Kinderreanimation: Wissen auffrischen

Die Kinderreanimation ist für alle, die nicht im Kinderbereich arbeiten, ein eher seltenes Ereignis. Gerade deshalb ist es wichtig, die vorhandenen Kenntnisse regelmäßig aufzufrischen, um dann in einer meist sehr dramatischen Situation richtig reagieren zu können. In der Publikation der Reanimationsguidelines der American Heart Association und des European Resuscitation Council 2010 hat es Änderungen in den Empfehlungen der Erwachsenen- und Kinderreanimation gegeben. Die Ergebnisse neuer Studien wurden integriert und der Fokus wurde darauf gelegt, die Richtlinien so weit wie möglich zu vereinfachen.

Größter Fehler ist, nichts zu tun

Bei Neugeborenen, Kindern und Erwachsenen stehen unterschiedliche Ursachen für einen Kreislaufstillstand im Vordergrund. Dies ist einer der Gründe, warum sich die Guidelines in manchen Punkten voneinander unterscheiden. Gerade bei Kindern ist es häufig eine respiratorische Ursache, die zum Kreislaufstillstand führt. Sollten die Eckpunkte der Kinderreanimation nicht bekannt sein, so kann auch nach den Guidelines der Erwachsenen reanimiert werden. Studien haben gezeigt, dass dieses Vorgehen noch bei Weitem besser ist, als aufgrund fehlenden Wissens Reanimationsmaßnahmen zu unterlassen oder auf Hilfe zu warten.

Feststellen des Kreislaufstillstands

Die Überprüfung durch Pulstasten, ob ein Kreislaufstillstand besteht, ist bei Kindern schwierig und meist nicht zuverlässig. Es wird daher empfohlen, dazu die „Zeichen des Lebens“ wie Bewegen, eine normale Atmung, die Reaktion auf Reize heranzuziehen. Für die Kontrolle der Atmung sollten die Atemwege geöffnet sein. Bei Säuglingen wird dafür das Kinn angehoben, bei Kindern über einem Jahr auch sanft der Kopf nach hinten geneigt.
Sollte man dazu eine Pulskontrolle durchführen wollen, so kann man bei Kindern über einem Jahr wie beim Erwachsenen nach dem Carotispuls tasten, bei Säuglingen tastet man den Puls am besten an der Innenseite des Oberarms, altersunabhängig kann auch inguinal nach einem Puls getastet werden. Bei fehlendem Puls und „Zeichen des Lebens“ sollte sofort mit der Reanimation begonnen werden. Die Entscheidung dazu sollte keinesfalls länger als zehn Sekunden in Anspruch nehmen und im Zweifel für die Reanimation fallen.

„Rescue breaths“

Die Reanimation von Kindern sollte dann, dem Basisreanimationsalgorithmus folgend, mit fünf initialen Atemspenden beginnen. Diese werden je nach Größe des Kindes durch eine Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Mund-und-Nasenbeatmung durchgeführt. Wenn vorhanden, sollte mit Beutel-Masken und Sauerstoff beatmet werden. Wichtig ist dabei zu kontrollieren, ob die Beatmung erfolgreich ist, zum Beispiel indem kontrolliert wird, ob sich der Thorax durch die Beatmung hebt. Sollte eine erfolgreiche Beatmung nicht möglich sein, sollten zumindest kontinuierliche Herzdruckmassagen durchgeführt werden. Reagiert das Kind daraufhin mit Zeichen des Lebens oder ist ein Puls tastbar, sollte man mit den Atemspenden fortfahren, bis das Kind beginnt von selbst zu atmen. Dann kann man es in eine stabile Seitenlage drehen, in der gewährleistet ist, dass Flüssigkeiten aus dem Mund abfließen können und nicht aspiriert werden. Sollte das Kind auf die initialen Atemspenden nicht reagieren, folgt die Herzdruckmassage.

Die Herzdruckmassage

Bei Säuglingen unter einem Jahr wird empfohlen, die Herzdruckmassage mit zwei Fingern, bei Kindern über einem Jahr mit einer Hand oder beidhändig durchzuführen. Unabhängig von der Methode soll gewährleistet sein, dass der Thorax ungefähr zu einem Drittel komprimiert wird. Der richtige Punkt liegt an der unteren Hälfte des Sternums, einen Finger breit über dem Xiphoid. Bei Säuglingen kann die Herzdruckmassage auch mit beiden Händen durchgeführt werden, indem man den Körper wie zum Aufnehmen mit beiden Händen umfasst und die untere Hälfte des Thorax mit den Daumen komprimiert. Die Herzdruckmassage wird 15-mal und mit einer Frequenz von 100-120/min durchgeführt, dann folgen zwei Atemspenden. Diese Abfolge von Beatmung und Herzdruckmassage soll so lange ausgeführt werden, bis sich Zeichen des Lebens einstellen oder Hilfe eintrifft.

Der Gebrauch des automatischen ­Defibrillators

Auch wenn eine Defibrillation bei Kindern viel unwahrscheinlicher ist, können automatische Defibrillatoren auch bei Kindern mit hoher Sicherheit schockbare Rhythmen identifizieren und defibrillieren. Sie sollten, sobald sie verfügbar sind, zum Einsatz kommen. Wenn möglich, sollten Defibrillatoren verwendet werden, die im pädiatrischen Bereich bereits getestet wurden. ­Meistens werden vom Hersteller spezielle Kinder-Klebeelektroden zur Verfügung gestellt, die die Energie des Schocks automatisch auf 50 bis 75 Joule reduzieren. Sind diese in der Reanimationssituation nicht verfügbar, können Erwachsenenelektroden verwendet werden.

Erweiterte Reanimation bei Kindern

Der Basic Life Support Algorithmus bildet die Basis und die Voraussetzung für die erweiterten Reanimationsmaßnahmen. Zusammenfassend gehören zu diesen die Sicherung der Atemwege, die Verwendung eines manuellen Defibrillators und der Gebrauch von Medikamenten. Wie bei den Erwachsenen werden nur die schockbaren Rhythmen Kammerflimmern und eine pulslose ventrikuläre Tachykardie defibrilliert, jeweils einmal und nach einer Rhyhthmuskontrolle, die alle zwei Minuten im Reanimationsablauf durchgeführt wird. Es sollten 4 Joule pro kgKG eingestellt werden. Als Medikamente für die Reanimation kommen Adrenalin (10 µg pro kgKG) und Amiodaron (5 mg pro kgKG) infrage. Adrenalin wird bei nicht-defibrillierbaren Rhythmen sofort gegeben. Sollte ein defibrillierbarer Rhythmus vorliegen, sollen Adrenalin und Amiodaron erst nach der dritten Defibrillation gegeben werden. Die Medikamente können sowohl intravenös, aber auch intraossär verabreicht werden. Parallel dazu sollte wie beim Erwachsenen an mögliche reversible Ursachen des Kreislaufstillstands gedacht und diese behoben werden.

Quelle: Resuscitation Council (UK): Paediatric Basic and Advanced Life Support

 

NACHGEFRAGT BEI…

… DGKK Angelika Koncz, Stationsschwester an der Neonatologischen und Kinderintensivstation des Kaiser-Franz-Josef-Spitals mit Gottfried von Preyer‘schem Kinderspital, 1. Vorsitzende des Österreichischen Berufsverbands für Anästhesie- und Intensivpflege

Was sind aus Ihrer Sicht wichtige Aspekte, die man, neben den Leitlinien, bei der Reanimation von Kindern beachten sollte?

Aus meiner Erfahrung macht es doch einen Unterschied, ob es sich dabei um ein Frühgeborenes, Neugeborenes oder ein älteres Kind handelt bzw. ob die Reanimationsmaßnahmen in einem Spezialbereich, wie etwa OP, Aufwachbereich, Intensivstation oder im Alltag auf der Station durchgeführt werden müssen. Weiters sind regelmäßige Simulationstrainings besonders wichtig und stärken das Team bei der Durchführung von Notfallmaßnahmen, speziell dann, wenn Kinder in verschiedenen Altersgruppen betreut werden. Ein Überblick über die stationsinternen Notfallsysteme und deren Einsatzbereiche, vor allem verschiedene Größen von Laryngoskopspateln, Notfalltuben oder Endotrachealtuben, ist wichtig. Sowohl das „Werkzeug“ als auch die benötigte medikamentöse Therapie müssen für die unterschiedlichen Gewichtsklassen vorrätig sein.

Wie kann man den Eltern bestmöglich helfen, eine Reanimation ihres Kindes zu verarbeiten?

Wenn es irgendwie möglich ist, sollten Eltern während der ­Reanimation von einem Mitarbeiter der Station außerhalb des Reanimationsbereiches betreut werden. Eltern von reanimierten Kindern sollte eine psychologische Begleitung während des Krankenhausaufenthaltes angeboten werden können. Leider ist das in der Praxis nicht häufig der Fall.