Zystische Fibrose – die häufigste der seltenen

Mit einer Inzidenz von 1 : 4.000 – nach den Daten des Neugeborenen-Screenings in Österreich – ist die zystische Fibrose (CF) von den angeborenen „rare diseases“ die am häufigsten vorkommende Erkrankung. Wenn Eltern die Aufforderung vom Neugeborenen-Screening-Labor zur Schweißtestuntersuchung erhalten, ist die Verzweiflung groß. Sie können diesen Verdacht auf CF nicht nachvollziehen, das Baby erscheint ihnen und oft auch den betreuenden Ärzten als völlig gesund. Die Wahrscheinlichkeit, dass dieses Baby CF hat, liegt dennoch bei 1 : 4. Durch den positiven Schweißtest ist die Diagnose CF gestellt, erst danach erfolgt die genetische Untersuchung zur Bestimmung der Mutation.
Bei den meisten der Kinder erkennen wir durch genaue Anamnese und Untersuchung des Säuglings die für CF hinweisenden Symptome: meist im gastrointestinalen Bereich mit auffälligen Stühlen und Koliken oder Atemauffälligkeiten. Teilweise findet sich schon bei der Erstuntersuchung eine Besiedelung mit Problemkeimen.
Je früher die Kinder zum Schweißtest in ein CF-Zentrum kommen, umso eher kann mit der Therapie begonnen werden. Das Credo des frühen Therapiebeginns sowie Anbindung an ein CF-Zentrum für regelmäßige Untersuchungen und Evaluierung der Verlaufsparameter sind die Grundpfeiler der immer besseren Lebenserwartung bei CF. Diese liegt laut CF-Foundation derzeit bei median 46 Jahren. Der frühe Therapiebeginn sollte nicht ungenutzt bleiben, auch wenn der Aufwand enorm ist und eine große Belastung für eine junge Familie darstellt.

Symptomatische Therapie von Beginn an

Das Therapiekonzept der symptomatischen Therapieschemata wird ab der Diagnosestellung durchgeführt, jedes Organ muss separat therapiert werden:
Für den Gastrointestinalbereich müssen zu jeder Mahlzeit Enzympräperate verabreicht werden, somit auch im Kindergarten und in der Schule. Täglich erfolgt die Gabe von Salz, fettlöslichen Enzymen und bei Vorliegen von cholestatischer Hepatopathie zusätzlich Ursodesoxycholsäure.
Im Bereich der Atemwege sind 2 × täglich Inhalationen zur Verflüssigung des Sekretes, eine anschließende Physiotherapie zur Reinigung der Bronchien und eventuell nachfolgend eine inhalative antibiotische Therapie durchzuführen. Die Inhalation mit Antibiotika, vor allem gegen Pseudomonas aeruginosa, ist CF-typisch, wurde mittlerweile aber auch für andere Lungenerkrankungen übernommen. Häufig müssen auch orale Antibiotika verabreicht oder, bei Besiedelung mit multiresistenten Keimen, eine intravenöse Therapie durchgeführt werden.

Kausale Therapie für viele Mutationen

Seit 10 Jahren können wir die Erkrankung auch kausal mit medikamentöser Aktivierung des defekten CFTR („cystic fibrosis transmembrane regulator proteins“) behandeln. Mittlerweise sind für 85 % der in Österreich vorkommenden CF-Mutationen Modulatoren zugelassen – je nach Produkt ab verschiedenen Altersstufen. Vor allem die Therapie mit Ivacaftor bei Gating-Mutationen und die Triple-Therapie EElexacaftor + Tezacaftor + Ivacaftor bei F508del homozygoten oder compound heterozygoten Mutationen, sind für Patienten ein „game changer“ – sie führen zu signifikanter Lungenfunktionsverbesserung, Gewichtszunahme, Reduktion der pulmonalen Exazerbationen und Verbesserung der CF-bezogenen Lebensqualität. Viele Studien konnten die positive Wirkung der Modulatoren zeigen, die auch in der Praxis bestätigt werden konnte.
Die konsequente Evaluierung der Befunde ist die Basis der Therapieanpassung, so werden regelmäßig Messungen von Gewicht, Körperlänge, BMI und Lungenfunktion, Gasauswaschmethoden („lung clearance index“, LCI), Bildgebung (Ultraschall, Lungenröntgen, -CT oder -MRT) und Keimuntersuchungen durchgeführt. Oft sieht man eine deutliche Diskrepanz zwischen der noch unbeeinträchtigten Funktion und der Struktur der Lunge, bei welcher bereits Auffälligkeiten bestehen können.

Hygiene und COVID

Zusätzlich zur Therapie sind strenge Hygieneregeln zur Vermeidung einer Besiedelung mit Feuchtkeimen oder Infektionen erforderlich, die für den Alltag sehr belastend und einschränkend sind. Eltern und Patienten müssen diesbezüglich regelmäßig geschult werden.
Seit Beginn der Corona-Pandemie gilt ein Teil dieser Hygieneregeln (wie regelmäßiges Händewaschen) auch für die Allgemeinbevölkerung. Aufgrund der selbstverständlicheren Umsetzung waren zu Beginn der Pandemie deutlich weniger CF-Patienten von COVID-19 betroffen. Insgesamt sind im europäischen Register eher milde Verlaufsformen bei CF-Kindern beschrieben. Nur bei Patienten mit „end stage lung disease“ und nach Lungentransplantation zeigt sich europaweit eine deutlich erhöhte Sterblichkeit bei COVID-Infektion. Die Empfehlungen während der Pandemie sind daher individuell und entsprechend dem Krankheitsstadium umzusetzen. So wird bei Kindern und Jugendlichen mit nicht oder nur mild beeinträchtigter Lungenfunktion nur am Höhepunkt einer Coronawelle geraten, den Kindergarten- oder Schulbesuch auszusetzen.
Um die komplexe Betreuung für CF-Patienten adäquat zu ermöglichen, ist ein multidisziplinäres Team unumgänglich. Dazu gehören neben den Medizinern auch Physiotherapeuten, Diätologen, medizinische Bioanalytiker, CF-Pflege und Psychologen. Erst die Summe ihres spezialisierten Wissens sowie der regelmäßige Austausch zwischen diesen Berufsgruppen ermöglicht die optimale Zusammensetzung der Puzzlesteinchen und somit einer personalisierten Therapie für alle Menschen mit CF.

Wissenswertes für die Praxis
  • Die Wahrscheinlichkeit der Diagnosestellung einer CF bei Aufforderung zur Schweißtestuntersuchung nach auffälligem Neugeborenen Screening beträgt 1 : 4.
  • Beginn der symptomatischen Therapie ab Diagnosestellung im Säuglingsalter
  • Kausale Therapie zur Aktivierung des CFTR -Proteins je nach Modulator ab verschiedenen Altersstufen möglich
  • Die Therapie wird konsequent den Verlaufsparametern angepasst.

Literatur bei den Verfasserinnen