Mikronährstoffe im Alter

Energie- und Nährstoffbedarf im Alter

Laut Schätzungen ist mehr als jeder zehnte Pflegeheimbewohner ab 65 Jahren chronisch mangelernährt. Neben der kalorischen Unterversorgung mangelt es an wichtigen Vitaminen und Mikronährstoffen, was wiederum das Risiko für zahlreiche chronische Erkrankungen erhöht. Naturgemäß sinkt der Energiebedarf im Alter, doch der Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen bleibt praktisch konstant hoch bzw. steigt sogar tendenziell an. Daher benötigen Senioren eine Kost mit einer hohen Nährstoffdichte, die teilweise nur mit gezielter Lebensmittelauswahl oder Supplementen erreicht werden kann. Besonders geeignet sind diesbezüglich gut verdauliche Gemüsesorten, Blattsalate, fein gemahlene Vollkornprodukte, hochwertige Pflanzenöle, fettarme Milchprodukte, mageres Fleisch, Fisch, Eier, Nüsse, Gemüsesäfte, in Maßen frisches Obst und gut verträgliche Hülsenfrüchte wie Erbsen oder Linsen. Dazu ein Tipp: Getrocknete Hülsenfrüchte in Wasser über Nacht quellen lassen, anschließend gut abspülen und weichkochen. Was die Nährstoffe betrifft, so ist tiefgekühlte Ware, insbesondere Erbsen, den Dosenprodukten vorzuziehen.

Kritische Mikronährstoffe

Laut Österreichischem Ernährungsbericht zeigt jeder Fünfte ab 65 Jahren einen geringen Blutspiegel an Vitamin D, Kalzium, Zink, Selen und Beta-Carotin. Bei rund 5–20 % war in Untersuchungen die Versorgung mit Vitamin B6, Folsäure, B12 und Eisen zu gering, weniger als 5 % waren mit Magnesium, Kalium, die fettlöslichen Vitamine A und K sowie einige B-Vitamine mangelhaft versorgt.

Zink und Selen für ein starkes Immunsystem

Diese beiden Spurenelemente sind für ein aktives Immunsystem besonders wichtig. Es handelt sich nicht nur um effektive Antioxidanzien, sondern auch um besonders kritische Mikronährstoffe im Alter. Zur Immunstimulation werden gemeinsam mit weiteren Antioxidanzien wie Vitamin C (500 mg–2 g/Tag), Vitamin E (100–300 I. E./Tag) oder bioaktive Pflanzenstoffe (50–100 mg/Tag) rund10–20 mg Zink und bis zu 100 μg Selen pro Tag empfohlen.

Vitamin D – chronische Unterversorgung

Gerade ältere Menschen zeigen jahresunabhängig einen zu niedrigen Vitamin-D-Spiegel. Vitamin D regelt den Stoffwechsel von Kalzium und Phosphat und fördert Aufbau und Erhalt der Knochen. Ein klassisches Zeichen einer schweren Vitamin-D-Unterversorgung ist neben einer Mineralisationsstörung der Knochen mit erhöhtem Frakturrisiko eine erhöhte Infektanfälligkeit sowie eine ausgeprägte Myopathie. Der Tagesbedarf liegt laut heutigem Stand der Ernährungsgesellschaft für Deutschland, Österreich und der Schweiz bei 20 μg (800 I. E./Tag). Bei den über 65-Jährigen erreichen nur 3–6 % die empfohlene Zufuhr.
Zwischen dem Spurenelement Magnesium und Vitamin D gibt es zahlreiche Wechselwirkungen. Da die Verstoffwechslung von den Vorstufen in den aktiven Vitamin-D-Metaboliten magnesiumabhängig ist, kann ein niedriger Magnesium-Status zu einem Vitamin-D-Defizit führen wie auch eine mangelhafte Versorgung mit Vitamin D eine Hypomagnesiämie fördert.

Insbesondere in puncto kardiovaskuläre Gesundheit wirken Vitamin D und Magnesium synergistisch. So kann bei Patienten mit Hypertonie und Herzinsuffizienz ebenso wie bei Patienten mit metabolischem Syndrom und Diabetes gehäuft ein Magnesium- und ein Vitamin-D-Defizit nachgewiesen werden. Sinnvoll erscheinen kontinuierliche Magnesiumgaben als gut verträgliche organische Verbindung (-citrat, -aspartat, -glycinat …) in der Höhe von 300–400 mg/Tag.

Vitamin D und Vitamin K

Vitamin D fördert nicht nur die Aufnahme von Kalzium, sondern initiiert u. a. die Bildung von Matrix-GLA-Protein (MGP) und Osteocalcin. Beide Proteine sind in erster Linie für die Einlagerung der Mineralien in den Knochen verantwortlich und werden durch Vitamin K2 aktiviert. Aus diesem Grund ist die Knochengesundheit nicht nur von der ausreichenden Versorgung mit Vitamin D und Kalzium, sondern auch mit Vitamin K2 und Magnesium abhängig.

Vitamin K1 oder K2

Vitamin K1 kommt v. a. im grünen Gemüse vor und lässt sich gut und ausreichend über die Nahrung aufnehmen. Vitamin K2 hingegen führt ein Schattendasein und wird ausschließlich über fermentierte Produkte wie Miso, Tofu, Kimchi u. Ä. konsumiert. So bleibt in unseren Breiten als einzig nennenswerte Vitamin-K2-Quelle die körpereigene Produktion durch eine gesunde (!) Darmmikrobiota. Vorbeugend ist die tägliche Aufnahme von 0,5–1 μg Vitamin K2 pro Kilogramm Körpergewicht empfehlenswert. Hier ist das Vitamin K2 als MK-7 trans (Menachinon-7) aufgrund der höheren Bioverfügbarkeit und Halbwertszeit zu bevorzugen. Tipp: Bei der Einnahme von mehr als 4.000 I. E. Vitamin D3 pro Tag ist pro 800 I. E. Vitamin D3 die Ergänzung mit etwa 20 μg Vitamin K2 ratsam.


Literatur:

  • Rust P, Hasenegger V, König J, Österreichischer Ernährungsbericht 2017. Department für Ernährungswissenschaften, Universität Wien
    AGES: Wissenschaftliche Aufbereitung für Empfehlungen „Ernährung im Alter in verschiedenen Lebenssituationen“ 2014
  • Winkler P, Pochobradsky E, Wirl C, Gesundheit und Krankheit der älteren Generation in Österreich, 2. Auflage. Bundesministerium für Gesundheit 2015
  • Sato T, Schurgers LJ, Uenishi K et al., Comparison of menaquinone-4 and menaquinone-7 bioavailability in healthy women. Nutr J. 2012(11):93
  • Gröber U, Reichrath R, Holick MF et al., Vitamin K: an old vitamin in a new perspective. Dermatoendocrinol. 2015 Jan 21; 6(1):e968490
  • Knapen MH, Drummen NE, Smit E et al., Three-year low-dose menaquinone-7 supplementation helps decrease bone loss in al women. Osteoporos Int. 2013 Sep; 24(9):2499–507