Diskussion über Fusion von Ärztekammern der Länder geht weiter

ÖGK-Generaldirektor Berhard Wurzer (c) ÖGK

Nach Rechnungshof und Dachverband kommentiert auch ÖGK-Generaldirektor Wurzer das Problem offener Kassenstellen. Er drängt auf einen raschen Gesamtvertrag über einheitliche Leistungen.

Wie RELATUS MED berichtete, kam es zu Jahresbeginn zu einem Schlagabtausch zwischen dem Dachverband der Sozialversicherungen und der Ärztekammer. Dachverbandschef Peter Lehner nahm einen Bericht des Rechnungshofes zum Anlass, sich für eine Zusammenlegung der neun Landesärztekammern einzusetzen. Der Rechnungshof zog nämlich eine nüchterne Bilanz bezüglich der Krankenkassenreform: „Der Gesetzgeber hat zwar die Struktur der Sozialversicherungsträger reformiert, die Zuständigkeit der Landesärztekammern als Verhandlungspartner für Honorarvereinbarungen jedoch unverändert gelassen. Der Rechnungshof sieht darin eine Ursache für die fehlende Vereinheitlichung.“ Gelingt weiterhin keine Einigung, empfiehlt der Rechnungshof, „die gesetzlichen Rahmenbedingungen umzugestalten, also eine Regelung der Verhandlungs- und Vertragspartner auf Ärzte- und ÖGK-Seite, in Erwägung zu ziehen“.

Nun meldet sich auch der Generaldirektor der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Bernhard Wurzer, in einem APA-Interview zu Wort. Wurzer unterstützt den Ruf vieler Ärzt:innen nach attraktiveren Kassenverträgen, etwas, was vor allem für die Jüngeren ausschlaggebend sei. Ziel sei nach wie vor ein österreichweiter Gesamtvertrag, dem müssten allerdings alle Landes-Ärztekammern und die Fachgruppen zustimmen. Der Forderung Lehners wolle er sich nicht explizit anschließen, aber: „Man braucht nur den Rechnungshofbericht lesen, da steht alles drinnen.“ Wurzer verwies dabei auf Berufe wie Hebammen, Optiker:innen, Ergo-, Logo- und Physiotherapeut:innen, die eine bundesweite Vertretung und eben auch einen Gesamtvertrag hätten. Zum bisweilen recht forschen Auftreten der Ärztekammer, die im Dezember etwa auch Aktionstage vor und in Spitälern abgehalten hat, sagte der ÖGK-Generaldirektor: „Es gibt kein Land in Europa, wo eine berufliche Interessensvertretung so viel Einfluss auf den Inhalt hat.“ Harte Forderungen seien legitim, aber die Kammer hätte auch eine Gesamtverantwortung für das Gesamtsystem.

Beim Thema Wahlärzt:innen war der ÖGK-Generaldirektor zurückhaltend, er spricht sich für eine „behutsame“ Einbindung in das E-Card- und ELGA-System aus. Verpflichtungen von Wahlärzt:innen sollten aber nach wie vor unterschiedlich zu jenen der Kassenärzt:innen sein, sonst würden sich Vertragsärzt:innen bald fragen, warum sie nicht auch lieber die Freiheiten des Wahlärzt:innensystem genießen sollten. Damit die derzeit 313 offenen Kassenstellen gefüllt werden, brauche es laut Wurzer eine Attraktivierung des Kassenvertrages, denn Österreich habe keinen Ärzt:innenmangel, sondern ein Verteilungsproblem. Die ÖGK startet hier mit einer Offensive und erinnert an das „Sorglos-Paket“. Ein Ziel des Pakets sei es, die offenen Stellen von Vertragsärzt:innen zu füllen. Um Ärzt:innen zu motivieren, Kassenordinationen zu führen, möchte die ÖGK gemeinsam mit Partnern den Ärzt:innen bestimmte Leistungen – einzeln oder in Paketen – anbieten, damit diese sich ganz auf die medizinische Arbeit und ihre Patient:innen konzentrieren können. Unterstützung kann beispielsweise bei der Einrichtung und Ausstattung der Ordination, im IT-Bereich, bei Abrechnungen und Sprechstundenhilfen in Anspruch genommen werden. Mitwirkende Partner sollen dann für die Leistung(en) einen Teil des Honorars der in Ärzt:innen erhalten. Noch ist nicht klar, wie das genau aussehen würde, auch rechtlich gäbe es laut Wurzer noch Hürden. 2023 möchte man das Angebot flächendeckend ausrollen. Von insgesamt 10.166 Kassenplanstellen sind laut ÖGK derzeit 99 im Bereich der Allgemeinmedizin, 72 Facharztstellen und 142 im Bereich Zahnmedizin nicht besetzt. (kagr/rüm/APA)