PAVK – Fokus auf die unteren Extremitätenarterien

Die Prävalenz der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK) ist stark altersabhängig und wird mit ca. 3–10% in der Gesamtbevölkerung bzw. 15–20% bei den über 70-Jährigen angegeben.1 Typische Risikofaktoren für die pAVK sind Rauchen, Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie und Hyperlipidämie. Während bei den Rauchern der proximale Typ mit Befall der Becken- und Oberschenkelarterien überwiegt, weisen Diabetiker häufig Obstruktionen im Bereich der Unterschenkelgefäße auf.

Die klassische Stadieneinteilung nach Fontaine ist in der Tabelle wiedergegeben. Die weitaus größte Zahl der Patienten befindet sich im asymptomatischen Stadium I (ca. 80%). Bei etwa 15% bestehen belastungsabhängige Schmerzen im Bereich der unteren Extremitäten, welche als Claudicatio intermittens oder Schaufensterkrankheit bekannt sind. Dabei können die Patienten im Stadium IIa noch eine ausreichende Gehstrecke zurücklegen, während im Stadium IIb die Lebensqualität durch die Schmerzen eingeschränkt ist. Nur bei etwa 5% der Patienten liegt eine kritische Extremitätenischämie vor, welche durch über zwei Wochen anhaltende Ruheschmerzen (Stadium III) oder ischämische Ulzerationen (Stadium IV) gekennzeichnet ist.

 

 

Häufig gehen fortgeschrittene atherosklerotische Veränderungen im Bereich der Extremitätenarterien mit entsprechenden Veränderungen auch in anderen Gefäßgebieten einher. Die Prognose der pAVK ist daher in erster Linie durch kardiale (55% der Todesfälle) und cerebrovaskuläre Ereignisse (15% der Todesfälle) bestimmt.1 Für die Stadien I und II wird eine Fünf -Jahres-Mortalität von ca. 30% angegeben, im Stadium der kritischen Extremitätenischämie (III und IV) liegt diese mit über 50% sogar deutlich höher als bei vielen Tumorerkrankungen.1 Die Diagnostik einer pAVK ist daher auch im asymptomatischen Stadium wichtig, um diese Patienten einer aggressiven risikofaktorsenkenden Therapie zuzuführen, und wird in einer aktuellen Leitlinie beim Vorliegen von Risikofaktoren (Rauchen, Diabetes mellitus) ab dem 50. Lebensjahr und generell ab dem 65. Lebensjahr empfohlen.2 Bei entsprechender Symptomatik (ab Stadium II) dient die Diagnostik auch der Einleitung einer symptomorientierten medikamentösen und gegebenenfalls interventionellen Behandlung.

In der Abbildung ist ein diagnostischer Algorithmus zur Abklärung von Patienten auf arterielle Durchblutungsstörungen der unteren Extremitäten dargestellt. Bereits die Anamnese kann wesentliche Informationen zur Abgrenzung von anderen Krankheitsbildern (z.B. belastungsabhängiger Schmerz bei pAVK vs. nächtliche Ruheschmerzen bei diabetischer Neuropathie) geben. Ebenso wertvoll ist eine genaue klinische Untersuchung inklusive der Palpation der peripheren Pulse, wodurch bereits in vielen Fällen die Etage einer Obstruktion angegeben werden kann. Im Status können auch weitere richtungsweisende Befunde wie z.B. kühle Extremitäten oder akral lokalisierte Ulcera erhoben werden. Der wichtigste apparative Test zur Diagnose einer pAVK ist der Knöchel-Arm-Index (ankle brachial index – ABI), welcher manuell mit einer CW Dopplersonde oder auch mit automatischen Messgeräten bestimmt werden kann. Dabei gilt ein ABI ≤ 0,9 (Verhältnis des am Knöchel zu dem am Arm gemessenen systolischen Blutdrucks) als beweisend für das Vorliegen einer pAVK. Insbesondere bei Diabetikern kann der ABI durch nicht komprimierbare Gefäße (Mediasklerose) allerdings falsch hohe Werte (ABI > 1,4) ergeben, welche ebenso wie grenzwertige (0,91–1,0) oder pathologische ABI-Werte weiter abgeklärt werden sollten. In erster Linie bietet sich dafür die farbkodierte Duplexsonographie als sensitive nichtinvasive Untersuchungsmethode an. Auch die segmentale Oszillographie und die Photoplethysmographie mit Bestimmung des Zehen Arm Index (TBI – toe brachial index) können weitere wichtige Hinweise bringen. Bei symptomatischen Patienten ist in der Folge oft eine Darstellung der Beinarterien mittels MRT oder CT-Angiographie zur genaueren Beurteilung insbesondere der Beckenetage und zur Interventionsplanung sinnvoll. Durch die Fortschritte in der nichtinvasiven Diagnostik wird die konventionelle digitale Subtraktionsangiographie heute praktisch nur dann eingesetzt, wenn eine endovaskuläre Behandlung möglich und angezeigt erscheint.

 

 

Die Therapie der pAVK orientiert sich nach dem klinischen Stadium und ist als stufenweiser Algorithmus in der Tabelle angegeben. Die Basis stellt auch beim asymptomatischen Patienten in Anbetracht des hohen kardiovaskulären Risikos eine aggressive Risikofaktorsenkung dar. Diese beinhaltet die Gabe eines Thrombozytenfunktionshemmers und eines Statins (LDL Therapieziel < 100mg/dl, optimal < 70 mg/dl)3 für alle Patienten und unterstreicht damit den Wert einer Screeninguntersuchung auf das Vorliegen einer pAVK. Zusätzlich werden der Verzicht auf jeglichen Nikotinkonsums sowie die bestmögliche Einstellung einer arteriellen Hypertonie und eines Diabetes mellitus gefordert. Im Stadium der Claudicatio intermittens ohne wesentliche Lebensstilbeeinträchtigung kommen dazu noch vasoaktive Medikamente wie Cilostazol (in Österreich nicht erhältlich) oder Naftidrofuryl sowie ein konsequent durchgeführtes Gehtraining. Im Stadium IIb der Erkrankung wird je nach subjektiver Beeinträchtigung und Anatomie der Becken- und Beinstrombahn eine lumeneröffnende Therapie mittels perkutaner transluminaler Angioplastie (PTA) mit oder ohne Stentimplantation zu diskutieren sein. Bei ischämischen Ruheschmerzen (Stadium III) sind weitere Therapiemaßnahmen angezeigt (gefäßchirurgische Eingriffe wie ein femoropoplitealer Bypass oder eine Femoralisgabelplastik, Infusionsserie mit Prostanoiden [Prostaglandin E1, Iloprost], Analgetika). Zusätzlich zu den bisher genannten Maßnahmen werden im Stadium IV mit ischämischen Nekrosen endovaskuläre und gefäßchirurgische Eingriffe auch an den Unterschenkelgefäßen zum Extremitätenerhalt und zur Vermeidung von Amputationen durchgeführt. Auch eine sorgfältig durchgeführte, stadiengerechte Lokaltherapie ist dabei von großer Bedeutung.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die pAVK eine Manifestation der Atherosklerose darstellt, welche in den allermeisten Fällen die unteren Extremitäten betrifft und mit einer vorwiegend durch kardiale Ereignisse bedingten, stark eingeschränkten Lebenserwartung einhergeht. Aus diesem Grund ist eine gezielte Diagnostik zur Einleitung einer aggressiven Risikofaktorreduktion wichtig. Je nach Stadium der Erkrankung sind in der Folge konservative (Medikamente und Gehtraining) oder auch interventionelle (PTA mit oder ohne Stentimplantation, gefäßchirurgische Eingriffe) Therapieformen angezeigt.

Literatur:
1 Norgren et al, Eur J Vasc Endovasc Surg 33 (2007); Suppl 1 S1–S75
2 Rooke et al., J Am Coll Cardiol. 58 (2011); 2020–45
3 Tendera et al., Eur Heart J. 32 (2011); 2851–2906

Abb. 1: klinisches Bild primäres RaynaudsyndromAbb. 2: klinisches Bil
d sekundären Raynaudsyndrom