COPD – Radiologie der kleinen Atemwege

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (chronic obstructive pulmonary disease, COPD) ist als eine nur inkomplett reversible Atemwegsobstruktion definiert, die durch eine Destruktion des Lungenparenchyms (Lungenemphysems) und eine obstruktive Erkrankung der kleinen Atemwege bedingt ist. Lungenfunktionell dient dafür als Parameter das forcierte exspiratorische Volumen in einer Sekunde (FEV1). Die Ausprägung des Lungenemphysems und der Erkrankung der kleinen Atemwege kann bei gleicher Lungenfunktion von Patient zu Patient deutlich variieren.

Schwierigkeiten der Beurteilung im CT: Während die Diagnose und auch die Quantifizierung des Lungenemphysems durch eine Dünnschicht-Computertomografie (CT) des Thorax durch den Nachweis von Arealen mit geringerer Dichte problemlos möglich ist, bereitet die Beurteilung von kleinen Atemwegen in der CT unverändert Schwierigkeiten.
Radiologisch sind kleine Atemwege (Bronchiolen) definiert als Atemwege mit einem maximalen Durchmesser von 2 mm. Aufgrund einer Wandstärke von 0,05–0,1 mm können nicht pathologisch veränderte kleine Atemwege auch in der hochauflösenden CT nicht abgegrenzt werden. In der CT können Erkrankungen der kleinen Atemwege daher nur dann direkt nachgewiesen werden, wenn die Atemwege deutlich erweitert sind (Bronchiektasien) oder der pathologische Prozess zu einer Verbreiterung der Wand der Bronchiole führt (Bronchopathie). Bei der COPD ist jedoch in den meisten Fällen kein direkter Nachweis der pathologischen Veränderungen der kleinen Atemwege möglich, da die Erkrankung der kleinen Atemwege hier in der Regel nicht zu relevanten Bronchiektasien oder Bronchialwandverbreiterungen führt.

Indirekte Beurteilung: Die CT-Diagnose und Quantifizierung einer Erkrankung der kleinen Atemwege bei COPD gelingt radiologisch jedoch indirekt über die Beurteilung der großen Atemwege oder den Nachweis des so genannten „air trapping“.
Bei der indirekten Beurteilung der kleinen Atemwege über die Beurteilung der großen Atemwege geht man davon aus, dass derselbe Prozess, der zu einer Erkrankung der kleinen Atemwege führt, auch eine Erkrankung der großen Atemwege hervorruft. Im Gegensatz zu den kleinen Atemwegen lassen sich die großen Atemwege in der CT gut darstellen und auch quantifizieren.
Da aber selbst bei großen Atemwegen eine manuelle Vermessung zu ungenau ist, sollte die Vermessung mit Hilfe einer dedizierten Software erfolgen. Seit einigen Jahren werden von verschiedenen Herstellern Softwarelösungen angeboten, die eine mehr oder weniger automatische Vermessung größerer Atemwege bis hin zur 6.–8. Aufzweigungsgeneration der Atemwege ermöglichen. Mit Hilfe solcher Software lassen sich nicht nur die Durchmesser und Querschnittsflächen der Bronchien oder deren Lumen vermessen, sondern auch die Breite und die Querschnittsfläche der Bronchialwände bestimmen. Derzeit ist noch unklar, welcher dieser Messparameter am besten mit der Lungenfunktion oder klinischen Merkmalen korreliert.

 

 

COPD-Phänotypen: Die Progression der COPD ist eng assoziiert mit der Exazerbationsfrequenz. In einer rezenten Arbeit konnte beispielweise gezeigt werden, dass das Exazerbationsrisiko bei COPD unabhängig von der Schwere der Obstruktion vom Ausmaß des Lungenemphysems und der Breite der Bronchialwände abhängt. Durch eine Quantifizierung des Ausmaßes des Lungenemphysems und der Bronchialwandbreite lassen sich so COPD-Phänotypen identifizieren, die trotz vergleichbarer Lungenfunktion eine unterschiedliche Therapie benötigen könnten.
Die bisher etablierten Therapieformen (Anticholinergika, Beta-2-Mimetika oder inhalatives Kortison) konnten in großen Studien die Krankheitsprogression nicht sicher aufhalten. Doch nicht nur die verschiedenen Messparameter der Bronchien korrelieren mit lungenfunktionellen und klinischen Merkmalen. In einer weiteren rezenten Arbeit konnte gezeigt werden, dass bei COPD die über eine Dünnschicht-CT bestimmte Anzahl der Atemwege invers mit der Ausprägung des Emphysems korreliert. Die verminderte Anzahl der Atemwege ist dabei ein guter Prädiktor für klinische Parameter wie den BODE-Index oder die FEV1.

„Air trapping“: Neben der Beurteilung der großen Atemwege lassen sich auch über die Quantifizierung des so genannten „air trapping“ Rückschlüsse über das Ausmaß der Beteiligung der kleinen Atemwege bei COPD ziehen. Das „air trapping“ ist die Folge der reduzierten Wandstabilität der erkrankten kleinen Atemwege, die dazu führt, dass es während der Exspiration zu einem vorzeitigen Kollaps der betroffenen Atemwege kommt, und so nur ein Teil der Luft ausgeatmet werden kann. Quantifiziert werden kann das „air trapping“ in der CT durch eine Messung der Lungendichte in In- und Exspiration. Eine Reihe von Studien konnte zeigen, dass das Ausmaß des „air trapping“ eng mit der Atemwegsobstruktion korreliert. Erschwert wird die Quantifizierung des „air trapping“ bei Patienten mit einer COPD durch die des Lungenemphysems, welches ebenfalls zu einer Herabsetzung der Lungendichte führt.
In absehbarer Zukunft kann die quantitative CT des Lungenemphysems und der Erkrankung der kleinen Atemwege, zumindest bei Patienten mit schwer zu therapierender COPD, eine zielgerichtete Therapieplanung erlauben und so zu einer besseren Versorgung der Patienten beitragen.