Dermatochirurgie jenseits der Tumorchirurgie


Die folgenden Beispiele nichtonkologischer Hauterkrankungen, die chirurgisch behandelt werden können, sollen die Bandbreite dermatochirurgischer Eingriffe und darüber hinaus den großen Spielraum zwischen eher kleinen, ambulant durchführbaren Eingriffen und großen, technisch aufwändigeren Operationen zeigen.

Wundchirurgie: In der modernen Wundbehandlung liegt zumindest in den deutschsprachigen Ländern derzeit der Schwerpunkt in der konservativen Therapie, vor allem weil diese auch von nichtärztlichen Wundmanagern durchgeführt wird, die allerdings nur konservativ tätig werden dürfen, was oft mit einem wesentlichen Mehraufwand, Schmerzen und unnötigen Kosten einhergeht. Am Anfang der Wundbehandlung steht die chirurgische Entfernung von Nekrosen und Detritus, je nach Situation durch Nekrektomie mit Skalpell oder Schere, manchmal auch durch eine tangentiale Exzision bzw. mit dem scharfen Löffel. 

Dies verkürzt die Zeit bis zur Autolyse nekrotischen Gewebes deutlich und kann auch Sekundärinfektionen verhindern. Bei bereits granulierenden Wunden können Hypergranulationen oder Fibrinbelege am besten nach Lokalanästhesie mit Emla-Creme® exkochleiert werden. In der Endphase der Wundheilung umgeht eine Spalthauttransplantation die oft wochen- oder monatelang dauernde spontane Re­epithelialisierung (Abb. 1–3).

 

 

 

Verbrennungschirurgie: Bei Verbrennungswunden (besonders von tief dermalen Verbrennungen) beträgt bei konservativer Behandlung die Zeitspanne zwischen spontaner Autolyse des Verbrennungsschorfes und der Reepithelialisierung oft mehr als drei Wochen, was zu funktionell und ästhetisch stark störenden hypertrophen Narben führen kann. 

Mit der herkömmlichen Technik der tangentialen Exzision von tief zweitgradigen (und drittgradigen) Verbrennungswunden muss zwangsweise auch vitales Gewebe des Wundgrundes geopfert werden. Mit der neuen Methode der schichtweisen Ablation verbrannten Gewebes durch den Erbium:YAG-Laser gelingt es, exakt bis an die Grenze zwischen verbranntem und vitalem Gewebe zu debridieren und damit einen schmalen Saum von vitalem Corium mit Adnexstrukturen zu erhalten, von denen die Reepithelialisierung binnen weniger Tage erfolgt und vor allem kaum hypertrophe Narben verursacht. Auch andere Wunden können so behandelt werden.
Eine wichtige Erkenntnis der Verbrennungsbehandlung war aber auch, dass es durch die Hitzeentwicklung im Corium zu einem „Shrinking“ der Haut mit dem Schwinden von Hautfalten kommt. Das Full-Face-Resurfacing der alternden Haut stellt die künstliche Herbeiführung einer oberflächlichen bis mitteltiefen dermalen Verbrennung dar. Die gelaserte Haut heilt in der Regel narben- und fast faltenfrei ab. Durch die Erneuerung der thermisch abladierten Epidermis verschwinden gleichzeitig Pigmentflecken und Keratosen (Abb. 4a, b).

 

Narbenchirurgie: Die Chirurgie der Narben nach Verbrennungen oder anderen Verletzungen ist vor allem bei denjenigen Narben, die unter Zug stehen, die Methode der Wahl, weil sich derartige Narben fast nie spontan zurückbilden und besonders bei Heranwachsenden zu schweren Funktionsdefiziten führen können. In diesem Fall ist die Lösung der Zugspannung der Narben der Haut durch Z-Plastiken bzw. Einsetzen von Transplantaten oder Hautlappenplastiken ein kurativer Therapieansatz, der durch kombinierte Kompressionstherapie und andere konservative Maßnahmen ergänzt wird (Abb. 5–9). Die erythematöse Komponente von Narben kann durch den blitzlichtgepulsten Farbstofflaser gebessert werden.


 

 

Septische Chirurgie: Für die septische Haut- und Weichteilchirurgie gilt noch immer der alte Grundsatz „ubi pus, ibi evacua“ (Abb. 10). Die Eröffnung und das Débridement nekrotisch-einschmelzender Haut- und Weichteilinfektionen kann vor allem bei perakut verlaufenden Infektionen ein lebensrettender Eingriff sein. Kleinere Abszesse sind mit einer speziellen Technik zur Oberflächenanästhesie weitgehend schmerzfrei unter ambulanten Bedingungen drainierbar. 


 

 

Chirurgie funktioneller Erkrankungen: Aus der Gruppe der funktionellen Krankheiten und der angeborenen Fehlbildungen stellt insbesondere die operative Exzision des schweißdrüsentragenden Areals bei axillärer Hyperhidrose dann eine sinnvolle Lösung dar, wenn die lokale Behandlung mit Botulinumtoxin nicht wirkt oder nicht gewünscht wird. Zur Entfernung kongenitaler Nävi steht je nach Größe und Lokalisation die gesamte Palette der dermatologischen Chirurgie von der einfachen Serienexzision bis zur Exzision und Defektdeckung mit Hilfe eines Tissue Expanders zur Verfügung (Abb. 11–13). 


 

 

Ästhetische Chirurgie: In der Behandlung der alternden Haut stellt die ästhetische Chirurgie eine wichtige, aber nicht ausschließliche Säule der therapeutischen Optionen dar. Dermatologen verfügen über ein großes Spektrum sehr effektiver konservativer Behandlungsmethoden der Altershaut. Diese werden durch die operative ästhetische Dermatologie manchmal mit größeren (z. B. Full-Face-Resurfacing oder Liposuktion) oder kleineren, auch ambulant durchführbaren Operationen (z. B. Mundwinkelhebung oder Oberlidstraffung) ergänzt und oft spektakulär verbessert. In der ästhetischen Chirurgie kommen aber auch sehr unterschiedlich wirkende Laser sowohl zur Behandlung von Gefäßveränderungen (Teleangiektasien etc.) als auch ablativ zur Beseitigung von Pigmentflecken und Keratosen zum Einsatz. 


Phlebochirurgie: Last, not least hat die phlebologische Chirurgie durch die Einführung von intraluminalen Lasern und der Radiofrequenzablation zur Behandlung der venösen Insuffizienz zukunftsweisende Impulse erhalten. 


Die Dermatochirurgie erlangt somit durch ihr breites Spektrum sowohl im niedergelassenen als auch im stationären Bereich zunehmende Bedeutung. Schon heute sind etwa die Hälfte aller Patienten der dermatologischen Kliniken in den deutschsprachigen Ländern chirurgisch zu behandeln.