Ein Auszug aus dem Entwurf des Gesundheitsministeriums1 – Nationaler Aktionsplan Ernährung

Neben hohem Blutdruck sowie Tabak- und Alkoholkonsum sind erhöhte Blutcholesterinspiegel, Übergewicht, ein niedriger Obst- und Gemüsekonsum und geringe körperliche Aktivität die Hauptrisikofaktoren für chronische Erkrankungen und Tod. Schätzungen der WHO gehen davon aus, dass diese Erkrankungen im Jahr 2020 für mehr als drei Viertel aller Todesfälle in den Industriestaaten verantwortlich sein werden. Im Einzelnen wird darauf hingewiesen, dass in Europa 18 % der Krebserkrankungen des Verdauungstraktes, 28 % der ischämischen Herzerkrankungen und 1 % der Schlaganfälle auf einen zu geringen Obst- und Gemüseverzehr zurückzuführen sind.

Übergewicht und Adipositas

Zur Prävalenz von Ernährungs- und Lebensstil-assoziierten Erkrankungen wie z. B. Adipositas, Diabetes mellitus und metabolischem Syndrom wurden in Österreich bislang nur wenige repräsentative Daten publiziert. Es ist allerdings eine Tatsache, dass in den letzten Jahren in Österreich die Zahl der Übergewichtigen bzw. Adipösen – entsprechend dem internationalen Trend – in allen Altersgruppen zugenommen hat. Seit 1991 stieg die Prävalenz für Adipositas (auf Basis eines BMI > 30 kg/m2) in der österreichischen Bevölkerung von 8,5 % auf 13,1 % an. Nach den Angaben des Österreichischen Ernährungsberichts 2008 sind rund 40 % der Erwachsenen übergewichtig oder adipös. Bei österreichischen Schulkindern sind unterschiedlichen Erhebungen zufolge etwa 17–18 % der Mädchen und 20–21 % der Buben im Alter von 6–15 Jahren übergewichtig oder adipös. Die Häufigkeit von Übergewicht bzw. Adipositas steigt mit zunehmendem Alter, erst ab dem 65. Lebensjahr ist ein rückläufiger Trend erkennbar. Buben bzw. Männer sind dabei in allen Altersgruppen häufiger übergewichtig als Mädchen oder Frauen.
Hochgradiges Übergewicht im Kindes- und Jugendalter ist nicht nur ein Risikofaktor für Adipositas im Erwachsenenalter, sondern legt auch den Grundstein für das frühzeitige Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus Typ 2 und degenerative Skeletterkrankungen. Damit stellt Übergewicht und Adipositas im Kindes- und Jugendalter ein ernstzunehmendes gesundheitliches Problem dar.

Bewegungsmangel und andere Lebensstilfaktoren

Neben bedarfsgerechter Ernährung wirkt sich regelmäßige körperliche Aktivität unter anderem präventiv auf chronische Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus sowie auf manche Krebsarten aus und stärkt zudem die Immunabwehr des Körpers, hilft bei Stressbewältigung, fördert das Selbstwertgefühl und die soziale Integration. Nach Angaben der Gesundheitsbefragung 2006/2007 sind rund 45 % der ÖsterreicherInnen ab 15 Jahren in ihrer Freizeit kaum aktiv (weniger als 1-mal pro Woche). Kinder und Jugendliche verbringen ebenfalls einen Großteil ihrer Freizeit sitzend. Rund ein Drittel der 11–15-jährigen SchülerInnen sind nur 1-mal pro Woche oder seltener in ihrer Freizeit körperlich aktiv.
Die Kombination von Ernährungs- und Bewegungsprogrammen sowie die Implementierung von niederschwelligen Bewegungsangeboten und die Schaffung von attraktiven Bewegungsanreizen im Alltag sind wichtige Maßnahmen, um einen gesunden Lebensstil zu fördern. Dabei ist die Verlinkung der Themen Ernährung und Bewegung wesentlich.

Inadäquate Nährstoffaufnahme

Der Österreichische Ernährungsbericht 2008 zeigt, dass bei der derzeitigen Lebensmittelauswahl die Aufnahme an Fett, insbesondere an gesättigten Fettsäuren, sowie Zucker bei Kindern und Jugendlichen und Cholesterin bei Männern zu hoch ist. Die Ballaststoffaufnahme ist hingegen allgemein gering. Die Fettqualität ist verbesserungswürdig (Tab.).
Bei Folsäure, Vitamin D und Kalzium zeigt sich in allen Altersgruppen eine unzureichende Aufnahme im Vergleich zu den D-A-CH-Referenzwerten (steht für Deutschland, Österreich und Schweiz) für die Nährstoffzufuhr. Bei Kindern, Jugendlichen und erwachsenen Frauen ist auch die Aufnahme von Eisen (bis < 51 Jahre) und Jod (bis < 25 Jahre) im Mittel zu gering. ebenso wird Magnesium in einigen Altersgruppen in zu geringen Mengen zugeführt. Eine zu hohe Zufuhr ergibt sich bei Natrium, das vorwiegend aus Kochsalz (Natriumchlorid) aufgenommen wird, womit gesundheitliche Nachteile wie beispielsweise Hypertonie oder Nierensteine zu erwarten sind. Die laut D-A-CHReferenzwerten empfohlene Folatzufuhr wird in den meisten Altersklassen nur zu weniger als der Hälfte erreicht.
Zusammenfassend ist demnach festzuhalten, dass in der Gesamtbevölkerung vor allem Folsäure, Kalzium und Vitamin D als „kritische“ Nährstoffe bezogen auf die Zufuhr zu bewerten sind. Daneben zeigt sich, dass in unterschiedlichen Altersklassen und Bevölkerungsgruppen auch andere Mikronährstoffe in ungenügendem Maße aufgenommen werden.

Primäre Ernährungsziele

Die primären Ernährungsziele umfassen folgende Punkte:

  • angepasste Energiezufuhr bei ausreichender Vitamin- und Mineralstoffzufuhr, • sowie gleichzeitige Vermeidung von Überversorgung
  • ↓Fettzufuhr insgesamt
    – ↓Trans-Fettsäuren
    – ↓gesättigte Fettsäuren
    also Optimierung der Fettqualität
  • ↓Zuckerzusatz
  • ↓Salzzufuhr
  • ↑komplexe Kohlenhydrate (beispielsweise in Getreideund Getreideprodukten Hülsenfrüchten, Gemüse oder Obst vorkommend)
  • ↑Ballaststoffe
  • und nicht zuletzt Optimierung der Flüssigkeitszufuhr

Die Umsetzung dieser Ziele erfordert einheitliche lebensmittelbasierte Empfehlungen.

Vier Aktionsbereiche

Neben der Förderung eines gesunden Ernährungsverhaltens und einer breiten Ernährungsaufklärung sind Strukturen, die ein besseres Ernährungs- und Gesundheitsverhalten ermöglichen, wichtig. Vorgeschlagen werden 4 Aktionsbereiche:

  1. Stärkung des Bereichs Ernährung im Gesundheitswesen und im öffentlichen Bereich
  2. Durchführung integrierter Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Prävention von ernährungs- und lebens – stilassoziierten Erkrankungen
  3. Ausbau der Datenbasis für eine evidenzbasierte Vor – gehensweise und Qualitätskontrolle
  4. und Förderung von Netzwerken auf lokaler, regionaler, nationaler und internationaler Ebene

Über allem steht das Ziel einer ernährungsbezogenen Prävention mit Verbesserung der Lebensqualität und Verlängerung der Lebenszeit, die in Gesundheit verbracht wird.

ABSCHLIESSEND noch ein sehr trauriges Beispiel für die Perversität in unserer Welt: Der Welternährungstag der Vereinten Nationen am 16. Oktober 2010 erinnerte an den Hunger und die Unterernährung von einer Milliarde Menschen weltweit.

1 Der Entwurf zum Nationalen Aktionsplan Ernährung steht ab sofort unter www.bmg.gv.at zum Download bereit.