

Zur Behandlung des Pruritus bei PBC steht als erste Wahl der Gallensäurebinder Cholestyramin zur Verfügung, hier muss auf einen Abstand von 4 Stunden zur Einnahme von anderen Medikamenten geachtet werden. Als weitere Therapieoptionen können Rifampicin, Naltrexon oder Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) eingesetzt werden.

Prognose und Verlauf

Bei gutem Ansprechen auf die Therapie korreliert die Normalisierung der alkalischen Phosphatase mit einem langfristig niedrigen Risiko der Progression der Erkrankung. Persistierend hohe Cholestaseparameter, fortgeschrittene Fibrose oder Zirrhose zum Zeitpunkt der Diagnose, männliches Geschlecht oder jüngeres Alter bei Diagnosestellung sind mit einer schlechteren Prognose vergesellschaftet.

Die Indikation zur Lebertransplantation aufgrund einer PBC ist in den letzten Jahrzehnten stark gesunken. Sollte jedoch eine Zirrhose mit einhergehenden Komplikationen auftreten, eine persistierende Hyperbilirubinämie vorliegen oder ein ausgeprägter therapieresistenter Pruritus bestehen, kann eine Evaluierung zur Lebertransplantation in Betracht gezogen werden. Das Outcome nach Transplantation ist besser als bei anderen Indikationen, üblicherweise persistiert eine vorliegende Fatigue-Symptomatik jedoch leider auch nach Transplantation.