Chronischer Husten wird als Husten, der über einen Zeitraum von mindestens 8 Wochen besteht, definiert. Husten, der zwischen 3 und 8 Wochen andauert, wird als subakuter Husten klassifiziert, während kürzer als 3 Wochen andauernder Husten als akuter Husten eingeordnet wird.1 Eine wichtige Rolle beim chronischen Husten spielt das Husten-Hypersensitivitätssyndrom, das als eine pathologisch erhöhte Reaktion auf geringe thermische, mechanische oder chemische Reize charakterisiert wird, erklärt Dr. Ivan Fedak, Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie am Chronic Cough Center der MedUni Wien.
Bei etwa einem Drittel aller Patient:innen, die einer fachärztlichen Abklärung zugeführt werden, wird Husten nicht mehr als Symptom, sondern als eigenständige Erkrankung gesehen. Hierbei handelt es sich entweder um chronisch idiopathischen Husten (UCC, „unexplained chronic cough“) oder, deutlich häufiger, um refraktären chronischen Husten (RCC, „refractory chronic cough“). Bei RCC kommt eine mögliche Ursache, wie z. B. Reflux oder Asthma, für den Husten in Frage, er spricht jedoch nicht auf eine leitliniengerechte Therapie an.1
Etwa jede:r 10. Erwachsene ist von chronischem Husten betroffen, weist Fedak auf die Häufigkeit des Problems hin. Die BOLD-Studie2 hat Daten von fast 40.000 Erwachsenen mit einem Mindestalter von 40 Jahren in 41 Zentren aus 34 Ländern analysiert. Die Prävalenz variierte je nach Region und reichte von 3 % in Indien bis 24 % in den USA, die gepoolte Prävalenz lag bei 11,8 %. Österreich war mit einem Zentrum in Salzburg vertreten und lag mit rund 9 % knapp unter dem Durchschnitt in der Studie. Risikofaktoren für das Vorliegen von chronischem Husten waren Rauchen, Arbeit in staubiger Umgebung, weibliches Geschlecht, Tuberkulose, Adipositas, niedriger Bildungsgrad und Hypertonie, wobei die ersten beiden Faktoren den größten Einfluss hatten, wie Fedak weiter ausführt.
Fast die Hälfte der Patient:innen mit chronischem Husten wartet über 5 Jahre auf die Diagnose. Wichtigster Schritt in der Abklärung ist eine sorgfältige Anamnese der Hustencharakteristiken und der Begleitsymptome, die den Beginn der Symptomatik, die Art des Hustens (trocken, produktiv, anfallsartig), das zeitliche und örtliche Auftreten, mögliche Auslöser (Anstrengung, kalte Luft, Allergene, nach dem Essen) und Begleitsymptome (Fieber, Atemnot, Brustschmerz, Heiserkeit, Reflux etc.) umfassen, beschreibt Fedak die wichtigsten Parameter des Anamnesegespräches. Auch die Erhebung der Medikamentenanamnese spielt eine essenzielle Rolle.Die Abklärung der Lungenfunktion bildet einen zentralen Bestandteil der Diagnostik.Zu den Basisuntersuchungen zählen die Spirometrie oder Bodyplethysmografie, die sich laut Fedak in der Praxis jedoch häufig unauffällig zeigen. Ergänzend können weitere Verfahren wie der Broncholyse-Test (Nachweis einer Reversibilität der Atemwegsobstruktion), die FeNO-Messung (Hinweis auf eosinophil-inflammatorische Ursache) sowie die Bestimmung der Diffusionskapazität herangezogen werden. Neben der Lungenfunktionsdiagnostik kommen standardisierte Fragebögen zum Einsatz, die wertvolle Hinweise auf Ursachen und Auswirkungen des Hustens liefern.
In der bildgebenden Diagnostik findet sich im Röntgen meist kein wegweisender Befund, erklärt Fedak. Eine Thorax-CT ist bei Red Flags, suspektem Röntgenbefund und Verdacht auf interstitielle Lungenerkrankung, Pneumonitis sowie organisierende Pneumonie indiziert. In der Praxis wird in spezialisierten Zentren, obwohl laut ERS-Leitlinie3 nicht routinemäßig empfohlen, bei fast allen Patient:innen eine Thorax-CT durchgeführt, nach Möglichkeit (Ultra-)Low-Dose-CT. Bei Verdacht auf Pleuraerguss oder andere pleurale Veränderungen sollte zusätzlich eine Sonografie durchgeführt werden.
Falls klinischer Verdacht auf bestimmte Ursachen besteht, sollten individualisierte weiterführende Diagnostikmaßnahmen folgen – beispielsweise HNO-Untersuchung, Thorax-CT, Bronchoskopie, Refluxdiagnostik sowie Schlafapnoe-, kardiologische oder neurologische Diagnostik, weist Fedak auf den starken interdisziplinären Aspekt der Diagnostik hin. Häufige Ursachen, die abgeklärt werden müssen, umfassen pneumologische Erkrankungen, Allergien, Upper-Airway-Cough-Syndrom sowie gastroösophagealen Reflux. Auch ein protrahierter postinfektiöser Husten nach einem „banalen“ Atemwegsinfekt sollte in Betracht gezogen werden.
GERD, allergische Rhinitis und Asthma sind die häufigsten Komorbiditäten von Patient:innen mit chronischem Husten.4 Nach erfolgreicher Diagnosestellung soll die Therapie der zugrunde liegenden Grunderkrankung erfolgen.1 Viele Patient:innen sind bereits mit inhalativen Kortikosteroiden vortherapiert. Bei unzureichender Wirkung, jedoch anamnestisch starkem Verdacht auf Asthma bzw. Husten im Zusammenhang mit eosinophiler Bronchitis sollte ein Therapieversuch mit anderem Wirkstoff/anderer Wirkstoffkombination in Betracht gezogen bzw. die Inhalationstechnik kontrolliert werden, rät Fedak. Die nächste Maßnahme ist die GERD-Therapie (Protonenpumpeninhibitoren, H2-Rezeptorblocker und Lifestyle-Anpassungen). Konventionelle Hustenstiller oder pflanzliche Mittel wurden von den Patient:innen meist schon ohne Erfolg ausprobiert, darüber hinaus sind sie nicht zur Langzeitanwendung zugelassen.1
Ergänzend bietet die neue Leitlinie spezifische Therapieoptionen an: Atemphysiotherapie bei produktivem Husten, einschließlich sekretmobilisierender Techniken, bzw. hustenverhindernde Techniken bei trockenem Reizhusten. Logopädie wird bei laryngealer und pharyngealer Hyperreagibilität empfohlen. Bei fortbestehendem Husten trotz leitliniengerechter Therapie der Grunderkrankung können – Off-Label – Propulsiva (bei V.a. signifikante Refluxkomponente) oder Neuromodulatoren eingesetzt werden. Niedrig dosiertes retardiertes Morphin ist als Ausnahmeoption (z. B. in palliativen Situationen) möglich.1 Fedak weist aber darauf hin, dass neuromodulatorische Therapien wie Pregabalin oder Gabapentin in der Praxis bei der Mehrheit der Patient:innen aufgrund von Nebenwirkungen wie starke Tagesmüdigkeit nicht anwendbar sind (Beruf, Autofahren).
Die aktuell einzige (bisher in Europa und Japan) zugelassene Therapieoption bei UCC/RCC ist Gefapixant, ein P2X3-Rezeptorantagonist. In den Zulassungsstudien COUGH-1 und COUGH-2 zeigte der Wirkstoff eine statistisch signifikante Reduktion der Hustenfrequenz bei einem guten Sicherheitsprofil.5 Die klinische Praxis hat gezeigt, dass Gefapixant darüber hinaus als Zusatz- oder Überbrückungstherapie bis zur optimalen Therapieeinstellung der Grunderkrankung zum Einsatz kommen und damit die Lebensqualität von Betroffenen verbessern kann.
„Studiendaten zeigen: Frauen sind signifikant häufiger von chronischem Husten betroffen als Männer. An manchen Tagen sind alle Patient:innen unserer Hustenambulanz weiblich. Die erhöhte Hustensensitivität von Frauen spielt wahrscheinlich die größte Rolle.“
Dr. Ivan Fedak
Klinische Abteilung für Pneumologie,
Medizinische Universität Wien