Jeder dritte Meduni-Absolvent fängt gar nicht als Arzt an

Zwischen 2008/09 und 2018/19 hat fast ein Drittel der Medizin-Absolventen zumindest nicht in Österreich den Arztberuf ergriffen, zeigt nun ein aktueller Bericht des Rechnungshofs (RH).

Im Durchschnitt der untersuchten Jahre haben sich laut Bericht nur 79 Prozent der Medizin-Absolventen in die Ärzteliste eintragen lassen, tatsächlich ärztlich tätig waren im überprüften Zeitraum nur 69 Prozent. Die übrigen ergreifen einen anderen Beruf oder gehen ins Ausland, vermuten die RH-Prüfer. Diese fehlenden 31 Prozent konnten zwar teilweise durch Ärztinnen und Ärzte kompensiert werden, die ihr Studium im Ausland abgeschlossen haben. Der „Verlust ärztlichen Potenzials“ liegt laut RH allerdings immer noch bei 20 Prozent – und das bei Ausbildungskosten pro Absolvent von bis zu 542.000 Euro.

Besondere Probleme ortet der RH bei der Ausbildung zum Allgemeinmediziner im Anschluss an das sechsjährige Medizinstudium: Zwischen 2016 und 2020 ist die Zahl der allgemeinmedizinischen Turnusärzte in allen Bundesländern zurückgegangen, die Bandbreite reichte von minus 15 Prozent im Burgenland bis zu minus 43 Prozent in Kärnten und Salzburg. Entgegen der Idee der umfassenden Reform der Ärzteausbildung von 2015/16, die Ausbildung zum Allgemeinmediziner attraktiver zu machen, gibt es laut RH allerdings einen Trend, nach beziehungsweise noch während der allgemeinmedizinischen Ausbildung in die Sonderfachausbildung zu wechseln. Gleichzeitig mahnt der Rechnungshof bessere Bedarfsanalysen für die Allgemeinmedizin ein. Wie viele Ausbildungsstellen für Allgemeinmediziner ein Land anbietet, ist abhängig von den von der Ärzte-Ausbildungskommission geschätzten Zahl der Pensionierungen. Diese Schätzungen sind allerdings laut Bericht nicht gerade treffsicher: Für Wien war die Schätzung im Jahr 2018 etwa um 621 Prozent höher als die Zahl der Austritte, im Burgenland waren es immer noch 250 und in der Steiermark 211 Prozent.

„Wir fordern die Verantwortlichen seit Jahren dazu auf, alles zu tun, um diesen Trend zu stoppen. Nur ist leider nichts geschehen. 2005/06 hatte die Drop-Out-Quote noch 17 Prozent betragen“, ärgert sich Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte. „Wenn wir es weiterhin nicht schaffen, den Jungärzten ein wirklich attraktives Angebot zu machen, werden wir auch künftig auf unsere Kosten Ärztinnen und Ärzte für die Schweiz oder Deutschland produzieren.“ Die Ärztekammer fordere seit Jahren von der Politik, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und vermehrt in die Ausbildung zu investieren. Eine Erhöhung der Studienplätze, wie von der Regierung vor kurzem beschlossen, werde das Problem alleine aber nicht lösen. „Dann gehen eben noch mehr unserer Absolventen ins deutschsprachige Ausland oder auch nach Skandinavien – dort freut man sich schon auf unsere topqualifizierten Mediziner.“ (red)