Atemwegsinfekte bei Risikogruppen

Immer wieder gibt es Hinweise darauf, dass Kinder, die auf Bauernhöfen aufwachsen, seltener unter Asthma und Allergien leiden als „Stadtkinder“. Ein Erklärungsmodell dafür ist die so genannte Hygiene-Hypothese: Diese führt die Zunahme von Autoimmunkrankheiten wie Asthma etc. auf die möglichst keimfrei gehaltene Umgebung bei Säuglingen und Kleinkindern zurück. Das Ergebnis einer aktuellen Studie*, die von Wissenschaftlern aus Deutschland und den USA an Mäusen durchgeführt wurde, untermauert diesen Ansatz. Ihre Untersuchung hat gezeigt, dass ein früher Kontakt mit Keimen bei Mäusen Immunzellen reguliert und so die Tiere vor Krankheiten wie Asthma oder entzündlichen Darmerkrankungen schützen kann. Die Forscher betonen, dass es nun zu untersuchen gilt, ob diese Ergebnisse wirklich auf den Menschen umgelegt werden können.

Vermehrt Asthmaanfälle im Winter

Sollte die Hygiene-Therapie endgültig verifiziert werden, kann daraus vielleicht eine neue Therapieform für Asthma und andere Autoimmunerkrankungen abgeleitet werden. Bis es so weit ist, kann Asthma mit den herkömmlichen Therapien zwar gut unter Kontrolle gehalten werden, die Erkältungszeit jetzt im Winter stellt jedoch für viele Betroffene eine Herausforderung dar, denn eine virale Erkältungsinfektion kann bei Asthmatikern verstärkt zu Anfällen führen. Dabei ist es oft nur schwer abgrenzbar, ob es sich um eine Bronchitis oder einen Asthmaanfall handelt (siehe Kasten). Ärztliche Abklärung ist anzuraten! Grundsätzlich sollten Asthmatiker – wie andere chronisch Kranke auch – verstärkt versuchen, eine Infektion zu vermeiden. Dazu hilft es, Menschenmassen während der Erkältungssaison so gut es geht zu vermeiden und sich häufig die Hände zu waschen.

Vorsicht bei Selbstmedikation!

Hat es einen Asthmatiker doch erwischt, sollte dieser bei der Selbstmedikation einer Erkältung besondere Vorsicht walten lassen. „Personen, bei denen Asthma oder COPD vorbekannt ist, sollte geraten werden, ihre ‚Lungenmedikamente‘ regelmäßig weiter einzunehmen bzw. zu inhalieren“, betont Priv.-Doz. Dr. Arschang Valipour, Oberarzt am Ludwig-Boltzmann-Institut für COPD und Pneumologische Epidemiologie, Otto-Wagner-Spital, Wien. Vor allem Asthmatiker neigen dazu in ‚guten Tagen‘ auf die Asthma-Behandlung zu verzichten; bei einer Erkältung treten jedoch die Asthmabeschwerden wieder in den Vordergrund, so dass die Fortführung der Inhalationstherapie erforderlich ist. „Im Gegensatz zu ansonsten gesunden Personen sollte chronischen Patienten mit Asthma oder COPD geraten werden, im Rahmen eines Infekts ihre(n) betreuenden Lungenfacharzt/Lungenfachärztin aufzusuchen. In manchen Fällen kann eine Lungenfunktionsprüfung oder eine Lungenröntgenaufnahme gerechtfertigt sein“, so der Experte.

Keine ätherischen Öle verwenden

Grundsätzlich ist das Inhalieren mit Kochsalzlösung auch für Asthmatiker eine gute Empfehlung als Unterstützung für die Atemwege. Mittel mit ätherischen Ölen (vor allem Menthol) sollten bei Asthma nicht eingesetzt werden, denn sie können einen Bronchienspasmus, eine Verkrampfung von Lunge und Bronchien, auslösen. Hustenblocker sind umstritten, da diese das Abhusten des Schleims bremsen. Um einen ruhigen Nachtschlaf zu gewährleisten, empfiehlt sich in vielen Fällen eine nächtliche Therapie.
„Bedauerlicherweise ist die klinische Evidenz für ‚Erkältungsmittel‘ sehr gering, im Alltag haben viele Präparate jedoch einen hohen Stellenwert. Substanzen, die darauf abzielen, das Immunsystem zu stärken, können grundsätzlich verabreicht werden“, empfiehlt Valipour. Jedoch nicht alles, was pflanzlich sei, müsse auch gut sein. „In den letzten Jahren wurden auch teils schwerwiegende Nebenwirkungen durch die Anwendung von pflanzlichen Arzneistoffen beobachtet, beispielsweise für Ginkgo und Johanniskraut“, so Valipour weiter. Bei der Verwendung von Phytopharmaka muss daher unterschieden werden, ob die Präparate grundsätzlich antiphlogistisch (z. B. Cineol, Myrtol, …), antimikrobiell (z. B. Thymian) oder sekretolytisch wirken. Hier ist die fachkundige Beratung der Patienten erforderlich.

COPD-Patienten anfällig für Atemwegsinfekte

Personen mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) sind im Vergleich zur Normalbevölkerung nicht nur anfälliger für Atemwegsinfekte, sie benötigen auch mehr Zeit für die Genesung. So kann sich ein grippaler Infekt bei einem COPD-Patienten über mehrere Wochen hinziehen. Viele Betroffene gehen aber davon aus, dass bei ihnen eine Erkältung ebenso banal verläuft wie bei anderen. Daher greifen sie häufig zunächst zur Selbstmedikation und suchen erst nach mehreren Wochen einen Arzt auf. Da aber COPD-Patienten eine vorgeschädigte Lunge aufweisen, ist es von großer Bedeutung, bei einem Atemwegsinfekt frühzeitig ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dies kann auch verhindern, dass sich aus der viral verursachten Erkältung ein bakterieller Atemwegsinfekt entwickelt, was bei COPD-Patienten bei Weitem häufiger der Fall ist als bei Personen mit gesunder Lungenfunktion. Im Rahmen von Exazerbationen kann es zudem zu einer Zunahme der Atemnot bis hin zu bedrohlichen Anfällen kommen (gilt auch für Asthma-Betroffene). Dies kann durch eine frühzeitige Therapie ebenfalls oftmals vermieden werden.

Auch im Winter allergische Rhinitis in Betracht ziehen!

Am Beginn der Heizsaison ist die Belastung durch Hausstaubmilben besonders hoch, denn durch einen Zykluswechsel wird das Allergen der Hausstaubmilbe „aktiv“: Im feucht-warmen Sommer haben sich die Milben besonders stark vermehrt, die Eiweißstoffe ihrer Ausscheidungen weisen eine hohe allergene Potenz auf. Im Herbst, mit dem Aufdrehen der Heizung und der trockeneren Raumluft, zerfallen die Milben-Kotbällchen in kleinste Teilchen, die besonders lange in der Luft bleiben. Diese werden mit dem Staub aufgewirbelt und gelangen so über die Atemluft auf die Schleimhäute der Augen, der Nase und der Atemwege. Die möglichen Folgen für viele Allergiker sind Fließschnupfen, Niesattacken, tränende Augen und in schlimmeren Fällen Atemnot und Asthmaanfälle. Vor allem Kinder reagieren oftmals allergisch auf Milben, etwa. jedes fünfte Kind ist bereits gegen diverse Allergene sensibilisiert.

 

Abgrenzung Erkältung und COPD?

Husten im Winter, vor allem lang anhaltender, ist nicht immer Folgeerscheinung eines grippalen Infekts. Möglicherweise handelt es sich auch um ein erstes Anzeichen für COPD. Dies ist vor allem in Betrachtung zu ziehen, wenn der Betreffende Raucher ist.
COPD ist durch die so genannten „AHA“-Symptome gekennzeichnet:

  • Atemnot bei körperlicher Belastung
  • Husten, vor allem am frühen Morgen
  • Auswurf

Haben Sie bei einem Kunden den Verdacht, es könnte eine COPD bestehen, sollten Sie empfehlen, die Lungenfunktion bei einem Arzt überprüfen zu lassen.

Abgrenzung Bronchitis und Asthma

Die Unterscheidung zwischen akuter Bronchitis und Asthma ist oftmals schwer. Patienten mit Asthma verspüren neben den Hustenattacken häufig auch ein Druckgefühl im Brustkorb, manchmal auch leichte Atemnot bei Belastung. Darüber hinaus besteht die Erkrankungsdiagnose meist schon seit längerer Zeit, die „Asthmabeschwerden“ sind den Patienten oft bekannt. Ein weiterer Hinweis, ob es sich um eine Bronchitis oder Asthma handelt, liefert die Farbe des ausgehusteten Schleims. Bei akuter Bronchitis ist der Auswurf häufig gelb, hellgrün oder dunkelgrün; bei Asthmatikern hingegen eher zäh, milchig-weiß oder klar. Personen mit akuter Bronchitis fühlen sich auch allgemein körperlich geschwächt, Muskelschmerzen und Müdigkeit sind keine Seltenheit. Wenn Personen über mehrere Wochen husten, sollte eine chronische Bronchitis mittels Lungenfunktion bzw. andere Ursachen mittels Röntgenaufnahmen ausgeschlossen werden.

 

* „Microbial Exposure During Early Life Has Persistent Effects on Natural Killer T Cell Function”, Torsten Olszak, Richard S. Blumberg et al., Science 27 April 2012:489–493. Published online 22′ March 2012