Typenspezifische HPV-Testung im klinischen Alltag – Aktuelle HPV-Diagnostik

Die HP-Viren werden in eine Gruppe von HPV-Typen mit so genanntem Niedrigrisiko („low risk“, nicht onkogen) und in eine mit Hochrisiko („high risk“, onkogen) eingeteilt, wobei die Begriffe „low risk“ und „high risk“ bereits in den 1980er-Jahren parallel zur Entwicklung der US-amerikanischen Bethesda-Klassifikation geschaffen wurden.
Aufgrund rezenter Studien ist es allerdings nicht mehr ganz zeitgemäß, von einer globalen Gruppe an High-Risk-HPVTypen auszugehen. Da das onkogene Potenzial der verschiedenen High-Risk-HPV-Typen durchaus als sehr unterschiedlich zu werten ist, erscheint eine zunehmend weitere subtypenspezifische Differenzierung sinnvoll.

Wertigkeit der typenspezifischen HPV-Diagnostik

Epidemiologie der Malignom-assoziierten HPV-Typen: Eine im November 2010 in „Lancet Oncology“ erschienene, weltweite retrospektive epidemiologische Studie, die mehr als 10.000 Patientinnen mit invasivem Zervixkarzinom aus allen Kontinenten erfasste, gibt Hinweis auf die am häufigsten mit diesem Malignom assoziierten HPV-Typen (Tab. 1, Tab. 2).


Die Studie zeigt, dass weltweit die HPV-Typen 16 und 18 mit insgesamt 71 % (HPV 16: 61 % und HPV 18: 10 %), in Europa sogar mit 73 % (HPV 16: 66 % und HPV 18: 7 %), aller Zervixkarzinome assoziiert sind. Bei Differenzierung bezüglich des histologischen Befundes zeigt sich weiters, dass der onkogene HPV-Typ 18 bei 32 % aller Adenokarzinome gefunden wird, jedoch nur bei 8 % der Plattenepithelkarzinome. Weitere HPVStämme, denen besonders hohes onkogenes Potenzial zukommt, sind die Stämme HPV 31, 33 und 45.
Zusammenfassend kommen die Autoren demnach zu dem Schluss, dass eine Einteilung der HPV-Testergebnisse in Low- Risk- und High-Risk-HPV-Typen, wie sie im Rahmen des gebräuchlichsten HPV-Testes (Hybrid Capture® II [HC II]) derzeit zumeist noch stattfindet, durch eine zusätzliche Subanalyse mit Identifizierung zumindest von HPV 16 und HPV 18 ergänzt werden sollte. Dadurch würde, wie die Autoren anmerken, nicht zuletzt auch eine sensitivere und effizientere Strategie im Rahmen der Zervixkarzinom-Vorsorge möglich sein. Weitere HPV-Stämme, die von Interesse sind und im Rahmen der typenspezifischen Diagnostik möglichst identifiziert werden sollten, sind in erster Linie der HPV-Typ 45 sowie die HPV-Typen 31, 33, 35, 45, 52 und 58. Tatsächlich wird diesem Umstand Rechnung getragen, indem diese typenspezifische Diagnostik bereits von mehreren Testsystemen angeboten wird (Tab. 3).

Die Bedeutung des Nachweises der HPV-Typen 16 und 18 wurde in einer aktuellen Publikation, die ebenfalls im „Lancet Oncology“ (September 2011) erschien, untersucht. Dabei zeigte sich für Frauen mit unauffälligem zytologischen Ergebnis (d. h. unauffälliger Pap-Test) und vorliegender HPV-16- bzw. -18-Infektion ein 35-fach höheres Risiko für eine CIN III+ gegenüber Frauen mit negativem HPV-Test (Abb.). Darüber hinaus ist das Vorliegen einer HPV-16-Infektion natürlich auch ein wesentlicher Faktor für die Regressions- bzw. Progressionsraten einer CIN I zu einer CIN III+ (Tab. 4).

Wertigkeit von Biomarkern zur Risikoabschätzung

Aktuell wird, ergänzend zur HPV-typenspezifischen Diagnos – tik, die Wertigkeit des Einsatzes verschiedener Biomarker diskutiert, die indirekte Hinweise auf die onkogene Aktivität der verschiedenen High-Risk-HPV-Typen geben.

Proliferationsmarker KI-67 und p16-Überexpression: Im Rahmen einer transformierenden HPV-Infektion (Aussetzen der normalen Zykluszellkontrolle und einer darauf folgenden unkontrollierten Zellteilung) kommt vor allem der Überexpression des p16-Proteins eine wesentliche Bedeutung zu. Diese Überexpression ist direkte Folge der Zellzyklusveränderung durch HPV-Onkoproteine. In mehreren kürzlich publizierten Studien wurde außerdem die diagnostische Qualität einer Biomarker- Kombination, bestehend aus der immunzytochemischen Doppelfärbung für p16 und dem Proliferationsmarker KI-67, überprüft. In einer normalen Zelle schließen sich diese beiden Reaktionen gegenseitig aus, d. h. eine Zelle ist entweder positiv für p16 oder für KI-67. Im Rahmen der onkogenen Transformation der Zervixzelle durch eine persistierende High-Risk- HPV-Infektion kommt es jedoch zu einer Regulationsstörung der Zellzykluskontrolle mit der Folge einer gesteigerten Proliferation, erkennbar an der Expression von KI-67 und einer Überexpression von p16. Die Identifikation von doppelt gefärbten Zellen ist Indikator für eine höhergradige Läsion und Hinweis, die Patientin einer weiterführenden Diagnostik zuzuführen. Diese Art der Untersuchung stellt zweifellos einen Fortschritt im Management der Patientinnen dar. In ersten präliminären Studien bieten diese Marker eine ähnlich hohe Sensitivität wie der HPV-Test, führen aber zu weniger falsch-positiven Befunden (= höhere Spezifität).

ZUSAMMENFASSEND ergeben sich durch diese rezenten Studien sehr interessante neue Einsatzmöglichkeiten für den Einsatz der typenspezifischen HPV-Diagnostik. Klinisch relevant dürfte insbesondere der Nachweis von HPV 16 und 18 sein. Dennoch kann der routinemäßige Einsatz einer typenspezifischen HPVDiagnostik im Rahmen der Zervixkarzinomfrüherkennung noch nicht empfohlen werden. Einerseits ist dazu die Datenlage noch nicht ausreichend, andererseits ist die ideale Abfolge an zytolo – gischer Diagnostik und HPV-Testung (parallel, sequenziell, Reihenfolge) noch nicht eindeutig geklärt.