Versorgung von kleinen akuten Wunden

Man ist wahrscheinlich sehr erleichtert, in der heutigen Zeit mit all ihren medizinischen Errungenschaften zu leben, wenn man zum Beispiel an die Wundversorgung im Mittelalter denkt. Denn neben dem Kauterisieren (Ausbrennen) blutender Wunden wurden auch Wundpflaster mit Exkrementen von Schweinen, Schafen und Gänsen verwendet, um die „Heilung“ zu beschleunigen. Ebenso wenig wie Tierausscheidungen gehören auch heute noch weitverbreitete Hausmittel wie Mehl, Schmalz oder Speichel zu den Mitteln der Wahl in der Wundversorgung.

Die Phasen der Wundheilung:
Bei kleinen Schnitt- oder Risswunden kommt es zu einer Verengung der Blutgefäße, wodurch die Blutgerinnungsfaktoren aktiviert werden und die Blutgerinnungskaskade ausgelöst wird. In weiterer Folge bildet sich ein rötliches, körniges Granulationsgewebe. Durch die erhöhte Produktion von Kollagenfasern werden die Wundränder zusammengezogen, und die Wunde beginnt sich zu schließen. Epithelzellen beginnen von den Rändern aus in das Granulationsgewebe einzuwachsen und bedecken schlussendlich die gesamte Wundfläche.

Wann muss ein Arzt hinzugezogen werden?

Kleine Wunden wie Schnitt-, Kratz- oder Schürfwunden können in den meisten Fällen problemlos auch ohne ärztliche Hilfe versorgt werden. Ist die Wunde jedoch stark verschmutzt, sehr tief oder klafft auseinander, so ist unmittelbar ein Arzt aufzusuchen. Das gilt auch für Wunden, deren Blutung nicht gestoppt werden kann, sowie für Augen- und Genitalverletzungen und weiters für Biss- und Stichwunden (Infektionsrisiko!). Für chronische, schlecht heilende Wunden sollte ebenso nur professionelles Wundmanagement zum Einsatz kommen, um weitere Komplikationen wie zum Beispiel langwierige Infektionen zu vermeiden.

Auf die richtige Versorgung kommt es an …

Bis vor einigen Jahren war es üblich, auf Schnitt- und Schürfwunden Puder zu streuen und die Wunde an der Luft abheilen zu lassen. Laut aktuellen Empfehlungen ist eine feuchte Wundheilung jedoch in den meisten Fällen zu bevorzugen, da das feuchte Milieu die Neubildung der Zellen fördert und das Gewebe elastisch hält. Trockener Schorf ist kaum elastisch und bricht bei mechanischer Belastung auf oder beginnt zu jucken, wodurch Krusten gerne aufgekratzt werden. In weiterer Folge verzögert sich die Wundheilung, und das Eindringen von Keimen begünstigt Infektionen.

Kleine blutende Wunden sollten sofort mit kaltem Wasser oder physiologischer Kochsalzlösung ausgespült werden. Dadurch werden Verschmutzungen entfernt, die Keimbelastung wird reduziert und der Schmerz durch die kühle Wassertemperatur ein wenig eingedämmt. Da kleine Unfälle häufig bei Ausflügen oder auf dem Spielplatz passieren, kann man zur Not zur Reinigung auch frisches Wasser aus einem Bach oder auch aus der Trinkflasche verwenden. In jeder Wanderapotheke sollte sich aber ein Desinfektionsmittel für kleine Notfälle befinden. Bei kleinflächigen Brandwunden kann auch ein Eisbeutel zur Kühlung und Schmerzlinderung aufgelegt werden, um das Aufquellen des Gewebes durch Wasser zu verhindern. Im Anschluss wird die Wunde vorsichtig trocken getupft (nicht reiben!). Die Anwendung von Desinfektionsmitteln ist bei Wunden mit erhöhtem Infektionsrisiko (zum Beispiel nach starker Verschmutzung) nötig. Alkohol, unverdünnte Jodlösungen oder Wasserstoffperoxid sollten nicht zur Desinfektion verwendet werden, da sie zelltoxisch wirken, die Haut reizen und die Wundheilung verzögern. Gut geeignet sind sind Desinfektionsmittel wie zum Beispiel Octenidin oder Povidon-Iod. Letzteres beginnt sich im Zuge seiner Wirkung zu entfärben, so sieht man sofort wann ein erneutes Auftragen nötig ist. Von stark gefärbten Desinfektionsmitteln ist eher abzuraten, da sie die weitere optische Beurteilung der Wunde erschweren.

Kleine nichtnässende Wunden werden nach der Reinigung mit einem atmungsaktiven Pflaster bedeckt, um Reibung, zum Beispiel durch Kleidung, auf ein Minimum zu reduzieren und die Wunde vor neuerlicher Verschmutzung zu schützen. Nässende Wunden sollten unbedingt mit einer geeigneten Wundauflage auf Hydrokolloidbasis abgedeckt werden, um das feuchte Wundmilieu aufrechtzuerhalten. Hydrokolloide nehmen genau die richtige Menge an Wundsekret auf und halten die Wunde dadurch weder zu trocken noch zu feucht. Weiters reduziert sich die Schorfbildung, wodurch ein stetiges Aufreißen der Kruste durch den Pflasterwechsel verhindert wird. Hydroaktive Wundgele sorgen ebenfalls für ein optimales Wundheilungsmilieu, indem sie den pH-Wert regulieren und durch Zusätze wie zum Beispiel Zink und Eisen die Gewebsneubildung beschleunigen und dabei leicht entzündungshemmend wirken. Kleine, unkomplizierte Wunden sollten nach durchschnittlich zehn Tagen vollständig abgeheilt sein.

Hydrokolloidpflaster haben sich auch bei der Versorgung von Blasen an den Füßen sehr bewährt, da sie einerseits sofort Druck und Reibung an der betroffenen Stelle lindern und andererseits ein Aufreißen der flüssigkeitsgefüllten Blase verhindern bzw. bei offenen Blasen die Wundheilung optimal fördern.