Kleines Impflexikon – Teil 7: Impfstatus in Österreich, eine Niederlage!

Tatsächlich zählt Impfen zu den erfolgreichsten Präventivstrategien in der Humanmedizin. Umso unverständlicher sind die zunehmende Impfskepsis und Impfmüdigkeit. Die Abnahme der Durchimpfungsraten bedingt, dass viele Personen wieder an schweren Infektionen, wie zum Beispiel an Masern und Röteln, erkranken. Tatsächlich ist in Österreich eine Renaissance schwerer Infektionskrankheiten zu beobachten.
Ein wichtiger Grund für die abnehmende Akzeptanz von Impfungen ist, dass wir uns zwar nicht mehr vor Krankheiten fürchten, die es derzeit kaum mehr gibt, aber vor den seltenen, zumeist harmlosen Nebenwirkungen der Impfung. Die Nicht- Geimpften sind dann Ausgangspunkt von Epidemien.

Impfwesen in Österreich in einer EU-Vergleichsanalyse: Eine vor kurzem von der OECD und der EU publizierte Analyse des Status im Gesundheitswesen für die EU-Mitgliedsstaaten – “Health at a Glance: Europe 2010” – bringt es ans Tageslicht:

  • Masern: Mit 2 Masernfällen pro 100.000 Einwohner lag Österreich zwischen 2006 und 2008 an 6. Stelle in der EU (ganz oben: die Schweiz mit 14,9 – von dort kamen die Ausbrüche auch nach Österreich). In Ungarn, Island, Portugal, der Slowakei und Slowenien sind die Masern praktisch ausgerottet.
  • Hepatitis B: 8,1 Fälle von Hepatitis B pro 100.000 Einwohner machten Österreich im Zeitraum 2006 bis 2008 zum Land mit der vierthäufigsten Erkrankungsrate im OECDRaum. An der Spitze lag Island mit 13,2 Infektionen, gefolgt von Bulgarien (9,9) und der Türkei (9,1). In der EU sind es im Durchschnitt 2,5 Erkrankungen pro 100.000 Menschen, in Portugal und Dänemark am Ende der Skala nur noch 0,4 – in Frankreich 0,0! An fünftletzter Stelle liegt Österreich bei der Hepatitis-B-Impfung bei den Kindern im Alter von 2 Jahren. Zweifellos sind die allermeisten anderen Staaten in Sachen Kinderimpfungen wesentlich besser unterwegs.
  • Pertussis: Weiters sind in Österreich im Alter von zwei Jahren nur 83% der Kinder gegen Pertussis geimpft. Das ist der vorletzte Rang (Malta: 72%). Der EU-Durchschnitt liegt bei 95%, in Ungarn sind es z. B. 99,9%.
  • Influenza: Die Niederlage betrifft auch die Influenza-Impfung: 2008 waren da nur 36,1% der Menschen in Österreich über dem 65. Lj. immunisiert. Hinter Österreich lagen nur noch die Slowakei, Slowenien und Tschechien (21,2%). Die vordersten Ränge belegten die Niederlande mit 77%, Großbritannien (75,1%), Irland (70,1%) und Frankreich mit 70%.

Zusammenfassend ist anzumerken, dass sich zwar in Österreich die Durchimpfungsraten bei den Kleinkindern auf Grund der Impfprogramme graduell bessern, insbesondere aber große Impflücken bei den 15- bis 30-Jährigen bestehen.
Es ist in diesen Kontext abschließend einmal mehr festzuhalten, dass Impfungen zu den verabsäumten Vorsorgemaßnahmen zählen. Sie schützen nicht nur die geimpfte Person, vor einer womöglich lebensbedrohenden Erkrankung, sondern sie haben nicht zuletzt auch einen wichtigen Einfluss auf die Volkswirtschaft, indem sie der Allgemeinheit die oft hohen Therapiekosten ersparen.
“Die österreichische Impfempfehlung gehört zu den besten der Welt, doch die Umsetzung ist lausig”, so Univ.-Prof. Dr. Michael Kunze, Institut für Sozialmedizin.