Ernährung und Gewichtsmanagement

Ernährung und Bewegung sind Grundbedürfnisse des Menschen. Wir benötigen eine Fülle an Bausteinen der Natur, um „richtig“ zu funktionieren. Eine vielseitige Ernährung muss daher unseren Bedarf an wertvollen – essenziellen – Nährstoffen decken, von deren Zufuhr unser Körper abhängig ist, weil er sie nicht selbst erzeugen kann (essenzielle Aminosäuren und Fette, Vitamine, Spurenelemente und Antioxidanzien), bedient aber auch den Energiestoffwechsel (in erster Linie Fett und Kohlenhydrate). Einseitige Ernährungsformen laufen stets Gefahr, zu viel oder zu wenig Nährstoffe aufzunehmen.

Die moderne Gesellschaft leidet an zwei grundlegenden Problemen:

  1. Zufuhr unnötiger Kalorien, manchmal verbunden mit Mangel an wertvollen Inhaltsstoffen (zum Beispiel Fertiggerichte, Fast Food, Snacks, Smoothies, kalorienhältige Getränke)
  2. (oft extremer) Mangel an Bewegung: der „typische Österreicher“ (50. Perzentile) geht noch circa 800 Meter pro Tag (der „Jäger und Sammler“ ging aber noch circa 15–17 km, im Maximum aber noch deutlich mehr)

Vor allem Fertigprodukte und alles, was wir so „zwischendurch“ essen, geben unserem Körper viel Fett und Kohlenhydrate – und oftmals wenig der essenziellen Nährstoffe. Aber auch Getränke sind heute eine Wurzel des Übels: Auf dem „Typenschein“ des Menschen steht eigentlich WASSER, wir aber „bereichern“ dieses mit Zucker oder Fruchtzucker (Softdrinks, Fruchtsäfte, Smoothies) beziehungsweise Alkohol. Die daraus resultierende ÜBER-ERNÄHRUNG führt dazu, dass wir mit diesen Ernährungsmustern in eine Gewichtszunahme schlittern.

In diesem Zusammenhang muss auch die ständige gemeinsame Nennung von Gemüse und Obst (mehrmals pro Tag) diskutiert werden: Im Aspekt der Kalorienaufnahme und damit des Gewichtsmanagements ist Obst quasi gleichzusetzen mit Gemüse + Zucker.

Neuere Studien zeigen, dass ein Mangel an für den Körper wichtigen – essenziellen – Bausteinen anscheinend zu einer weiteren Steigerung der Nahrungsaufnahme führt, der Körper „hofft“ damit gleichsam durch vermehrte Nahrungszufuhr, seine Bedürfnisse doch noch abzudecken – dies aber um den Preis noch stärkerer Gewichtszunahme.

Folgen von Bewegungsmangel und Gewichtszunahme

Überernährung in Relation zur geleisteten Bewegung treibt uns in Übergewicht und Adipositas. Besonders der Ausbildung von viszeralem Fett kommt dabei große Bedeutung zu: Mit steigender Zufuhr von Kohlenhydraten, insbesondere Zuckern aller Art, steigt der Bauchumfang. Dies wiederum führt (stärker, aber nicht unabhängig vom Körpergewicht) zu Hypertonie, Dyslipidämien (in erster Linie zu hohen Triglyzeriden und niedrigem HDL-Cholesterin verbunden mit „small dense LDL“) und schleichenden Blutzuckererhöhungen (gestörter Fastenzucker oder gestörte Glukosetoleranz – Prädiabetes) bis hin zum Altersdiabetes. Alles zusammen führt zur Entwicklung zahlreicher Erkrankungen wie KHK und Herzinfarkt, ZAVK und Insult, PAVK, Krebs und einer Fülle von anderen Erkrankungen wie degenerativen Gelenkerkrankungen sowie Dysthymie, Frust beziehungsweise Depressionen.
Dysthymie, Frust und Depressionen wiederum heizen die Gewichtsentwicklung weiter an, da „Belohnungssysteme“, wie zum Beispiel Süßes zu essen, zu Kompensation und Rückzug – verbunden mit (noch) weniger Bewegung – den Circulus vitiosus in der Gewichtsentwicklung verstärken. In diesem Zusammenhang lesen Sie das Wort STRESSED bitte einmal von hinten …!

Die Ernährung und ihre Rolle im Gewichtsmanagement

Lebensstilmanagement mit Ernährungsumstellung und Bewegung ist eine der wichtigsten Maßnahmen in der Vorbeugung der oben genannten Fülle von Stoffwechselstörungen und deren Komplikationen. Aber es ist auch bei und nach dem Auftreten all dieser nicht gänzlich zu spät, etwas zu tun. So sind Ernährung und Bewegung das ganze Leben über wichtige Bestandteile aller Therapien. „Es geht“ nicht ohne das Zutun des Menschen: Weder in der Hypertonietherapie noch bei Hyperlipidämien und Diabetes ist eine medikamentöse Therapie allein ausreichend.
Interessanterweise bevorzugen weltweit in allen Kulturen Frauen Ernährungsmaßnahmen und Männer Bewegungsmaßnahmen. Eine Zunahme der Muskelmasse und eine Verminderung der Körperfettmasse braucht in der Regel aber bei ALLEN Menschen beide Interventionen – unabhängig vom Geschlecht.
Die eigentliche Gewichtsreduktion kann nur mit einer „bewussten“ Ernährung“, die weniger Fett, aber auch weniger Kohlenhydrate enthält und am besten einem mediterranen Ernährungsmuster entspricht, erreicht werden. Eine solche konnte darüber hinaus bei Menschen mit Diabetes die Notwendigkeit der Verordnung von oralen Antidiabetika vermindern, insbesondere am Beginn der Erkrankung. Im Fall einer fettreduzierten Ernährung sollte die Qualität der Kohlenhydrate beachtet werden (vor allem komplexe Kohlenhydrate, möglichst wenig Ein- und Zweifachzucker). Neuere Studien zeigen aber auch, dass nicht jeder von den komplexen Kohlenhydraten gleichermaßen profitiert.

Verhaltensaspekte

Wie von vielen Autoren sehr gut gezeigt wurde, geht es in der Praxis aber vor allem darum, die Patienten zu motivieren, ihre Ernährung unter Berücksichtigung der persönlichen Vorlieben zu verändern, die Energiezufuhr zu vermindern und diese Umstellung dauerhaft beizubehalten. In der Ernährungstherapie sind demzufolge heute individuell maßgeschneiderte Kostformen, die auch persönliche Vorlieben, Abneigungen, den kulturellen und religiösen Hintergrund sowie die individuelle wirtschaftliche Situation in Betracht ziehen, zu erstellen.

Supplemente

Supplemente mit vorgegebenen Inhalten können im Ersatz einzelner oder mehrerer (meist zwei) Mahlzeiten hilfreich sein („low calorie diet [LCD]“). Für kurze Zeiträume können unter ärztlicher Aufsicht bei entsprechender Eignung der Patienten auch stärker kalorienreduzierte, ketogene Kostformen („very low calorie diet [VLCD]“) eingesetzt werden. Auf diese werden dann meist wiederum die zuvor genannten LCD mit 1- bis 2-mal täglichem Mahlzeitenersatz über längere Zeiträume folgen. Es muss nochmals betont werden, dass diese Kostformen in der Regel nur unter ärztlicher Aufsicht erfolgen dürfen und einer solchen auch bedürfen, um erfolgreich zu sein.

Bewegung

Bewegung im aeroben Bereich ist besonders zur Verminderung des Körperfettes geeignet. Bei dem häufigen MUSKELMANGEL (SARKOPENIE) ist ganz besonders auf eiweißreiche Ernährung in Verbindung mit Muskelaufbau durch unterstützendes Krafttraining zu achten. Einen besonders wichtigen Faktor stellt neben der Muskelmasse die Muskelkraft dar, die zum Beispiel mit einem Handgrip-Test überprüft werden kann. Insbesondere im Alter ist die körperliche Fitness von besonderer Bedeutung für die Lebenserwartung.

Monitoring bei Gewichtsreduktion

Bei Gewichtsreduktionen sollte nicht nur das Gewicht kontrolliert werden. Die zusätzliche Messung von Bauch- und Hüftumfang lässt uns verstehen, WO Fett ab-genommen wird – schließlich ist die Verminderung des viszeralen Fettes, mit der der Bauchumfang sehr gut korreliert, am bedeutsamsten. Eine zusätzliche Messung der Bio-Impedanz (BIA) lässt uns verstehen, ob mehrheitlich Fett oder Muskel vermindert werden. Letzteres hat Bedeutung hinsichtlich der Beratung über Eiweißzufuhr und körperliche Bewegung.

Fazit

Ernährungs- und Bewegungsbehandlung sind – unter entsprechender ärztlicher und diätologischer Betreuung – hervorragend geeignet, Stoffwechselkrankheiten und zahlreichen anderen Folgen zunehmenden Gewichtes vorzubeugen beziehungsweise die Folgen zu vermindern. Eine bewusste Ernährung und das Wieder-Entdecken von Bewegung sind daher wichtige Bedürfnisse des Menschen, die nicht genug gefördert werden können.

 

Tipps für die Praxis

  • Ermittlung der aktuellen Ernährung und Bewegung
  • Ermittlung der psychosozialen Situation und Stressfaktoren für Verhaltenstherapie
  • Wassertrinken ins Zentrum rücken
  • Basis der Ernährung mit Gemüse legen, auf Eiweißzufuhr und essenzielle Nährstoffe achten, weniger Kohlenhydrate und Fett
  • Bewegung – Ausdauer und Kraft (je nach Muskelmasse und Funktion)