ÖGKM Osteoporose Forum 2012 – Jubiläum am Wolfgangsee

Der Kongress tanzt

So außergewöhnlich wie das Ambiente der Jubiläumstagung der Österreichischen Gesellschaft für Knochen und Mineralstoffwechsel (ÖGKM) war die klinische Fortbildung:

Bedeutung der Östrogene für den Knochen: Seitens der Gynäkologen wurde klar gemacht, dass es nicht ausreicht, erst in bzw. nach der Menopause den Knochenstoffwechsel der Frau in den Fokus zu setzen – in dem Sinn, dass „ab der beginnenden Pubertät bis ins höchste Alter jeder hypo-physiologische Östrogenspiegel einen ungünstigen Einfluss auf die Knochengesundheit“ hat.

Frei nach dem Motto „Der verhütete Knochen“ wurde gezeigt, dass in Zeiten der Minipille und der Gestagen-Depotapplikation die Entwicklung der maximalen Knochenmasse negativ beeinflusst wird. Auch der Schrecken der Hormonersatztherapie in der Perimenopause und frühen Menopause wurde relativiert.

Herausforderungen durch steigende Lebenserwartung: Nichtsdestotrotz ist das Alter der bedeutsamste Risikofaktor für die osteoporotische Fraktur. Aus diesem Grund war es uns eine große Freude, dass die Österreichische Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie beeindruckende Lösungsansätze im Management der Fraktur beim hochbetagten Menschen zeigte. Erste Kosten-Nutzen-Analysen für eine Umschichtung der Rehabilitation weg vom stationären in den ambulanten Bereich geben Anlass zur Hoffnung, dass die zu erwartende Kostenexplosion aufgrund der zunehmenden Lebenserwartung eine zu meisternde Herausforderung ist (Tab.).

Substitution von Kalzium und Vitamin D: Zahlreiche Diskussionen im klinischen, aber auch im wissenschaftlichen Bereich fanden während der letzten Monate bezüglich der idealen Subs­titution von Kalzium und Vitamin D statt. Zwei Satellitensymposien und einige freie Vorträge befassten sich mit diesem brandaktuellem Thema. Es wurden einige Antworten gefunden, aber auch zahlreiche Fragen für weitere Diskussionen aufgeworfen.

Balance zwischen Knochenformation und -resorption: Dass der Knochen alles andere als ein totes Gewebe ist, ist allen Insidern schon lange klar. Vorträge zur Histomorphometrie, Micro-CT-Analysen, Nanoidentation, atypischen Femurfrakturen, Kiefergelenknekrose und Zahnheilkunde haben wieder aufgezeigt, dass die Balance zwischen Knochenformation und -resorption ein bedeutsames Thema der Osteologie ist, man aber nicht aufgrund einzelner Kasuistiken den Benefit unzähliger PatientInnen, die eine spezifische osteoprotektive Therapie erhalten, aus den Augen verlieren darf.

Es fehlt an Studienevidenz und Krankheitseinsicht: Der Osteoporose als „Knochenbruchkrankheit“ wurde in zwei Fraktursitzungen Tribut gezollt! Ernüchternd waren die Vorträge zum Thema „Sicht des Nephrologen“ und „Sicht des Patienten“. Für Patienten mit fortgeschrittener chronischer Niereninsuffizienz stehen einer extrem hohen Frakturinzidenz, verbunden mit einer Mortalität von 100 %, ein totaler Mangel an Studiendaten gegenüber. Außerdem ergab eine Analyse bei PatientInnen mit multiplen osteoporotischen Frakturen, die einer chirurgischen Sanierung bedurften, einen eklatanten Mangel an Krankheitsverständnis und -einsicht.

Erstaunliches aus anderen Fächern der Medizin: Erstaunliches haben wir von den chirurgischen Kollegen gelernt – eine Rekonstruktion von bis zu 5 Wirbelkörpern mit einer innovativen Technik, der „Stentoplastie“, in einer einzigen Sitzung ist möglich und führt zu einer raschen Schmerzfreiheit und Remobilisation des Betroffenen (Abb. 1).

Absolutes „Hot Topic“ der klinischen Forschung ist der Kalziumstoffwechsel im Brennpunkt der verschiedenen Fachdisziplinen: Kardiologie, Endokrinologie, Osteologie und Rheumatologie: Das Kalzium des Körpers, so sehr es im Knochen gebraucht wird, ist ein Schreckgespenst für Kardiologen und Nephrologen, wenn es zu Ablagerungen im Gefäßsystem, im Knorpel oder anderen Weichteilen kommt. Hier warten wir auf neue Daten, die uns helfen, das Zusammenspiel zwischen Knochen, Niere, Neben­niere, Herz und Gefäßsystem besser zu verstehen.

Und genau das macht die Osteologie so spannend: Sie geht uns alle etwas an! Pädiater, Gynäkologen, Allgemeinmediziner, Internisten, Chirureng, Radiologen, Zahnärzt und Geriater – wir alle sind aufgefordert, uns der teuersten Erkrankung unserer Zeit, der Osteoporose, gemeinsam entgegenzustellen!

Ein großes Dankeschön dem scheidenden Präsidenten der ÖGKM, Univ.-Prof. Dr. Heinrich Resch, und seinem Sekretär, OA Dr. Christian Muschitz (Abb. 2), die während der letzten zwei Jahre unsere Gesellschaft in ihrer Entwicklung geführt und begleitet haben!

AUSBLICK: Ich freue mich auf ein Wiedersehen in St. Wolfgang – vom 25.–27. April 2013 werden wir Neues in der Osteologie kennenlernen, die neuen DVO-Leitlinien den Tücken der klinischen Praxis gegenüberstellen und spannende neue Daten gemeinsam diskutieren. CU there!

Klinische Abteilung für Endokrinologie und Nuklearmedizin, Universitätsklink für Innere Medizin, Medizinische Universität Graz