Next Generation Sequencing – eine neue Option in der prä- und perinatalen Medizin

Mit der neuen Technologie des Next Generation Sequencing steht der Humangenetik heute ein Instrument zur Verfügung, das es ermöglicht, ähnlich riesige DNA-Sequenzanalysen äußerst kostengüns – tig in wenigen Tagen zu erstellen. Erst vor kurzem wurde ein Sequenziergerät von so hoher Kapazität am Institut für Medizinische Genetik der MedUniWien in der Währinger Straße 10 (www.meduniwien.ac.at/medizinische-genetik) in Betrieb genommen.

Neuer Forschungs- und Diagnostik-Horizont

Familiäre Häufungen bestimmter klinischer Phänotypen können darauf hinweisen, dass es sich dabei um eine genetische Erkrankung handelt. Nicht selten sind die genetischen Grundlagen dafür aber noch nicht erforscht. An unserem Institut betreuen wir eine Reihe von solchen bisher ungeklärten Fällen. In verschiedenen Forschungsprojekten wollen wir uns mittels Next Generation Sequencing auf die Suche nach den zugrunde liegenden genetischen Ursachen machen. Diese Technologie erlaubt bereits heute und in Zukunft noch viel mehr, wesentlich schneller größere Schritte in Richtung Etablierung von Prophylaxe und Therapie.
Um die Bedeutung dieser neuen Methoden zur Sequenzierung zu verdeutlichen, sei ein Beispiel aus unserer täglichen Praxis der genetischen Diagnostik erläutert. Die spastische Spinalparalyse ist eine neurodegenerative Erkrankung, für die derzeit 45 Genloci bekannt sind, wobei allerdings für etwa die Hälfte der Loci die dazugehörigen Gene noch nicht identifiziert wurden. Unser Institut bietet die molekulargenetische Analyse einer Reihe der bekannten Gene an. In einem zeitaufwändigen, personal- und kostenintensiven Prozess werden die Analysen der verschiedenen Gene sequenziell vorgenommen. Mittels Next Generation Sequencing wird es jetzt möglich, alle involvierten Gene gleichzeitig zu analysieren, mit dem Ziel, schneller zum Wohle des Patienten zu einer endgültigen Diagnose zu kommen.

Pränatal: Herausforderung für genetische Beratung

Auf die Interpretation der so großen über diese neue Technologie erstellbaren Datenmengen wird in Zukunft besonderes Augenmerk gelegt werden müssen. Einerseits bedarf es entsprechender bioinformatischer Expertise, die erzielten Ergebnisse auch zeitgerecht und korrekt zu interpretieren. Unser Institut geht gerade verschiedene Kooperationen ein, die es uns erlauben, vor allem auch im Forschungsbereich auf entsprechende Expertise von KollegInnen zugreifen zu können. Andererseits ist außerdem absehbar, dass in Zukunft der Beratung der PatientInnen nach solchen Analysen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss.
Ein äußerst wichtiges Anliegen der medizinischen Genetik ist es, dass vor und nach jeder genetischen Diagnostik eine detaillierte genetische Beratung durchgeführt wird. An unserem Institut führen aktuell 5 FachärztInnen täglich genetische Beratungen für ein weites Spektrum an Fragestellungen durch. Die Anwendung von Next Generation Sequencing zur Diagnostik am noch ungeborenen menschlichen Leben wird bisher noch schwer abschätzbare neue Aspekte und Fragestellungen in der genetischen Beratung werdender Eltern aufwerfen. Dementsprechend muss die Implementierung solcher neuen diagnostischen Ansätze auch von der dafür entsprechenden detaillierten ethischen Diskussion begleitet werden.