Die extramurale palliative Versorgung in Tirol

Mit der Erarbeitung eines regionalspezifischen Konzepts zur Stärkung der allgemeinen und spezialisierten Hospiz- und Palliativversorgung in Tirol soll eine Situation überwunden werden, in der die extramurale Betreuung in den letzten Lebensphasen von nur einem mobilen Palliativteam geleistet wird.

Die gegenwärtige Situation

Gemessen an der Anzahl der spezialisierten Hospiz- und Palliativeinrichtungen gehört Tirol derzeit noch zu den Schlusslichtern der österreichischen Bundesländer. Dies betrifft insbesondere den extramuralen Bereich. Für die 706.8731 EinwohnerInnen Tirols gibt es seit 1993 nur ein mobiles Palliativteam, das in und um Innsbruck knapp 200.000 EinwohnerInnen versorgt. Das Team besteht aus neun qualifizierten MitarbeiterInnen (5,3 VZÄ) aus den Bereichen der diplomierten Pflege, Medizin und Sozialarbeit. Den zu Hause betreuten PatientInnen steht eine 24-Stunden-Rufbereitschaft sieben Tage die Woche zur Verfügung. Ergänzend dazu schenkt ein Team von 17 ehrenamtlichen HospizbegleiterInnen Zeit und Zuwendung. Das primäre Ziel des mobilen Palliativteams ist es, auch in schwierigen Situationen durch qualifizierte Betreuung den Verbleib zu Hause in der letzten Lebensphase zu ermöglichen, wobei auch ein Pflegeheim das aktuelle Zuhause sein kann. Für Auskünfte und Beratung wurde für das gesamte Bundesland eine Hotline eingerichtet, die von Montag bis Sonntag von 08.00 bis 20.00 Uhr unter Tel. 0810 969 878 erreichbar ist.
Durch die enge Anbindung des mobilen Palliativteams an die Palliativstation können im Bedarfsfall auch andere Disziplinen (Psychotherapie, Physiotherapie, Seelsorge) konsultiert werden. Sowohl die Palliativstation als auch das mobile Palliativteam werden unter dem Dach der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft betrieben. Diese Verschränkung intramuraler und extramuraler Leistungen ermöglicht einen direkten personellen und inhaltlichen Austausch. Dies hat positive Auswirkungen auf das Schnittstellenmanagement im Falle von stationären Aufnahmen aus der mobilen Betreuung an die Palliativstation sowie auch bei Entlassungen in die extramurale Versorgung. In Tirol werden Hospiz- und Palliativversorgungsstrukturen also derzeit von der Tiroler Hospiz-Gemeinschaft betrieben. Der Verein leistet auch den Hauptbeitrag zur Bildungsarbeit im Land sowie zur Koordination ehrenamtlicher HospizbegleiterInnen.

Der Weg in die Zukunft

Im Jahr 2006 ist auf der Basis des ÖBIG-Konzeptes2 ein regionalspezifisches Konzept für das Bundesland Tirol entstanden, dessen Eckpfeiler die Stärkung der Regelversorgung, die Aus- und Weiterbildung und die Etablierung regionaler Vernetzungsstrukturen sind.
Als ein Schritt in der Übersetzung dieses Konzeptes ist 2008 der Auftrag des Tiroler Gesundheitsfonds zur Umsetzung in zwei regionalen Modellprojekten erfolgt. Die Erkenntnisse daraus sollen Basis für den weiteren Ausbau sein.

Modellprojekte

2009 und 2010 wurde unter breiter Beteiligung der Menschen in den Modellregionen Außerfern und Osttirol ein Maßnahmenpaket geschnürt, das einerseits der Entwicklung einer gemeinsamen Versorgungskultur dient, andererseits unterstützende Strukturen vorsieht. Das Gelingen von palliativer Betreuung in Versorgungsnetzwerken ist nur bedingt über spezialisierte Strukturen zu leisten. Vielmehr sind die gute inhaltliche Abstimmung der Betreuenden, ein gutes Übergangsmanagement vom Krankenhaus nach Hause oder ins Pflegeheim und ein gemeinsames Versorgungsverständnis essenzielle Voraussetzungen. Diesem Ziel haben spezialisierte Strukturen in erster Linie zu dienen.

Im Einzelnen sieht das Projekt folgende Maßnahmen vor:
1. Maßnahmen zur Stärkung der allgemeinen Palliativversorgung in bestehenden Strukturen
2. Maßnahmen zur Stärkung der regionalen spezialisierten Hospizund Palliativversorgung
3. Überregionale Maßnahmen.

Zu 1.: Integrierte Palliativbetreuung zu Hause und im Pflegeheim soll die Palliativbetreuung durch die Regelversorgung stärken, indem Leistungen benannt und honoriert werden, die am Ende des Lebens nötig sind, damit Menschen in der gewohnten Umgebung bleiben können.

Zu 2.: In Lienz und in Reutte entstehen Palliativteams, die noch im ersten Halbjahr 2011 ihre Arbeit aufnehmen. Im Krankenhaus Lienz ist eine Palliativeinheit vorgesehen. Regionale HospizkoordinatorInnen sind integraler Bestandteil einer gelingenden Palliativ- und Hospizversorgung in einer Region. Leider gibt es dafür bisher keine Finanzierung.

Zu 3.: Überregional sind Bildungsveranstaltungen vorgesehen, u. a. ein interprofessioneller Palliative-Care-Basislehrgang. Die Erfahrungen aus dem Projektprozess und die Evaluationsergebnisse der ersten Umsetzungsschritte sind die Basis für Transferempfehlungen für die anderen Bezirke Tirols.

1 Amt der Tiroler Landesregierung, Landesstatistik Tirol, August 2010
2 Das Konzept „Abgestufte Hospiz- und Palliativversorgung“ wurde im Jahr 2006 für die Gesundheit Österreich GesmbH erarbeitet. Es enthält grund – legende Definitionen und Qualitätskriterien.