Ein Blick durchs „Nabelloch“

Von 25. bis 27. Juni 2014 lädt die Österreichische Gesellschaft für Chirurgie (OGC) zu ihrem Jahreskongress. Ein immer wichtigeres Thema ist dabei die MIC, die seit Mitte der 1980er-Jahre aus Deutschland kommend ihren Siegeszug durch die Welt angetreten hat. In Österreich vertritt die Arbeitsgemeinschaft für minimal invasive Chirurgie die wissenschaftlichen Interessen. Sie ist in den Verband der Subgesellschaften der ÖGC eingebunden.
Die MIC ist eine Technik, die – aus Europa kommend – in die USA exportiert wurde. Die weltweit erste minimalinvasive Cholezystektomie wurde 1985 vom deutschen Chirurgen Univ.-Prof. Dr. Erich Mühe durchgeführt. Für Österreich galt in diesem Zusammenhang „In Linz beginnt’s!“, denn dort wurde, bald gefolgt von den Universitätskliniken Innsbruck und Wien, die erste Gallenblase in der Alpenrepublik minimalinvasiv entfernt. Eigentlich ist diese Operationstechnik eine Anleihe aus der Gynäkologie, die die erste Fachdisziplin war, die über einen umbilicalen Zugang ihren Blick in den Bauchraum richtete. „Heute lernen junge Chirurgen meist zuerst diesen Eingriff, ehe die Kenntnis der alten offenen Operationstechnik erworben wird“, erklärt Prim. Univ.-Prof. Mag. Dr. Alexander Klaus, Leiter der Chirurgischen Abteilung am Krankenhaus Barmherzige Schwestern in Wien und Vorstand der Arbeitsgemeinschaft für minimal invasive Chirurgie.

MIC auch für komplexe Eingriffe

Die Indikationen haben sich im Vergleich zu den Frühzeiten der MIC enorm ausgeweitet, auch komplizierte Leberzysten, Appendektomien, Hernien-Operationen oder Eingriffe an der Lunge oder Speiseröhre werden heute minimalinvasiv durchgeführt. In vielen Fällen sind sie mittlerweile der Standard und nur bei sehr komplexen Eingriffen stehen die Chirurgen am offenen Bauch oder Thorax. Die Vorteile sind evident und gut verständlich – vor allem zum Nutzen der Patienten. „Das ist mit Abstand das Wichtigste! Wenn das nicht gegeben ist, setzen sich neue Techniken nicht durch“, so Klaus. Zu den Vorzügen der MIC gehören die Reduktion von Schmerzen und damit eine raschere Rekonvaleszenz. Das senkt die Dauer des Krankenhausaufenthalts und die Kostenbelastung für die Spitalsträger. Das kosmetische Ergebnis ist stark verbessert. Narbenhernien sind seltener geworden. Nicht zuletzt bietet die MIC aber auch Vorteile für den Operateur und sein Team, denn via Bildschirm gibt es intraoperativ keine „individuelle Sicht der Dinge“, sondern alle Beteiligten befinden sich mitten im Geschehen.

Minimaler als minimal

Aber es geht noch kleiner als klein, narbenfreier als narbenfrei – dann spricht man von „minimierter minimalinvasiver Chirurgie“.
Grundsätzlich unterscheidet man hier drei Varianten: Reduced Port, Single Incision und Natural Orifice Translumenal Endoscopic­ Surgery (NOTES). Letztlich entsprechen alle drei Sub-Varianten dem Wunsch nach einer möglichst „narbenlosen“ Chirurgie und einer Reduzierung der Zugänge, ob nun über einen einzigen Schnitt (single incision) gearbeitet wird, transumbilical (über den Nabel) oder über natürliche Zugänge (natural orifice) zur Körperhöhle.
Die onkologische MIC wird mittlerweile sowohl beim Dickdarm- als auch beim Rektum-Karzinom eingesetzt, aber auch im oberen Verdauungstrakt, wenn es um Indikationen an Speiseröhre und Magen geht. Neueren Datums sind Eingriffe an Pankreas und Leber. „Eingehendere Erfahrungen am Magen sind derzeit im Entstehen und noch auf eine kleine Gruppe besonders geübter Chirurgen beschränkt“, so Klaus.
Alle Eingriffe in MIC-Technik in Österreich finden Eingang in ein zentrales, prospektives Datenregister. Nahezu alle Krankenhäuser senden ihre Daten in diesen Pool. Heute stehen damit die Details von mehr als 5.000 Eingriffen zur vergleichenden Beurteilung zur Verfügung. Nicht zuletzt ein wesentliches Instrument einer freiwilligen Qualitätskontrolle, aber auch die Möglichkeit, die Häufigkeit der einzelnen Eingriffe sowie deren Ergebnisse „auf Knopfdruck“ analysieren zu können. Noch immer führend ist hinsichtlich der Häufigkeit der Indikation die Cholezystektomie, gefolgt von Hernien-Korrekturen. Allerdings bereits an dritter Stelle ist mittlerweile die Dickdarmresektion. „Es gibt hinsichtlich dieser Operationstechnik keine medizinischen Nachteile für die Patienten und die kosmetischen Vorteile sind ohnehin offensichtlich“, so Klaus.
Was die Zukunft bringt? Möglicherweise die Gallenblasenentfernung oder Bauchwandhernienkorrektur in der „chirurgischen Ambulanz“, wie das in einigen deutschen Zentren bereits praktiziert wird …

 

Save the Date

55. Österreichischer Chirurgenkongress
„Chirurgie an den Grenzen der Möglichkeiten – von Minimalinvasivität zu Maximalresektion“
25. – 27. Juni, Graz
www.chirurgenkongress.at