Cochrane Review*: GnRH-Suppression bei ART -Agonisten- oder Antagonisten-Protokoll?

Die vorliegende Metaanalyse ist ein Update eines erstmals 2001 publizierten und schon 2006 an die damalige Datenlage angepassten Cochrane Reviews. Mit mittlerweile 45 inkludierten randomisiert-kontrollierten Studien (RCTs) und 7.511 randomisierten Frauen bietet diese Arbeit nicht nur die aktuellste, sondern wohl auch umfangreichste Datenevidenz zu diesem Thema.

Kontext

Suppressionstherapie im Rahmen von ART (assistierte Reproduktionstechniken): Ein wichtiger Aspekt der kontrollierten Hyperstimulation im Rahmen einer In-vitro-Fertilisation (IVF) bzw. intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) ist das Auftreten eines verfrühten LH-Anstiegs, bevor der dominante Follikel eine optimale Größe erreicht. Prämature LH-Anstiege verhindern bei einer signifikanten Gruppe von Frauen die Reifung multipler Follikel.
Zur Suppression dieses störenden zentralen Gonadotropin- Ausschüttung werden im Rahmen von ART-Protokollen GnRHAgonisten als auch -Antagonisten verwendet, mit jeweils völlig anderem Wirkmechanismus: Während GnRH-Agonisten letztlich zur Downregulation der hypophysären GnRH-Rezeptoren und Desensibilisierung der gonadotrophen Zellen führen, binden GnRH-Antagonisten kompetitiv an die Rezeptoren und verhindern damit die Stimulation durch endogenes GnRH, was das sofortige Sistieren der hypophysären Gonadotropin-Sekretion zur Folge hat.
Von den mittlerweile zugelassenen 3.-Generations-GnRH-Antagonisten Ganirelix (NV Organon) und Cetrorelix (Asta Medica) erhofft man sich eine gravierende Reduktion der Suppressionsbehandlungsdauer und eine Reduktion der im GnRH-Agonisten- Langprotokoll zur Stimulation benötigten Gonadotropin-Menge. Ein weiterer potenzieller Benefit ist die verringerte Wahrscheinlichkeit eines ovariellen Hyperstimulationssyndroms (OHSS), einer potenziell lebensbedrohliche Erkrankung, und Vermeidung der Östrogendeprivationssymptome (Hot Flushes, Schlafstörungen, Kopfschmerzen etc.), wie sie regelmäßig in der Prästimulationsphase des GnRH-Agonisten-Langprotokolls beobachtet werden. Jedoch selbst bei Verifizierung derartiger Benefits wäre ein standardmäßige Wahl auf ein GnRH-Antagonisten-Protokoll nur unter der Bedingung einer Gleichwertigkeit in Bezug auf Schwangerschaftserfolg bzw. Lebendgeburtenrate zu rechtfertigen.

Abstract

Zielsetzung:Wirksamkeit und Sicherheit von GnRH-Antagonis – ten im Vergleich zum Standard-Langprotokoll mit GnRH-Agonis – ten zur kontrollierten ovariellen Hyperstimulation in ART-Zyklen.

Datensammlung und -analyse: Zwei Autoren durchsuchten unabhängig voneinander die relevanten Publikationen von RCTs zu verschiedenen Protokollen mit GnRH-Antagonisten vs. GnRH-Agonisten bei Frauen mit IVF und ICSI. Das jeweilige Bias-Risiko wurde analysiert und berücksichtigt.

Hauptergebnis ART-Erfolg: 45 RCTs (n = 7.511) erfüllten die Einschlusskriterien. Es gab keine signifikanten Unterschiede bei der Rate an Lebendgeburten (9 RCTs; OR 0,86, 95%-KI 0,69–1,08) oder der fortwährenden („ongoing“) Schwangerschaften (28 RCTs; OR 0,87, 95%-KI 0,77–1,00).

Hauptergebnis Sicherheit: In der GnRH-Antagonisten-Gruppe wurde ein statistisch signifikant niedrigere OHSS-Rate gezeigt (29 RCTs; OR 0,43, 95%-KI 0,33–0,57). Damit reduzierte das GnRH-Antagonisten-Schema die Inzidenz eines ernsten OHSS im Vergleich zu GnRH-Agonisten um 50 %. Die korrespondierende NNH (Number Needed to Harm) von 25 bedeutete eine absolute Risikoreduktion um 4 % vs. GnRH-Agonisten, pro 25 behandelten Frauen also 1 ernstes OHSS weniger.

Conclusio

Das GnRH-Antagonisten-Protokoll ist ein kurzes und einfaches Protokoll ohne signifikanten Unterschied bei der Lebendgeburtenrate zum GnRH-Agonisten-Langprotokoll. Auf Seiten der Sicherheit jedoch ist im Vergleich zu GnRH-Agonisten die Inzidenz eines OHSS (ovarielles Hyperstimulationssyndrom) hochsignifikant reduziert. Nach dem Resümee der Studienautoren wäre die standardmäßige Wahl eines GnRH-Antagonisten-Protokolls zur zentralen Gonadotropin-Suppression im Rahmen der ART (assistierte Reproduktionstechniken) aufgrund der vorliegenden Analysedaten zu rechtfertigen.

* Al-Inany H.G., Youssef M.A.F.M., Aboulghar M., Broekmans F., Sterrenburg M., Smit J., Abou-Setta A.M.: Gonadotrophin-releasing hormone antagonists for assisted reproductive technology. Cochrane Database of Systematic Reviews 2011, Issue 5

Review und Freigabe dieses Artikels durch die Österreichische Cochrane Zweigstelle (ÖCZ): Dr. Kylie Thaler, MPH, Stellvertretende ÖCZ-Direktorin