Was wirkt gegen Wadenkrämpfe?

Als „Wadenkrämpfe“ werden alle ­abrupt auftretenden, unwillkürlichen, schmerzhaften Kontraktionen eines Teils oder der gesamten Wadenmuskulatur bezeichnet, die Sekunden bis Minuten anhalten und danach spontan wieder abklingen.
Sie können idiopathisch oder symptomatisch auftreten, wobei sich die erstgenannte Variante akut und ohne erkennbare Ursache bemerkbar macht. Die mehr Frauen als Männer betreffenden Muskelkrämpfe (Crampi) treten häufig nachts auf, nehmen mit fortschreitendem Lebensalter zu und sind bei bereits bestehender Verkürzung des Muskels leichter auslösbar.

Risikofaktoren

Weiters begünstigen Risikofaktoren wie Bewegungsmangel, Alkoholkonsum, venöse oder peripherarterielle Gefäßerkrankungen, Kalzium-/Magnesiummangel, schwere Leber- und Niereninsuffizienz (Urämie, Hämodialyse) sowie periphere neurogene Läsionen die Entstehung von Wadenkrämpfen.

Symptomatische Muskelkrämpfe treten besonders in folgenden Situationen auf:

  • körperliche Arbeit oder sportliche Betätigung, vor allem unter Hitzebelastung und dadurch bedingtes starkes Schwitzen bzw. Salzverlust sowie in den ersten drei Wochen nach Trainingsbeginn
  • Hypovolämie, hypotone Dehydratation (Hyponatriämie), Kalzium- oder Magnesiummangel
  • Erkrankungen, die mit einem chronisch-neurogenen Umbau des peripheren Nervs einhergehen (Mono-/Polyneuropathien), der Nervenwurzeln oder des Arm- oder Beinplexus, Vorderhornzellschäden (Postpoliomyelitis, amyotrophe Lateralsklerose, Kennedy-Syndrom, spinale Muskelatrophie), außerdem Übererregbarkeit des peripheren Nervs (Crampus-Faszikulations-Syndrom, immunvermittelte Kanalkrankheiten
  • endokrine Erkrankungen (Hypothyreose, Hypoparathyreoidismus, Morbus Addison)
  • Schwangerschaft
  • Hämodialyse
  • Leberzirrhose
  • Alkoholkonsum
  • Einnahme bestimmter Medikamente

Bei der Arzneistoffeinnahme zeigen vor allem die Wirkstoffklassen der Amphetamine, Acetylcholinesterase-Hemmer, Diuretika, Statine, Fibrate, Kortikosteroide, β-Blocker, β-adrenerge Agonisten, Kalzium-Antagonisten, depolarisierende Muskelrelaxanzien, Opioide und Vinca-Alkaloide Muskelkrämpfe als charakteristische Nebenwirkung.

Dehnungsübungen & Co.

Als nichtmedikamentöse Behandlungsmaßnahme kann eine statische Dehnung der verkrampften Muskulatur und/oder die Anspannung der betroffenen Muskeln Erleichterung bringen und das Auftreten von Crampi reduzieren. Besonders bei nächtlichen Wadenkrämpfen können regelmäßig durchgeführte passive Dehnübungen der Wadenmuskulatur versucht werden: mehrmals am Tag wiederholtes Vorbeugen des Körpers im Stand unter Erhalt des Bodenkontakts der Fersen; durch eventuelle Abstützung der Arme an einer ca. 1 m entfernten Wand wird die Übung vereinfacht und ist so auch für ältere Personen durchführbar.

Weitere Tipps zur Lockerung der angespannten, schmerzenden Muskeln sind Massagen bzw. Einreibungen mit geeigneten analgetisch und antiinflammatorisch wirksamen Salben (beispielsweise mit dem Wirkstoff Methylsalicylat), um die lokale Durchblutung anzuregen und ein rascheres Abklingen der Beschwerden zu erreichen.

Ebenso empfehlenswert zur Vermeidung von Wadenkrämpfen sind Entspannungsübungen, Schuhanpassungen, Bäder, Gewichtsabnahme, Positionsanpassungen der Füße im Liegen zur Vermeidung der Plantarflexion, Änderungen der Schlaf- oder Sitzposition, Wärme und Orthesen.

Mineralstoffzufuhr als Therapie

Da ein bestehender Mineralstoffmangel als Ursache für symptomatische Wadenkrämpfe gilt, ist es ratsam, auf eine ausreichende Versorgung des Körpers mit Natrium, Kalium, Kalzium sowie Magnesium zu achten, welche für Muskelrelaxation und -kontraktion eine entscheidende Rolle spielen. Diese liegen zum großen Teil im Körperwasser als Elektrolyte gelöst vor und sind an der Weiterleitung von Nervensignalen an die Muskelzellen involviert. Besonders Magnesiumionen erfüllen im Organismus eine Vielzahl von Aufgaben wie Beteiligung an verschiedenen enzymatischen Reaktionen, Dämpfung der neuromuskulären Erregbarkeit durch Hemmung von Ionenkanälen, essenziell für den Aufbau von Knochen und Zähnen und sollten bei Wadenkrämpfen in Kombination mit Kalium eingenommen werden. Kalium ist der wichtigste intrazelluläre Mineralstoff unseres Körpers und unter anderem für die Aufrechterhaltung des Tonus der Skelettmuskulatur und den Aufbau von Muskelglykogen verantwortlich.

Auch wenn es widersprüchliche Daten zur oralen Therapie mit dem Mikronährstoff Magnesium gibt, so ist es für Jugendliche und Erwachsene ratsam, eine Dosis von 300 bis 400 mg täglich über mehrere Monate hinweg einzunehmen. Als eventuelle Nebenwirkungen können dosisabhängig Diarrhö sowie weitere leichtere abdominelle Beschwerden auftreten. Bei Niereninsuffizienz, Herzrhythmusstörungen oder Myasthenie soll Magnesium nicht eingesetzt werden.

Wenn alle behandelbaren Ursachen für Wadenkrämpfe ärztlich ausgeschlossen wurden und eine Magnesiumtherapie versucht wurde, kann laut der aktuellen S1-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie bei häufigen und sehr schmerzhaften Crampi Chininsulfat oder Hydrochinon in einer Dosierung zwischen 200 und 400 mg eingesetzt werden, welche bei Leberinsuffizienz, Bradykardie oder Arrhythmien sowie in der Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert sind.

Wichtig: Bei Lähmungserscheinungen im Bein, Kribbeln und Taubheitsgefühl sowie häufigen oder plötzlichen Schmerzen im Bein, Fuß oder in der Leiste ist unverzüglich ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen!