Zu diesem Thema hat sich der Vorstand der ÖGPAM heuer in Bregenz wie beim „peripatein“ nachdenkend und diskutierend auf den Weg gemacht. Dieses Thema ist offensichtlich auch für Verantwortliche in der Gesundheitspolitik bedeutungsvoll. Kürzlich war in der Presse eine metaphorische Beschreibung des zukünftigen Gesundheitssystems zu lesen: „Wir dürfen vom Gesundheitssystem nicht den Mercedes in Vollausstattung erwarten. Die Aufgabe des Gesundheitssystems ist es, einen guten Standard-Golf zu liefern und nicht den Mercedes.“
Mit Hilfe einer Metapher können wir in der zwischenmenschlichen Kommunikation ein Wort aus seinem eigentlichen Bedeutungszusammenhang entleihen und so eine Brücke zwischen Problemerleben, Problemerzählen und Problemlösen bauen. Damit erleichtern wir das gegenseitige Verstehen und ermöglichen im besten Fall neue Sichtweisen.
Auch im ärztlichen Gespräch können Sprachbilder hilfreich sein, ein Anliegen auszudrücken. Diese Bilder zu explorieren braucht Unterstützung. Die oben genannte Metapher scheint auf materielle und ökonomische Aspekte hinzuweisen, wirft jedoch auch Fragen auf: „Wer ist der/die Fahrer:in des Autos, mit welcher Erfahrung, wie ist die Wegbeschaffenheit, in welcher Landschaft? Wer sind die Mitreisenden, zu welchem Ziel hin? Was hat im Kofferraum als Ausstattung für die unterschiedlichsten Leistungsanforderungen der Patient:innen Platz – für eine den Bedürfnissen und Notwendigkeiten angepasste, dem Menschen zugewandte Medizin? Die verlässliche, also kontinuierliche ärztliche Beziehung, die für die allgemeinmedizinische Versorgung typisch ist, kann z. B. die Zusammenhänge von Psychischem und Somatischem in unterschiedlichen Gesprächssituationen berücksichtigen.
Psychosomatische Kompetenz bedarf einer Haltung, die um ihren fachlichen Boden weiß. Bei allen wirtschaftspolitischen Konsequenzen: Die Beziehung zum Menschen, zum/zur Patient:in war, ist und bleibt nichtverhandelbar, will Medizin nicht inhuman erscheinen. Es gilt daher auch, die sog. „sprechende Medizin“ zu schützen und zu erhalten. Angesichts der derzeitigen Ökonomisierung in der Medizin ist es mehr denn je notwendig, im ärztlichen Gespräch auf die dafür erforderliche Zeit und Qualität zu achten. Gegenwärtig kann beobachtet werden, dass die Bereitstellung von Gesundheitsleistungen zunehmend auf nichttransparenten finanziellen Überlegungen basiert. Die Optimierung und Beschleunigung medizinischer, diagnostischer und therapeutischer Prozesse sind – wenn sie korrekt durchgeführt werden – richtig und notwendig. Man kann MRTs oder Kataraktoperationen zwar schneller planen, man kann gegebenenfalls auch schneller sprechen, aber schneller verstehen kann man leider nicht. Wenn Patient:innen Doppeluntersuchungen einfordern oder Medikamente bei somatischen oder psychischen Erkrankungen aus Befürchtungen heraus absetzen, kann nur das therapeutische Gespräch die dahinterstehenden Sorgen ernst nehmen und nutzen. Auf diese Weise trägt das ärztliche Gespräch zu einer echten Ökonomisierung und zu einem umfassenderen Verständnis der Patientenanliegen bei. Das häufig gehörte Argument: Im Wahlarztbereich „hat der/die Ärzt:in Zeit, mit Ihnen zu sprechen“, sollte nicht zum Argument werden, dass man sich die Zeit für das ärztliche Gespräch erkaufen müsse. Ein zentrales Anliegen besteht also darin, dass in einem österreichweiten Leistungskatalog auch der „sprechenden Medizin“, mit entsprechend erworbener Qualifikation, PSY-Leistungspositionen für alle Fachgruppen mit adäquater Honorierung geschaffen werden. Eine einheitliche Abrechnungsmöglichkeit für PSY-Medizin ist die Basis- und keine Luxusausstattung.