Je größer die Hämorrhoiden, umso intensiver die Therapie

Wie wird die Diagnose bei einem Hämorrhoidalleiden gestellt?

Assoc. Prof. Riss: Zu den klassischen Symptomen zählen anale Blutungen – die entweder beim Abwischen nach dem Stuhlgang oder als Blutauflagerungen sichtbar werden, Juckreiz, Brennen, Dyskomfort und manchmal auch Schmerzen. Es lassen sich vier Schweregrade unterscheiden, die durch das Ausmaß des Prolapses beim Pressen und durch die Reponierbarkeit gekennzeichnet sind und letztlich die Therapie bestimmen. Im ersten Stadium sind die Hämorrhoiden nicht sichtbar, während sie sich im vierten Stadium ohne Eingriff nicht mehr reponieren lassen.

Welche wichtigen Differenzialdiagnosen gilt es zu beachten?

Nicht alles, was juckt, sind Hämorrhoiden. Wichtige Erkrankungen, die zu einer ähnlichen Symptomatik führen, sind etwa Analfissuren, Analprolaps, Fisteln oder auch ein Analkarzinom – und diese gilt es auszuschließen. Deshalb ist es so wichtig, dass neben der Anamnese auch eine klinische Untersuchung stattfindet. Mit einem kurzen Blick auf die Analregion und einer digital-rektalen Untersuchung lassen sich Auffälligkeiten erkennen – das dauert gerade einmal 5 Minuten.
Erhärtet sich in der klinischen Untersuchung der Verdacht auf ein Hämorrhoidalleiden, kann die Therapie auch ohne vorangegangene Proktoskopie gestartet werden. Spätestens, wenn keine Besserung eintritt, ist eine Überweisung zum Facharzt aber in jedem Fall sinnvoll.
Darüber hinaus sollten alle Warnsymptome, die potenziell mit bösartigen Erkrankungen zu tun haben, abgeklärt werden. Bei Blutungen wird in Abhängigkeit von Alter und Voruntersuchungen eine Darmspiegelung angeordnet, um ein Kolonkarzinom auszuschließen.

Wie wirksam ist die konservative Hämorrhoidentherapie?

Die konservative Therapie besteht aus drei Säulen: diätische, topische und systemische Maßnahmen. In puncto Ernährung wird eine ballaststoffreiche Kost empfohlen sowie Quellstoffe wie Leinsamen oder Flohsamen, die den Stuhl weich machen. Aus Metaanalysen weiß man, dass diese Maßnahmen in allen Stadien der Erkrankung einen positiven Effekt haben.
Die Salben, Zäpfchen und Sitzbäder, die am Markt zur Verfügung stehen, haben eine kühlende, entzündungshemmende und/oder lokal schmerzmildernde Wirkung. Hier ist die Datenlage zwar dürftig, bei gelegentlichen Schmerzen kann diese symptomatische Behandlung aber ausreichend sein.
Zur dritten Säule zählen die Flavonoide, die in Tablettenform eingenommen werden. Auch hier gibt es gute Daten aus mehreren Studien zu MPFF (mikronisierte purifizierte Flavonoidfraktion), die zeigen, dass Flavonoide sowohl die Beschwerden lindern als auch nach einem chirurgischen Eingriff gut wirksam sind.

Wo sind die Grenzen der konservativen Therapie?

Grundsätzlich gilt: Je größer die Hämorrhoiden, umso intensiver muss die Therapie werden. Wenn mit der konservativen Therapie kein Auslangen gefunden werden kann, kommen bei erst- oder zweitgradigen symptomatischen Hämorrhoiden interventionelle Maßnahmen wie Sklerosierung oder Gummibandligatur zum Einsatz. Beim dritt- oder viertgradigen Hämorrhoidalleiden ist oft ein operatives Vorgehen indiziert. Wer sich noch genauer zu den Therapieformen und allgemein zum Thema informieren möchte, dem kann ich das neue E-Learning mit dem Titel „Hämorrhoidalleiden“ von der Arbeitsgemeinschaft für Coloproktologie ans Herz legen – zu finden unter: www.meindfp.at. Zusätzlich zum Literaturstudium wurde ein sehr ansprechendes Video zu den Therapiemöglichkeiten gedreht.

Vielen Dank für das Gespräch!