Alle Altersgruppen umfassend schützen

Impfungen zählen bekanntlich zu den größten Errungenschaften der modernen Medizin, die, wie auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) betont, jährlich weltweit Millionen Leben retten, indem sie gefährliche Infektionskrankheiten verhindern oder weniger schwer verlaufen lassen. Trotz dieser vielfach belegten Tatsache nehmen in Österreich immer noch (zu) wenige Menschen diese wirkungsvolle Möglichkeit der Prävention in Anspruch. Andreas Huss, Obmann der ÖGK, bezeichnet Impfen als die zentrale Präventionsleistung, die ein Gesundheitssystem zur Verfügung stellen kann.

Durchimpfungsraten niedrig

Österreich verfügt über einen der detailliertesten Impfpläne in ganz Europa, der jedes Jahr aktualisiert wird und klar auflistet, welche Impfungen für welche Gruppen empfohlen sind.
Trotzdem ist die Durchimpfungsrate in Österreich generell niedrig und beträgt bei Influenza im Durchschnitt über alle Altersgruppen hinweg lediglich etwas mehr als 10 % und bei Pneumokokken selbst in Risikogruppen kaum über 20 %. Die deutlich zu niedrige Durchimpfungsrate bei Masern führte in den letzten Jahren immer wieder zu größeren Ausbrüchen.
Als mögliche Gründe für die geringe Impfbereitschaft in Österreich ortet Mag.a Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des Österreichischen Verbandes der Impfstoffhersteller (ÖVIH), ein oft als langwierig empfundenes Procedere bis zum Verabreichen der Impfung – Rezept ausstellen lassen, Impfstoff besorgen und zurück in die Arztpraxis – sowie hohe Kosten für Impfungen, die selbst bezahlt werden müssen.

Erweitertes Erwachsenenimpfprogramm

Bereits bisher waren die Impfungen gegen Influenza und COVID-19 Teil des nationalen Impfkonzeptes und konnten direkt in Arztpraxen und Impfzentren kostenlos verabreicht werden. Ab 1. November dieses Jahres sind auch die Impfungen gegen Herpes Zoster (Gürtelrose) und Pneumokokken in das nationale Impfkonzept miteingeschlossen und für die empfohlenen Gruppen kostenfrei bei niedergelassenen Ärzt:innen und in Impfzentren erhältlich. Bezüglich Programmmanagement übernimmt der Bund die Beschaffung der Impfstoffe und die Sozialversicherung die Umsetzung sowie Abwicklung des Impfprogramms mit den impfenden Einrichtungen. Ein neuer Logistik-Vertrag ermöglicht, dass alle Impfstoffe des öffentlichen Impfprogramms gleichzeitig und direkt an die impfenden Einrichtungen geliefert werden können. Dieser Beschluss gilt bis zum Ende der Finanzausgleichsperiode Ende 2028.

Die Impfungen gegen Herpes Zoster und Pneumokokken stehen seit 1. November für Personen ab 60 Jahren sowie für Personen mit gesundheitlichen Risiken für einen schweren Krankheitsverlauf kostenlos zur Verfügung.

Sowohl die Wiener Ärztekammer als auch der Pensionistenverband Österreich begrüßen die Einführung dieser Neuerungen, die nun sogar früher als ursprünglich angekündigt in Kraft treten.

Impfung gegen RSV

Während eine RSV-Infektion bei gesunden Erwachsenen in der Regel komplikationslos verläuft, birgt sie für Säuglinge sowie ältere Menschen, insbesondere mit Vorerkrankungen, große Risiken für einen schweren Verlauf mit der Notwendigkeit einer Hospitalisierung. Aktuell erkrankt nahezu jedes Kind innerhalb der zwei ersten Lebensjahre an RSV.

Ähnlich wie bei Influenza gibt es bei RSV eine saisonale Häufung von Oktober bis März.

Der Impfplan Österreich trägt dem nun Rechnung und empfiehlt die passive RSV-Immunisierung im Rahmen des kostenfreien Kinderimpfprogramms für alle Säuglinge in ihrer ersten RSV-Saison. Dies bedeutet für

  • Kinder geboren zwischen dem 1. April 2025 und dem 30. September 2025: passive Immunisierung vor der ersten RSV-Saison (in der Regel bei Pädiater:innen)
  • Kinder geboren zwischen dem 1. Oktober 2025 und dem 31. März 2026 (RSV-Saison): passive Immunisierung ehestmöglich, innerhalb der ersten Lebenswoche nach der Geburt, vor Entlassung aus dem Krankenhaus.

Bei einem Geburtstermin zwischen Oktober und März besteht auch die Möglichkeit, die werdende Mutter spätestens 4 Wochen vor der Geburt (nicht kostenfrei) gegen RSV zu impfen. Durch die Impfung noch während der Schwangerschaft werden die Antikörper durch die Plazenta auf das Ungeborene übertragen, womit das Neugeborene einen Nestschutz für die ersten Monate nach der Geburt erhält. Der Abstand zur ebenfalls in der Schwangerschaft empfohlenen Impfung gegen Pertussis sollte mindestens 2 Wochen betragen, wobei die Pertussis-Impfung zuerst erfolgen soll. Die WHO und internationale Gesellschaften raten auch international zur RSV-Impfung während der Schwangerschaft.

Für Erwachsene ab 60 Jahren wird die RSV-Impfung – unabhängig vom Vorliegen von Risikofaktoren – ebenfalls empfohlen. Die Eignung für jüngere Personen mit einem erhöhten Risiko für einen schweren Verlauf aufgrund von Vorerkrankungen sollte individuell abgeklärt werden.
Im Rahmen einer Apothekenaktion sind RSV-Impfstoffe für Erwachsene bis Ende März stark vergünstigt erhältlich.

Weiterer Ausbau des Impfprogramms wünschenswert

Der Österreichische Verband der Impfstoffhersteller plädiert dringend dafür, den jetzt eingeschlagenen Weg zum Ausbau des Impfprogramms konsequent weiterzugehen. In einem „Aktionsplan Impfen 2025“ fordert der Verband von den politischen Entscheidungsträger:innen, insbesondere von den Vertreter:innen des Gesundheitswesens, die Implementierung eines nationalen Impfprogramms für alle Altersgruppen. Zu den Schwerpunkten zählen u. a. ein Impfprogramm für impfpräventable Erkrankungen in allen Altersgruppen, die Aufnahme weiterer Impfungen in das kostenfreie Impfprogramm sowie ein vereinfachter, niederschwelliger Zugang zu den Impfungen. Ergänzend seien die konsequente Aufklärung und objektive Information der Bevölkerung zum Nutzen von Impfungen erforderlich. Darüber hinaus erwartet sich der ÖVIH klar definierte Impfziele für jede Indikation, wobei es konkrete Vorgaben des zuständigen Bundesministeriums und des Nationalen Impfgremiums (NIG) erfordere, welche Zielgrößen bei Durchimpfungsraten in allen Alters- und Risikogruppen für alle im Impfplan Österreich vorgesehene Impfungen zu erreichen sind. Dementsprechend müssen die nötigen Impfdosen zur Verfügung gestellt und im Vergleich zum derzeitigen Kontingent aufgestockt werden, um die Ziele erreichen zu können. Nicht zuletzt sollen die Weiterentwicklung des elektronischen Impfpasses (e-Impfpass) und das Eintragen aller verabreichten Impfungen dazu beitragen, die Durchimpfungsraten zu erheben und entsprechend darauf reagieren zu können. Um das Bewusstsein für die Bedeutung von Impfungen in der Bevölkerung zu steigern, fordert die Ärztekammer u. a. die gesetzliche Verankerung der Empfehlungen des nationalen Impfgremiums (NIG) als Kassenleistung im öffentlichen Impfprogramm sowie die Implementierung der Impfberatung als Teil der jährlichen Vorsorgeuntersuchung.

Nutzen für die Gesellschaft: Je höhere Durchimpfungsraten erzielt werden, desto besser wird – abgesehen von der Verringerung von persönlichem Leid – der Gemeinschaftsschutz, wodurch in der Folge Behandlungs- und volkswirtschaftliche Kosten vermindert und Spitalsressourcen geschont werden können.