Positionspapiere der Österreichischen Diabetes Gesellschaft: Exokrine Pankreasinsuffizienz und Diabetes mellitus

In neueren Studien wurden durch die vereinfachte Diagnostik mittels Bestimmung der Pankreas-Elastase im Stuhl bei bis zu 43 % der Patienten mit Typ-2-Diabetes und bei bis zu 57 % der Patienten mit Typ-1-Diabetes eine exokrine Pankreasinsuffizienz (EPI) beschrieben. Eine schwere EPI, definiert als Elastase-1-Konzentration im Stuhl von < 100 μg/g wurde dabei bei 25 % der Patienten festgestellt. Bei EPI kommt es offenbar nicht selten auch zu einer Schädigung des endokrinen Pankreas und umgekehrt bei endokriner Pankreasinsuffizienz zu einer Schädigung der exokrinen Funktion. Der gemeinsame Ursprung von exokrinen und endokrinen pankreatischen Vorläuferzellen dürfte ätiopathogenetisch dabei eine wichtige Rolle spielen. Eine Reduktion der Betazellmasse ist darüber hinaus Folge von entzündlichen und tumorösen Veränderungen des Pankreas.

Diagnostik der exokrinen Pankreasinsuffizienz

Wegweisend zur Diagnostik der EPI sind Symptome wie Diarrhö, Stuhlinkontinenz, Obstipa tion, Blähungen, Abdominalschmerzen, Gewichtsverlust, Steatorrhö, Übelkeit und Erbrechen. Patienten mit einer Steatorrhö, welche sich allerdings erst bei einer Reduktion der exokrinen Pankreasfunktion um 60–90 % entwickelt, sind zudem gefährdet für eine Mangelernährung. Bei entsprechender Symptomatik folgt zur Differenzialdiagnostik die Bestimmung der Elastase-1-Konzentration im Stuhl mittels Immunassay als Standardtest. Bei der Elastase 1 handelt es sich um eine Endoprotease des pankreatischen Verdauungsenzymsekrets, welches während der Darmpassage nicht gespalten wird und sich in ca. 5-facher Konzentration im Stuhl angereichert nachweisen lässt. Bei EPI sinkt die Stuhlkonzentration der Elastase 1 und eignet sich damit als Marker der exokrinen Pankreasfunktion. Die Sensiti vität des Tests liegt bei ungefähr 65 % für den Nachweis einer leichten und bis zu 100 % für den Nachweis einer schweren EPI, die Spezifität beträgt über 90 %. Bei der relativ hohen Prävalenz der EPI erscheint ein Screening bei Diabetespatienten mit den genannten gastrointestinalen Beschwerden sinnvoll.

Differenzialdiagnostisch
ist bei diesen Beschwerden bei Diabetespatienten an eine autonome Neuropathie des Magen-Darm-Trakts sowie an gastrointestinale Nebeneffekte von Antidiabetika (Metformin, Alpha- Glukosidasehemmer, Inkretinmimetika) zu denken. Auch Zuckeraustauschstoffe wie die häufig verwendete Fruktose oder Sorbit können bei Unverträglichkeit vergleichbare Symptome machen. Zusätzlich ist der Ausschluss eines Pankreaskarzinoms wichtig, welches bei Diabetes im Vergleich zur nicht-diabetischen Bevölkerung häufiger auftritt. Weitere Differenzialdiagnosen zur EPI sind in der Tab. dargestellt.

Substitution von Pankreasenzymen

Nach Ausschluss anderer Ursachen und Diagnose einer EPI besteht die Therapie in einer ausreichenden Substitution von Pankreasenzymen. Bei schwerer Pankreasinsuffizienz (Pankreaselastase 1 im Stuhl < 100 μg/g) sind pro Gramm Fett 2.000 bis 4.000 Einheiten Lipase nötig. Die Dosisfindung richtet sich nach den klinischen Beschwerden des Patienten mit dem Ziel der Beschwerdefreiheit. Eine Ernährungsberatung zum möglichst guten Einschätzen der Fettmenge in der Nahrung und zur Vorbeugung von Mangelzuständen sollte zusätzlich erfolgen.

FACT-BOX

Jahr 2004 hat die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG) erstmals eigene „Leitlinien für die Praxis“ herausgegeben und in der Folge (zuletzt 2009; Wien Klin Wochenschr 121, suppl. 5) aktualisiert und erweitert. im Februar 2011 hat eine von der ÖdG eingesetzte Arbeitsgruppe das Positionspapier „Kontinuierlichen Glukosemessung bei Diabetespatienten“ veröffentlicht. Weitere Positionspapiere zu den Themen „Diabetes und Operation“, „Diabetes und psychische Erkrankungen“, „Therapie der Hyperglykämie bei erwachsenen, kritisch kranken Patientinnen“ sowie „Diabetes und exokrine Pankreasinsuffizienz“ wurden im Rahmen der 39. Jahrestagung der ÖdG im November 2011 in Salzburg präsentiert. die Inhalte der Positionspapiere sollen in die aktualisierte Fassung der Praxisleitlinien einfließen, die für den Herbst 2012 angekündigt wurde. die vollständigen Positionspapiere sind auf der Internetseite der Gesellschaft unter http://oedg.org/oedg_ leitlinien.html abrufbar.

Prim. Univ.-Doz. Dr. Raimund Weitgasser
Abteilung für Innere Medizin,
Diakonissen-Krankenhaus Salzburg

* R. Weitgasser, H. Abrahamian, M. Clodi, W. Fortunat, H. Hammer, Exokrine Pankreasinsuffizienz und Diabetes mellitus. http://oedg.org/pdf/POS_PankrInsuff_Weitgasser_2011.pdf