Wege zum gesunden Altern

Die Lebenserwartung in Österreich lag im Jahr 2020 bei 83,3 Jahren für Frauen und 78 Jahren für Männer.1 Für 2019 hat die Statistik Austria errechnet, dass eine Person, die den Sterberisiken des Jugendalters entronnen ist und das 30. Lebensjahr erreicht hat, eine weitere Lebenserwartung von 53,8 Jahren (Frauen) bzw. 48,9 Jahren (Männer) hat.2 Betrachtet man die Lebenszeit ohne funk­tionale Beeinträchtigungen, ergibt sich (mit Stand 2019) für Frauen eine Zahl von 58,5 Jahren und für Männer eine Zahl von 57,6 Jahren.3 Laut Eurostat betrug die Zahl der gesunden ­Lebensjahre in Österreich im Jahr 2019 58,0 Jahre bei Frauen und 56,7 Jahre bei Männern. Damit ist Österreich im europäischen Vergleich im unteren Drittel.4 Die in Gesundheit verbrachten ­Lebensjahr hinken somit der immer stärker steigenden Lebens­erwartung hinterher. Dieser Artikel soll beide Seiten beleuchten: die Risiken, die sich in gesundheitlicher Hinsicht mit fortschreitendem Alter ergeben, aber auch den positiven Aspekt, der den aktiven Senior in den Mittelpunkt stellt, bei dem oft nur kleine Schrauben gedreht werden müssen, um wieder mehr Wohlbefinden zu erlangen oder Krankheiten gut vorzubeugen.

Eigene Sicht auf Gesundheit: gemischtes Urteil

Wie sehen eigentlich Österreichs Senioren ihren eigenen Zustand? Der persönliche Gesundheitszustand wird laut einem Bericht zur Gesundheit und Krankheit der älteren Generation in Österreich von über 50 % der 65–74-Jährigen als gut beurteilt. Dieser Bericht wurde im Jahr 2012 erstmals veröffentlicht und liegt als 2015er-Ausgabe vor. Der Zahl an Sich-­gesund-Fühlenden stehen 10 % gegenüber, die sich gesundheitlich schlecht oder sehr schlecht fühlen. Die häufigsten chronischen Beschwerden in der Bevölkerungsgruppe der 65–74-Jährigen sind Wirbelsäulenprobleme und Hypertonie. Davon ist rund die Hälfte der Senioren in diesem Alter betroffen. Arthrose und rheumatoide Arthritis sind für über 40 % der Frauen und 25 % der Männer ein Problem. Ein Viertel der Frauen von 65 bis 74 leidet an Osteoporose. Ein nahezu ebenso großer Prozentsatz wird von regelmäßiger Migräne und von Allergien geplagt. Weiters spielen Schmerzen eine bedeutsame Rolle im Leben der heimischen Senioren. Innerhalb des Jahres vor der Befragung litt rund die Hälfte an Schmerzen in erheblicher Form. Schmerzen sind jedoch nicht die häufigste Ursache für einen Krankenhausaufenthalt.

Am häufigsten sind dafür nämlich Herz-Kreislauf-Beschwerden und Erkrankungen des Bewegungs- und Stützapparates Auslöser.5

Ein außerdem nicht zu unterschätzender gesundheitlicher Faktor in dieser Altersgruppe ist das Übergewicht. Aus dem Ernährungsbericht 2017 geht hervor, wie sehr ein hohes Körpergewicht mit steigendem Lebensalter immer mehr zum Thema wird. Der Anteil adipöser Männer verdoppelt sich demnach in den Altersklassen. Im Alter von 19 bis 25 Jahren liegt er noch bei 5,4 %, von 25 bis unter 51 Jahren bei 11,8 % und in der Gruppe der 51 bis unter 65-Jährigen schon bei ­19,9 %. Bei den Frauen ist der Anstieg Übergewichtiger und Adipöser mit fortschreitendem Alter nicht ganz so stark ausgeprägt.6 Viele Folgeerscheinungen des Übergewichtes, das sich ab der Lebensmitte einstellt, werden im Seniorenalter manifest. Dazu zählen unter anderem Bluthochdruck, aber auch Wirbelsäulenbeschwerden und Arthrose. Menschen im hohen Alter sind deutlich stärker von chronischen Krankheiten betroffen, die sich auch auf die Lebensqualität im Alltag auswirken. So haben 10 bis 20 Prozent der 75- bis 84-Jährigen Probleme mit Aktivitäten des täglichen Lebens.7

Für die Durchblutung

Um im Alter geistig fit zu bleiben, ist ein gesunder Lebensstil mit reichlich Bewegung, vielseitiger Mischkost und sozialen Kontakten die Grundlage. Auch die laufende kognitive Herausforderung erweist sich als sinnvoll. Darüber hinaus hilft mit Ginkgo eine alte Arzneipflanze dabei, die Mikrozirkulation in Schwung zu halten. Standardisierte Extrakte wurden von der ESCOP (European Scientific Cooperative on Phytotherapy) in einer Monografie sogar zur symptomatischen Behandlung bei leichtem bis mittlerem demenziellem Syndrom, vaskulärer Demenz und Mischformen empfohlen. Die Extrakte können auch bei hirnorganisch bedingten Leistungsstörungen sowie allgemein zur Verbesserung der kognitiven Leistung eingesetzt werden.8

Eine gute Option zur Förderung des ­Blutflusses sind hochwertige langkettige Fettsäuren. Die Omega-3-Fettsäuren ­Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) verbessern die Fließ­eigenschaften des Blutes. Auch Knoblauchextrakte sind dazu in der Lage. Vielpflanzengemische aus der traditionellen tibetischen Medizin bewähren sich bei leichten Durchblutungsstörungen.

Stimulierung der Autophagie als Jungbrunnen

Jede Zelle des Körpers enthält Spermidin. Mit fortschreitendem Alter steht den Zellen jedoch immer weniger von dieser Substanz zur Verfügung. Spermidin wird eine lebensverlängernde Wirkung nachgesagt. Daher beschäftigen sich immer mehr Studien mit dem sogenannten „Stoff der Jugend“. Eine Studie kam zu dem Ergebnis, dass ein höherer Spermidinkonsum mit einer niedrigeren Sterblichkeit in Verbindung steht. Sie legt nahe, dass Menschen, die viel Spermidin über die Nahrung zuführen, bis zu fünf Jahre länger leben, verglichen mit jenen, die wenig Spermidin aufnehmen.9

Spermidin kann in der Zelle die Autophagieprozesse aktivieren. Dieser Prozess findet zum Beispiel beim Fasten statt. Die Körperzellen bauen beschädigte oder unnütze Zellbestandteile ab, die wieder für neue Syntheseprozesse verwertet werden können. Das ist insofern wichtig, da beschädigtes Zellmaterial, das nicht abgebaut wird, mitunter Auslöser von altersbedingten Krankheiten sein kann. Der Spermidingehalt im menschlichen Körper wird über drei Quellen beeinflusst: zum einen über die körpereigene Produktion, zum anderen über die Spermidinzufuhr über die Nahrung sowie über die Produktion durch die Darmbakterien. Im Durchschnitt liegt die tägliche orale Spermidinzufuhr je nach Lebensmittelauswahl zwischen 7 und 25 mg. Spitzenreiter unter den spermidinreichen Nahrungs­mitteln sind Weizenkeime sowie gereifter Käse, Pilze und Hülsenfrüchte. Als Ergänzung wird eine tägliche Aufnahme von 1–3 mg Spermidin empfohlen.

Schwindel abklären

Schwindel und Gangunsicherheit sind mit zunehmendem Alter häufige Lebensbegleiter. Das gilt besonders für Menschen über 75. Die Beschwerden deuten oftmals auch auf potenzielle Erkrankungen und Störungen hin und sollten ärztlich abgeklärt werden. Mögliche Ursachen sind Defizite in den peripher- und zentralsensorischen Funktionen, muskuloskelettale Insuffizienzen wie Arthrose und Sarkopenie sowie kognitive und psychische Störungen wie Angst und Demenz. Als hilfreich für den Alltag erweisen sich homöopathische Zubereitungen.

Prostata unterstützen

Mit zunehmendem Alter kommt es zu einer Vergrößerung der Prostata, woraufhin sich Beschwerden der unteren Harnwege (Lower Urinary Tract Symptoms, LUTS) einstellen können, u. a. Schwierigkeiten beim Harnlassen, abgeschwächter Harnstrahl, nachtröpfelnder Urin, Restharnempfinden und häufige nächtliche Miktion. Prophylaktisch oder bei beginnenden leichteren Beschwerden kann phytotherapeutisch mit Kürbissamen, Sägepalmenfrüchten und Brennnesselwurzel eine Behandlung begonnen werden. Kürbissamen zeigen einen stärkenden Effekt auf die Muskulatur der Blase. Bei oraler Gabe des öligen Auszugs der Früchte der Sägepalme wurde ein antiandrogener Effekt nachgewiesen, der durch eine Hemmung der 5-α-Reduktase sowie Bindung von Dihydrotestosteron an Androgenrezeptoren erklärt wird. Dies führt zu einem Rückgang der Miktionsbeschwerden und einer Senkung der Restharnmenge in der Blase. Die Brennnesselwurzel erhöht das Miktionsvolumen und senkt die in der Blase verbleibende Harnmenge. Vitamin D, Antioxidanzien, die Aminosäure L-Arginin sowie Ellagsäure aus dem Granatapfel eignen sich ebenfalls zum prophylaktischen Schutz der Prostatazellen.

Bewegungsempfehlungen für Menschen ab 65

Wer rastet, rostet, weshalb ältere Erwachsene regelmäßig körperlich aktiv sein sollten. Vor allem der Wechsel von „körperlich inaktiv“ zu „ein wenig körperlich aktiv“ gilt dabei als wichtiger erster Schritt. Um die Gesundheit zu fördern und aufrechtzuerhalten, sind daher für Menschen ab 65 in den neuen Österreichischen Bewegungsempfehlungen (veröffentlicht 2020) muskelkräftigende Übungen an zwei oder mehr Tagen pro Woche vorgesehen. Dabei sollten alle Muskelgruppen berücksichtigt werden. Zudem sollte mindestens 150 bis 300 Minuten pro Woche ausdauerorientierte Bewegung mit mittlerer Intensität durchgeführt werden. Auch eine Kombination von mittlerer und höherer Intensität ist in den Empfehlungen enthalten. Ein zusätzlicher gesundheitlicher Nutzen wird bei Steigerung des Bewegungsumfanges über 300 Minuten pro Woche erzielt. Belastung und Umfang der körperlichen Tätigkeit sollten entsprechend dem Fitnessniveau und etwaigen körperlichen Einschränkungen festgelegt werden.10

 

Seneszente Zellen eliminieren
Für gesundes Altern gibt es viele Wege und Möglichkeiten. Eine bislang noch nicht übermäßig bekannte Möglichkeit ist die Förderung der Senolyse, um der zellulären Seneszenz entgegenzuwirken. Letztere bedeutet den Verlust der Teilungsfähigkeit von Zellen. Die begrenzte Teilungsfähigkeit von Zellen ist ein natürlicher Vorgang – mit steigendem Alter ist irgendwann ein Punkt erreicht, an dem die Telomere zu kurz sind. Die Folge ist eine proinflammatorische Immunmodulation. Man vermutet, dass diese für den Alterungsprozess sehr wesentlich ist. Gelingt es, solche seneszenten, nicht mehr teilungsfähigen Zellen zu eliminieren, wäre dies der Schlüssel für ein gesundes, beschwerdefreieres Altern. Substanzen, die diesen Mechanismus in Gang setzen können, werden derzeit intensiv erforscht. Vielversprechend haben sich diesbezüglich Epigallocatechingallat aus Grüntee und Quercetin gezeigt.

 


Literatur:

  1. Lebenserwartung bei der Geburt in Österreich nach Geschlecht von 2010 bis 2020
  2. Statistik Austria: Sterbetafeln
  3. Statistik Austria: Lebenserwartung in Gesundheit
  4. Eurostat: Healthy life years statistics, March 2021
  5. Winkler P, Pochobradsky E, Wirl C, Gesundheit und Krankheit der älteren Generation in Österreich. Bundesministerium für Gesundheit, Wien 2012/Auflage Februar 2015
  6. Rust P, Hasenegger V, König J, Österreichischer Ernährungsbericht 2017
  7. https://www.gesundheit.gv.at/aktuelles/archiv-2012/seniorenbericht
  8. Kooperation Phytopharmaka GbR
  9. Wirth M, Benson G, Schwarz C et al., The effect of spermidine on memory performance in older adults at risk for dementia: A randomized controlled trial. Cortex. 2018 Dec; 109:181–188
  10. Fonds Gesundes Österreich (Hrsg.) (2020): Österreichische Bewegungsempfehlungen (Wissensband 17), Wien