Duale Finanzierung überdenken

Astellas ist als forschendes pharmazeutisches Unternehmen vor allem in den therapeutischen Bereichen Urologie, Transplantation, Onkologie und Hämatologie tätig. Dr. Alexander Triebnigg, seit 2019 Geschäftsführer von Astellas Österreich, betont, dass es dem Unternehmen ein großes Anliegen ist, neue Therapieansätze in Bereichen, in denen bisher wenig bis keine Behandlungsoptionen vorliegen, zur Verfügung zu stellen: „Unsere Firmenphilosophie beruht auf unserem Selbstverständnis, verlässliche und gut erforschte Medikamente auf den Markt zu bringen, die die Lebensqualität von Patienten bzw. ihre Lebenserwartung verbessern. Dabei beobachten wir immer genau, in welchen Bereichen Bedarf besteht, um hier so rasch wie möglich innovative Lösungen anbieten zu können. Aus dieser Überzeugung heraus hat Astellas vier Kernwerte formuliert: hohes ethisches Bewusstsein, Patientenzentriertheit, Innovationsbestreben und Pioniergeist.“

Wegbereiter in der ­Transplantationsmedizin

Gefragt nach den größten Erfolgen der vergangenen Jahre, nennt der Astellas-Geschäftsführer als Erstes die Markteinführung von Tacrolimus, das als immunsuppressive Prophylaxe der Transplantatabstoßung zum Einsatz kommt. „Mit Tacrolimus waren wir einer der Wegbereiter auf dem Gebiet der Transplantationsmedizin. Mit diesen Präparaten konnten und können wir Millionen Patienten im Bereich Nieren-, Herz- und Lungentransplantation helfen“, so Triebnigg. Die große Bedeutung zeigt sich auch in der Sorge von Betroffenen zu Beginn der Corona-Situation, die befürchteten, es könnte zu Lieferschwierigkeiten und dadurch im schlimmsten Fall zur Abstoßung des transplantierten Organs kommen. Triebnigg: „Betroffene haben bei uns angerufen, weil sie besorgt waren, ob Tacrolimus auch weiterhin verfügbar sein würde, und sich aus Sorge bevorratet. Wir sind sehr stolz, dass es uns gelungen ist, das Präparat trotz der ‚Hamsterkäufe‘ durch sehr gut vorbereitete Produktions- und Logistikpläne gemeinsam mit unserem Partner Kwizda in den Apotheken durchgehend verfügbar zu halten.“Ein weiterer wichtiger Unternehmenserfolg ist in Triebniggs Augen ein innovatives Medikament, das weltweit bei fortgeschrittenem, kastrationsunempfindlichem Prostatakrebs zugelassen ist: „Damit konnten wir unsere starke Position in der Urologie weiter ausbauen. In Österreich sind wir in dieser Indikation sogar Marktführer.“

„Die Zukunft hat gerade begonnen.“

Auch in den nächsten Jahren sind wieder Innovationen von Astellas zu erwarten. „Bei uns hat die Zukunft eigentlich gerade erst begonnen: Astellas hat das erste Mal in der Unternehmensgeschichte in den eigenen Forschungslaboratorien ein neues, in der EU produziertes Medikament für die akute myeloische Leukämie, eine sogenannte ‚orphan disease‘, entwickelt“, berichtet Triebnigg. Die EMA hat dieses sehr schnell genehmigt. „Wir sind sehr glücklich darüber, dass Astellas diese neue Therapie in Österreich als erstem Land in Europa der Ärzteschaft zur Verfügung stellen konnte. Damit wurde sichergestellt, dass die Patienten unverzüglich diese lebensverlängernde Therapie erhalten können und auch erhalten“, freut sich Triebnigg.Auch im Bereich Blasenkarzinom steht eine weitere Innovation bevor. „Zudem werden wir voraussichtlich 2021/2022 eine neue orale Therapie für die renale Anämie zur Marktreife bringen. Bisher stand für diese Erkrankung nur eine Injektionstherapie zur Verfügung und wir freuen uns, hier bald zur Erweiterung der therapeutischen Möglichkeiten beitragen zu können“, gibt der Geschäftsführer Einblick in die Astellas-Pipeline.

Aktuelle Regeln der Preisfindung für Medikamente – noch zeitgemäß?

Das hiesige Gesundheitssystem bewertet Triebnigg, der die letzten 25 Jahre im Ausland verbracht hat und 2019 nach Österreich zurückgekehrt ist, als „sehr smart und bewundernswert“. Seiner Ansicht nach vertritt der Dachverband der Sozialversicherungsträger die Interessen der Zahler sehr effektiv: „Österreich hat ein sehr niedriges Preisniveau im EU-Vergleich und neue Produkte können schnell eingeführt werden, zumindest wenn es sich um durchschlagende Innovationen handelt. Meine bisherigen Gespräche mit den Entscheidungsträgern im Dachverband waren immer sehr kons­truktiv und von gegenseitigem Respekt ­gekennzeichnet. Dies habe ich in dieser Form nicht überall auf der Welt als selbstverständlich kennengelernt. Meine Anregung wäre jedoch, zu hinterfragen, ob alle derzeit geltenden Regeln der Preisfindung noch zeitgemäß sind.“Generell ist Triebnigg ein konstruktiver Austausch sehr wichtig: „Natürlich treffen bei Verhandlungen Akteure mit unterschiedlichen Positionen aufeinander. Zudem darf man nicht vergessen, dass der Dachverband und andere Behörden immer auf der Basis von Gesetzen und Verordnungen agieren und entscheiden. Der Nutzen neuer Medikamente muss evidenzbasiert und wissenschaftlich fundiert belegt werden können. Dazu ist es aber auch erforderlich, klare Vorgaben hinsichtlich der Einstufung und Bewertung des Zusatznutzens zu haben. Die Charakteristika, die diesen Zusatznutzen ausmachen, gilt es meiner Meinung nach genau zu definieren, sodass diese bereits in die Protokolle der klinischen Studien eingearbeitet werden können.“ Und Triebnigg ist der Überzeugung, dass es dazu transparenter Richtlinien bedarf.Zu guter Letzt hält er die duale Finanzierung mit der Unterscheidung zwischen ­ex­tra- und intramuralem Bereich für überdenkenswert: „Hier kommt es immer ­wieder zu Konflikten, insbesondere zu der Frage, wer für neue Medikamente zahlen soll; der Leidtragende ist leider oft der Patient. Meine Empfehlung an die Entscheidungsträger wäre, diese Kostenaufteilung zu beenden“, erklärt Triebnigg, Stichwort „Finanzierung aus einer Hand“.

Aus Corona-Zeiten lernen

Die aktuelle Situation der COVID-19-Pandemie hat vieles verändert, unter anderem auch das Kommunikationsverhalten der pharmazeutischen Industrie. „Wir alle haben bemerkt – denn das betrifft ja nicht nur die Pharmabranche –, wie viele weitere Kommunikationswege es neben dem ‚persönlichen Kontakt‘ gibt – und wie gut diese funktionieren“, sagt Triebnigg. Seiner Ansicht nach werden einige dieser Veränderungen auch nach Ende der Pandemie bestehen bleiben. „Auch kann ich mir vorstellen, dass große Kongresse anders als vorher stattfinden werden. Bei solchen Großveranstaltungen werden in Zukunft vermutlich verstärkt die modernen Kommunikationskanäle zum Einsatz kommen. Für Kongressveranstalter bedeutet das, dass sie umdenken müssen. Ein Vorteil für uns alle: Viele mühsame Geschäftsreisen werden in Zukunft wegfallen und durch Videokonferenzen ersetzt werden“, fasst Triebnigg zusammen. Auf der anderen Seite betont er aber auch, dass der persönliche Kontakt zwischen Pharmamitarbeitern und Ärzten auch in Zukunft unersetzbar bleiben wird. „Viele Wissensinhalte können sinnvoll über Webinare vermittelt werden. Dennoch braucht es für so hoch spezialisierte Bereiche wie unsere den persönlichen Kontakt. Während der letzten zwei Corona-Monate haben wir bei Astellas Österreich ganz bewusst und sehr systematisch in die wissenschaftliche Ausbildung unserer Außendienstmitarbeiterinnen und -mitarbeiter investiert. Ich bin überzeugt, dass unser Außendienst einer der allerbesten in Österreich ist und von den Ärzten als kompetenter Gesprächspartner sehr geschätzt wird. Wir investieren in unseren Außendienst, weil dieser auch in Zukunft die Basis für die erfolgreiche Einführung innovativer Produkte ist“, so Triebnigg abschließend.