Hartinger-Klein: „Selbstbehalte sind für mich kein Thema“

Die Sozialversicherungsreform wurde im Parlament beschlossen. Was kommt jetzt?

Beate Hartinger-Klein: Es geht nun darum, den Überleitungsausschuss zu installieren und die Sozialversicherungskörper zu besetzen, damit mit 1.1.2020 die neue Organisation ins Laufen kommt. Das wird ein herausfordernder Prozess. Ich bin aber überzeugt, dass wir das gut hinbekommen werden.

Der Bundeskanzler will eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge – wie kann das bei steigenden Gesundheitsausgaben funktionieren ohne Kürzungen?

Hartinger-Klein: Im Rahmen der Diskussion zur Steuerreform war es ein Thema – für Bezieher kleiner Einkommen. Die Einnahmenstruktur im Gesundheitswesen und der Versicherungen darf sich dadurch aber nicht verändern. In welcher Form man das ausgleicht, wird noch diskutiert. Die Einnahmen dürfen jedenfalls nicht sinken.

Bedeutet das Selbstbehalte?

Hartinger-Klein: Man kann nicht einen Changeprozess einleiten und die Einnahmen senken. Das hält das System nicht aus, und das ist mit dem Koalitionspartner auch so besprochen. Selbstbehalte sind für mich kein Thema. Im Rahmen der Regierungsklausur wurde beschlossen, dass die Einnahmen der Sozialvericherung gleich bleiben sollen.

Das würde in Summe für den Steuerzahler aber nichts bringen.

Hartinger-Klein: Da gebe ich Ihnen recht. Das ist aber eine Berechnung, die der Finanzminister machen muss.

Für Aufregung im Hinblick auf Zwei-Klassen-Medizin hat die Änderung der Sonderklasse für Spitalsambulanzen gesorgt …

Hartinger-Klein: Die Sonderklasse im Ambulanzbereich hat nichts mit Fast Line und gesonderten Wartebereichen zu tun. Mir geht es darum, dass Sonderklassepatienten, die tagesklinisch behandelt werden könnten, jetzt stationär aufgenommen werden müssen, damit die Verrechnung funktioniert. Das Ziel ist, dass diese Patienten ambulant behandelt werden und nicht stationär aufgenommen werden müssen. Am Ende kann es sogar sein, dass dadurch anteilig Betten frei werden. Damit haben wir auch weniger Gangbetten.

Die Ärztekammer warnt vor einem Ärztemangel …

Hartinger-Klein: Ich sehe die Entwicklung sehr entspannt – wir haben in Europa die höchste Ärztedichte. Seit dem Jahr 2000 haben wir um 37 Prozent mehr Ärzte, und nur 1,4 Prozent der Kassenstellen sind unbesetzt. Die Wirtschaft wäre froh, wenn nur 1,4 Prozent der Mitarbeiter fehlen würden. Wir bilden jetzt bis zu 1.500 Ärzte pro Jahr aus. Das müsste sich mit den nachzubesetzenden Stellen ausgehen. Wir müssen aber darauf achten, dass die jungen Ärzte im Land bleiben, und dafür auch Anreize schaffen. Das geschieht nicht zuletzt auch durch die Sozialversicherungsreform.

Ein Thema für 2019 soll die Pflege sein?

Hartinger-Klein: Ja, da wird die Herausforderung die Finanzierung sein und die Frage, welche Anreize man auch schafft, damit man Menschen zu Hause pflegt. Mir geht es um Qualität und die Pflegeausbildung. Wir brauchen mehr Leute. Wichtig ist mir auch die Triagierung in der Pflege und die Frage, was ein Patient wirklich braucht. Man muss sich das jeweils individuell ansehen können.